Augsburger Allgemeine (Land West)
Nur der Baum erinnert an den Christkindlesmarkt
Tradition An diesem Montag hätte die beliebte Veranstaltung begonnen. Statt Buden und vieler Besucher herrscht Leere auf dem Rathausplatz. Die Stadtverwaltung erteilt den Marktkaufleuten indessen eine weitere Absage
Der „Weihnachtsbaum für alle“steht auf dem Augsburger Rathausplatz. An den Fenstern des städtischen Verwaltungsgebäudes werden gegenwärtig die 24 Motive für den Adventskalender angebracht. Viel mehr von vorweihnachtlicher Stimmung ist am zentralen Ort in der Stadt im Corona-Jahr 2020 nicht geblieben. Am Montag wäre der Christkindlesmarkt eröffnet worden. Statt Buden und einem großen Besucheraufkommen herrscht Leere auf dem Rathausplatz. Auch die Hoffnung von Marktkaufleuten und Händlern, dass sie womöglich ihre Stände an Ausweichorten aufstellen können, ist geplatzt. Die Stadt sieht aufgrund der nach wie vor hohen Corona-Fallzahlen gegenwärtig keine Möglichkeit, eine solche Sondernutzung zu erlauben.
Die Eröffnung des Christkindlesmarktes war stets ein Termin, dem viele Augsburger und Auswärtige entgegenfieberten. Dieses Jahr hätte zum ersten Mal Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) die Aufgabe übernommen. Die Abläufe sind vertraut: Es ertönt das Engelesspiel, das Stadtoberhaupt schaltet mit dem Christkind die Lichter an. Der Christkindlesmarkt ist in diesem Moment offiziell eröffnet, der Verkauf von Waren beginnt. Die Besucher drängen sich an den Glühweinund Imbissständen. Bis Heiligabend dauerte der Christkindlesmarkt. Nach Schätzungen kamen jedes Jahr mehr als eine Million Gäste.
Corona macht der Großveranstaltung einen Strich durch die Rechnung. Ende Oktober sagte die Stadt Augsburg den Christkindlesmarkt ab. Zuvor hatten Stadt und Händler lange gehofft, dass die traditionsreiche Veranstaltung womöglich unter Berücksichtigung von umfangreichen Hygieneregelungen stattfinden könnte. Es kam aber alles anders. Als Ende Oktober das Aus des Christkindlesmarktes verkündet wurde, gab es die leise Hoffnung, dass es vielleicht zumindest eine Art Mini-Christkindlesmarkt würde geben können. Marktkaufleute sollten nach diesen Überlegungen an mehreren Plätzen im Stadtgebiet ihre Stände aufbauen. So war etwa der Elias-Holl-Platz in den Konzepten des städtischen Marktsamtes als Standort für zwei Glühweinstände ausgewählt worden.
Der bundesweit angeordnete Teil-Lockdown, der voraussichtlich bis kurz vor Heiligabend verlängert wird, lässt für alternative Überlegungen wohl keinen Spielraum. Dies bestätigt Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU) auf Anfrage: „Wir denken alle Möglichkeiten einer Nutzung durch Gewerbe, Einzelhandel und Marktkaufleute voraus, um diese bei deutlich niedrigeren Zahlen bestmöglich zu unterstützen.“Stand jetzt sei eine solche Nutzung aus „infektionsschutzfachlichen Gründen“aber ausgeschlossen. Sollten sich Spielräume ergeben, werde man diese nutzen. Das oberste Ziel sei aktuell die weitere Brechung der zweiten Corona-Welle und die deutliche Reduzierung der Infektionszahlen. Pintsch: „Nur so kann die Überlastung der Intensivkapazitäten am Uniklinikum und die Gesundheit der Bürger weiter gewährleistet werden.“
Eine Hintertür lässt der Ordnungsreferent offen: „Es hängt nun von der Entwicklung der nächsten Tage und der kommenden zwei Wochen sowie der medizinfachlichen Bewertung ab, ob Sondernutzungen im Bereich der Stadt Augsburg zugelassen werden können.“Es müsse alles unterlassen werden, was aktuell die Ballung von Menschen anrege. Aktuell sei daher eine Genehmigung von zusätzlichen Verkaufsstellen nicht realistisch.
Für viele Augsburger ist der Ausfall des Christkindlesmarkt ein Übel, das wegen der Corona-Pandemie hingenommen wird. Die 27-jährige Yvonne ist am Montag mit ihrer Mutter beim Einkaufen in der Stadt unterwegs und vermisst das Christkindlesmarkt-Getummel. „Ich verstehe, dass er dieses Jahr nicht stattfinden kann. Aber es ist trotzdem schade.“Die Augsburgerin wohnt in der Innenstadt und hat sich sonst schon mal mit Freunden auf dem Markt getroffen. „Abends einfach kurz, um einen Glühwein zu trinken“, erzählt sie. Das müsse nun leider ausfallen.
Aber nicht jeder Augsburger schlender regelmäßig über den Markt. Daniel Beutelrock und André Rosenau sind die letzten Jahre immer nur sporadisch auf dem Christkindlesmarkt gewesen. „Wir sind so ein bis zwei Mal hingegangen“, sagen die Freunde. Beide finden es schade, dass die Veranstaltung ausfällt. Zur Weihnachtsstimmung in der Innenstadt hätte der Markt beitragen. Dass die Adventszeit vor der Tür stehe, merken sie nun zu Hause. „Meine Frau dekoriert und backt Plätzchen“, sagt Daniel Beutelrock. So entstehe zumindest in den eigenen vier Wänden eine Vorfreude auf Weihnachten.
Cornelia Ebert wirft beim Schaufensterbummel einen traurigen Blick auf den leeren Rathausplatz. Dass die Stadt den Baum trotzdem aufgestellt hat, findet sie gut. „Es ist ein bisschen was für Herz“, sagt sie. Zur Weihnachtsstimmung habe der Christkindlesmarkt bei ihr immer einen Teil beigetragen. Am meisten Mitleid hat die Seniorin mit Standbetreibern und Budeninhabern, da der Markt jetzt nicht einmal in abgespeckter Form stattfindet.