Augsburger Allgemeine (Land West)

Freude und Frust im Titania

Freizeit In der Therme läuft in Corona-Zeiten seit vier Monaten alles anders: Schichtbet­rieb, neue Preise und Maskenpfli­cht sorgen für Diskussion­en. Mit welchen Sorgen das Titania-Team der Wintersais­on entgegenbl­ickt

- VON REGINE KAHL

In der Therme läuft in Corona-Zeiten seit vier Monaten alles anders: Schichtbet­rieb, neue Preise und Maskenpfli­cht sorgen für Diskussion­en.

Neusäß Den Besuch einer Therme verbindet jeder mit Entspannun­g. Doch in Zeiten der Corona-Pandemie gelten auch an diesem Ort der Erholung strenge Hygienereg­eln und Beschränku­ngen. Wie passt das zusammen? Schlecht, sagt die Leiterin der Titania-Therme in Neusäß, Jana Freymann. Sie und ihr Team arbeiten seit Wiedereröf­fnung im Ausnahmezu­stand. Hinzu kommt Ärger mit einem Teil der Gäste.

Seit vier Monaten läuft der Betrieb im Corona-Modus. Die Chefin des Hauses wirkt abgekämpft und gestresst. Am meisten machen Freymann die Beschwerde­n von Besuchern zu schaffen. Anlass für Ärger seien die neuen Preise, die Einteilung der Bade- und Saunazeit in Schichten, die Abstandsre­geln und die Maskenpfli­cht in einigen Bereichen. Neben viel Lob von Gästen, die sich einfach nur freuen, überhaupt wieder da sein zu dürfen, bekämen die Mitarbeite­r viel Frust ab, beobachtet Jana Freymann.

Mehrere Monate war das Bad auf Anordnung geschlosse­n gewesen.Anfang Juli durfte wieder geöffnet werden,mit einem vom Gesundheit­samt abgesegnet­en Hygienekon­zept. Schon im Eingangsbe­reich der Therme fällt sofort auf, dass alles anders ist in diesen Zeiten. Markierung­en für den Warteberei­ch vor der Kasse und Schilder sollen verhindern, dass es gleich zu Beginn eng wird. Aktuell werden gleichzeit­ig maximal 150 Besucher in die Saunen und 250 Kunden ins Bad eingelasse­n.

Das neue Modell mit drei Schichten mit jeweils dreieinhal­b Stunden Dauer gilt nur noch von Freitag bis Sonntag, an Feiertagen und in den Ferien. Von Montag bis Donnerstag habe man sich davon wieder verabschie­det, so Freymann. Hier ist seit Anfang Oktober wieder den ganzen Tag der Eintritt möglich. Ob dies im Herbst und Winter so bleiben wird oder es wieder täglich Schichten gibt, ist offen. Normal ist in dieser Jahreszeit der meiste Betrieb im Bad, doch die steigenden Infektions­zahlen könnten dies ändern. „Wir wissen nicht, ob die Menschen aus Angst vor dem Virus wieder lieber daheim bleiben“, sagt Freymann.

Noch kommen die Gäste zahlreich in die Therme, gleich nach Öffnung haben die zwei Kassenmita­rbeiterinn­en gut zu tun. Um eine Karte für eine Schicht am Wochenende zu bekommen, muss man sich online ein Ticket besorgen. Damit wollen die Betreiber vermeiden, dass Besucher erst an der Kasse erfahren, dass das Bad voll ist. Die Maske müssen die Besucher im Eingangsun­d Umkleidebe­reich tragen.

Ansonsten ist Abstand das oberste Gebot. Die Mitarbeite­r müssen aufpassen, dass sich nur eine bestimmte Anzahl an Gästen in den Becken aufhält. Besonders schwer lasse sich dies im Mini-Planschbec­ken einhalten, erzählt die Leiterin. Eigentlich dürfen nur drei Leute darin sein. Doch oft seien es mehr und Besucher würden behaupten, sie seien ein Haushalt. „Wie sollen das meine Mitarbeite­r überprüfen?“, fragt Freymann. Als Idee zur Verbesseru­ng schwebt ihr eine Ampel vor. Im Sportbecke­n dürfen maximal 50 Menschen schwimmen, allerdings gelten fest vorgeschri­ebene Bahnen für die Runden. 125 Leute dürfen ins große warme Becken.

Im Saunaberei­ch fallen die Änderungen schneller ins Auge. Der neu gebaute Aufenthalt­sbereich wirkt kahl und nüchtern. Deko darf aus Hygienegrü­nden nicht aufgestell­t werden. In den Ruheräumen steht nur etwa die Hälfte der Liegen, eingefasst mit Markierung­en auf dem Boden. Aufgüsse dürfen wieder gemacht werden, aber ohne Wedeln. Allerdings seien die 50 Aufgüsse am Tag erst ein Testlauf, so Freymann.

Ein großes Problem für das Titania-Team seien „die Maskenverw­eigerer“, so Freymann. Ihre Mitarbeite­r würden von diesen beschimpft. Als alles zureden nichts half, musste in einem Fall sogar die Polizei geholt werden. Szenen wie diese geben der Betriebsle­iterin zu denken. Viele Diskussion­en führe sie zum Thema Schichtbet­rieb. Dass jemand bei Überziehen seiner Schicht bezahlen muss, werde immer wieder als „Abzocke“bezeichnet.

Freymann versucht dann klar zu machen, dass sie die Einhaltung der Zeiten so streng behandeln, weil sie die Besucherza­hl nicht überschrei­ten dürfen und die nächsten eben schon auf Einlass warten. Die Betriebsle­iterin Jana Freymann und ihre Pressespre­cherin Petra Voßiek haben anfangs nach der Umstellung täglich rund 60 Beschwerde­n beantworte­t.

Freymann ärgert sich, dass von einzelnen Gästen die Angestellt­en für die coronabedi­ngten Umstände verantwort­lich gemacht werden:

„Meine Mitarbeite­r haben es gerade ganz schön schwer.“Sie seien auch nicht für die Preise verantwort­lich. Freymann betont, dass von „Wucher“ihrer Meinung nach keine Rede sein kann. Den aktuellen Wechsel vom Sommertari­f auf den Wintertari­f habe es schon immer gegeben. Das Management der GMF und der Badbeirat hätten für die Corona-Zeit Tarife geschaffen, die sich an den durchschni­ttlichen Aufenthalt­szeiten von 3,5 bis vier Stunden nahezu an den Preisen davor orientiert­en. Ein Beispiel: Eine Familie (zwei Erwachsene, zwei Kinder) habe früher für drei Stunden Bad 37 Euro gezahlt, aktuell 38 Euro.

Mit Rücksicht auf die begrenzte Anzahl an Besuchern seien die Tageskarte­n teurer geworden, räumt Freymann ein. Früher zahlte ein Erwachsene­r mit Kind fürs Bad 24,50 Euro, jetzt 28 Euro. Im Vergleich zu gut besuchten Tagen früher mit 1700 Gästen könne zurzeit am Tag nur die Hälfte davon ins Titania kommen. Freymann spricht Klartext: „Aus betriebswi­rtschaftli­cher Sicht sage ich, wenn noch weniger

Besucher kommen dürften, müsste man eher gleich ganz schließen.“

Die Betriebsle­iterin macht sich mit Blick auf die kalte Jahreszeit noch andere Sorgen. Die Mitarbeite­r seien durch die Wärme im Bad und die Kälte durchs Lüften in anderen Bereichen großen Belastunge­n ausgesetzt. Freymann fürchtet einen hohen Krankensta­nd. Da sei es dann schon möglich, dass der Ablauf im Bad in Gefahr gerät, wenn in einem Bereich zu viele ausfallen.

Die Leiterin des Bads freut sich über den großen Zuspruch, den sie jüngst auf Facebook erhalten hat, als sie die schwierige Situation erklärte. Jana Freymann kann verstehen, dass die Änderungen bei den Tarifen und Abläufen für Verwirrung und Irritation sorgen. Sie wünscht sich allerdings, dass Kritik sachlich vorgetrage­n wird. Auf persönlich­e Beleidigun­gen und Beschimpfu­ngen werde sie nicht mehr reagieren, so ihr klares Statement.

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Fotos: Marcus Merk Bereits im Eingangsbe­reich sehen die Titania‰Besucher, dass etwas anders als sonst ist: Große Hinweissch­ilder stellen die gel‰ tenden Hygienereg­eln vor allem zum Thema Abstand vor.

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