Augsburger Allgemeine (Land West)
Spannende Schattenwesen im Rathaus Stadtbergen
Kunst Die Gemäldeausstellung von Beatrice Schmucker im Rathausfoyer lädt zum Träumen und Gruseln ein
Stadtbergen Schemenhafte Silhouetten und klar erkennbare Protagonisten, verträumte Dschungelszenen und alptraumhafte Schreckensszenarien – all das vereint die Stadtberger Künstlerin Beatrice Schmucker zu einem aufregenden Bilderwerk, das jede Menge Eindrücke und Emotionen transportiert. In ihrer derzeitigen Ausstellung „Innen – Außen“im Stadtberger Rathausfoyer begegnen dem Betrachter menschliche Wesen, die mit Wasser und Eis verschmelzen, sich in Wolkenformationen aufzulösen scheinen oder in einer düsteren Seenlandschaft zu leuchten beginnen.
„Innen – Außen“, eine Bezeichnung, die auf die gegenseitige Wechselwirkung von Menschen und ihrer Umwelt hinweisen soll, wobei die meist kräftigen Kontraste, spannende Hell-dunkel-Effekte und die sorgsame Auswahl von Farben diese Absicht noch zusätzlich verstärken. Im großformatigem Gemälde „Die Wolke“verschmilzt der
Mensch mit einem seltsamen Nebenphänomen, im Zyklus „Badende“scheinen die dargestellten Personen direkt aus den Wasserfluten herauszuwachsen – oder mag es genau andersherum sein?
Auffallend an Schmuckers Bildern ist, dass trotz aller Abstraktion und oftmals sehr weniger Pinselstriche die Figuren deutlich zu erkennen sind, auch wenn viele Werke dem Betrachter spannende Rätsel mit auf den Weg geben: Was führt wohl „Die Figur hinter dem Vorhang“im Schilde? Hatten sich „Auf dem Eis“etwa die Teilnehmer einer Polarexpedition verirrt? Und was mag es wohl sein, auf das die Blicke zweier aufgeregt Frauen am Badesee fallen? Trotz des enormen Interpretationsspielraums, der viele Fragen offenlässt, steht bei Beatrice Schmucker
fast immer nur die flüchtige Bewegung des menschlichen Körpers im Vordergrund, bekräftigt durch eine auffallend starke Farbgebung und emotionale Pinselstriche. Die dargestellten Personen scheinen in der Bewegung eingefroren zu sein, ein anderes Mal geradewegs durch die Träume eines anderen zu geistern. Dass diese Träume auch Albträume sein können, zeigen eindrucksvoll einige Werke, die man durchaus als verstörend bezeichnen kann – wie das Gemälde „Creepy Things“, in welchem sich eine gruselige schwarze Gestalt mit undurchsichtigen Absichten aus den Tiefen des Nirgendwos erhebt und dabei von düsteren Insektenwesen umgeben ist, die aufgrund ihrer minimalistischen Darstellung noch teilweise in irgendeiner anderen Dimension zu verweilen scheinen.
Fast noch bedrohlicher ein Werk, das eine schwarze Gestalt mit Gesichtsmaske zeigt, die mit niedergeschlagenen Augen zu Boden blickt – dessen Titel „Der Vorgänger“macht das Ganze nicht weniger unheilvoll. Wer vom Rathauseingang systematisch durch die Ausstellung streift, wird am Ende des Rundgangs schließlich unweigerlich mit einem großformatigen Werk namens „Auf dem Weg“konfrontiert: eine zersplitterte, trostlose Steinlandschaft, auf welcher sich eine dunkle Gestalt vor einem diffusen Nebelfeld befindet, in welchem so manch merkwürdiges Wesen beheimatet zu sein scheint. Die beinahe schon hypnotisierende Spannung entsteht hier merkwürdigerweise durch die perfekte Symmetrie: Der geheimnisvolle Wanderer steht zentral im Mittelpunkt des Gemäldes, Himmel und Erde wird exakt der gleiche Raum zugestanden, die Leinwand in vier identisch große Flächen aufgeteilt. Ob man hier Anklänge an Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“entdecken kann, bleibt jedem Betrachter selbst überlassen, doch ebenso wie dieses Meisterwerk strahlt Schmuckers eine Faszination aus, der man sich nur schwerlich entziehen kann.