Augsburger Allgemeine (Land West)

Große Pläne für das Schloss Oberbechin­gen

Entwicklun­g Die sanierungs­bedürftige Immobilie hat neue Eigentümer. Die haben zahlreiche Visionen, um neues Leben auf das Anwesen zu bringen. Doch bis die Ideen umzusetzen sind, dürfte einige Zeit vergehen

- VON ANDREAS SCHOPF

Oberbechin­gen Das Schloss Oberbechin­gen im Landkreis Dillingen hat neue Besitzer. Die Immobilie im Ortsteil von Bachhagel gehört seit kurzem einem Ehepaar aus Wittisling­en. Die beiden neuen Schlossher­ren haben große Pläne und Visionen für die Renaissanc­e-Gemäuer und das großzügige Anwesen.

Das Ehepaar, das zunächst nicht genannt werden möchte, sei schon seit Jahrzehnte­n auf der Suche nach einer passenden Immobilie und einem Projekt für das Alter gewesen, erzählt es. Nachdem bekannt war, dass das Schloss Oberbechin­gen zum Verkauf steht (wir berichtete­n), haben die beiden das Anwesen besichtigt und waren begeistert. Sie sprechen von ihrem „absoluten Wunschobje­kt“– und einem Vorhaben für den Rest ihres Lebens. Die beiden haben sich bereits eingehend Gedanken gemacht, was aus der historisch­en Immobilie werden soll. Zum einen entsteht auf den knapp 800 Quadratmet­ern Wohnfläche eine Wohngemein­schaft. Die bisherige Schlossher­rin Gertraud Dehner, die bereits seit mehr als 40 Jahren auf Schloss Oberbechin­gen wohnt, kann dort bleiben. Für sie wird dafür ein Bereich saniert. Die neuen Besitzer wollen sich auf eine Zwei-Zimmer-Wohnung beschränke­n. In Kürze wollen sie das dazugehöri­ge Bad herrichten und dann endgültig im Schloss einziehen. Zusammen mit der bisherigen Schlossher­rin bilden sie eine Art WG – man kocht etwa gemeinsam, erzählen die Beteiligte­n. Man sei an weiteren Mitbewohne­rn interessie­rt und auf der Suche nach Menschen, die ähnliche Vorstellun­gen haben – auch, was das Zusammenle­ben im hohen Alter angeht. Das Schloss soll zu diesem Zweck barrierefr­ei werden.

Die Besitzer zeigen Pläne für einen Aufzug, der an der Außenwand im Hof angebracht werden soll.

Es sei beispielsw­eise vorstellba­r, Entspannun­gsaufentha­lte für Palliativp­atienten oder Eltern mit behinderte­n Kindern auf dem Schlossare­al zu ermögliche­n. Dazu sollen Räumlichke­iten zu Fremdenzim­mern umgebaut werden. Solche Zimmer könnten sich auch für andere Zwecke eignen, etwa um Urlauber, die mit dem Fahrrad in der Region unterwegs sind, auf dem

Schloss zu beherberge­n. Auf dem gesamten, gut 23000 Quadratmet­er großen Areal könnte eine Art Park entstehen. Dort möchten die neuen Besitzer Nutz- und Therapieti­ere halten, etwa Hühner, Alpakas, Esel oder Schweine. Auch die ehemaligen Stallungen im Nebengebäu­de sollen dafür wieder ihrer ursprüngli­chen Nutzung zugeführt werden. Dort könnten außerdem Appartemen­ts oder Schulungsr­äume entstehen. Die Rinder, die derzeit die Rasenfläch­en bewirtscha­ften, sollen bleiben. Und auch die örtliche Bevölkerun­g soll miteingebu­nden werden. Man wolle sich nicht hinter den Toren verschließ­en, heißt es. Vorstellba­r seien etwa Tage der offenen Tür sowie Kunsthandw­erker- oder Weihnachts­märkte auf dem Schlossare­al.

Die Schlossher­ren betonen: „Wir haben sehr viele Ideen.“Bislang sind diese jedoch lediglich lose Gedankensp­iele. „Die Frage wird sein, was davon möglich sein wird.“Bevor sie in den denkmalges­chützten

Gemäuern ihre Visionen verwirklic­hen können, dürfte einige Zeit vergehen. Zunächst lasse man Statiker die Nebengebäu­de prüfen. Es gehe nun vorrangig darum, den Verfall des eingestürz­ten Nebengebäu­des aufzuhalte­n und dieses winterfest zu machen. Dazu sollen die Gemäuer mit einer schweren Plane überdeckt werden. Nur, wenn von den Nebengebäu­den definitiv keine Einsturzge­fahr mehr droht, wolle man den angrenzend­en Weg, der momentan aus Sicherheit­sgründen gesperrt ist, wieder freigeben, heißt es in Rücksprach­e mit Bürgermeis­ter Ingo Hellstern. Bis wann dies sein wird, könne man derzeit nicht absehen.

Auch das Schlossgeb­äude aus dem Jahr 1584 braucht eine Sanierung. Vieles im Inneren ist von historisch­em Wert. Die Holztreppe etwa ist noch original erhalten und somit fast 500 Jahre alt. Quasi in jedem Raum gibt es alte Schätze zu entdecken – aber eben auch den Verfall, den es aufzuhalte­n gilt. „Es ist uns sehr wichtig, den historisch­en Charme zu erhalten“, sagen die neuen Besitzer. Sie wissen um die lange und abwechslun­gsreiche Historie ihrer neuen Heimat. Einst war das Schloss beispielsw­eise Polizeista­tion und Gefängnis, im Zweiten Weltkrieg ein Genesungsh­eim für verwundete Soldaten.

Den Besitzern ist bewusst, dass sie wohl einen langen Atem brauchen, bis sich Gravierend­es auf dem Schloss verändern kann – sie gehen grob von zehn Jahren aus. Doch es handele sich um ein „Projekt für den Rest ihres Lebens“, betonen sie. „Ich freue mich, dass das Schloss in so gute Hände gekommen ist“, sagt die ehemalige Schlossher­rin Gertraud Dehner. Sie unterstütz­t das Ehepaar mit ihrem Wissen und Erfahrungs­schatz über das Schloss.

 ?? Foto: Project Vision ?? Diese Visualisie­rung ist lediglich eine Vision. Ob das Schloss Oberbechin­gen einmal so aussehen wird, ist unklar. Die neuen Be‰ sitzer der Immobilie zumindest haben zahlreiche Ideen. Eine davon ist ein Aufzug an der Außenwand im Hof, um das Gebäude bar‰ rierefrei begehbar zu machen.
Foto: Project Vision Diese Visualisie­rung ist lediglich eine Vision. Ob das Schloss Oberbechin­gen einmal so aussehen wird, ist unklar. Die neuen Be‰ sitzer der Immobilie zumindest haben zahlreiche Ideen. Eine davon ist ein Aufzug an der Außenwand im Hof, um das Gebäude bar‰ rierefrei begehbar zu machen.

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