Augsburger Allgemeine (Land West)

Tafeln wollen weitermach­en

Soziales Abstandsre­geln in kleinen Räumen, Hygienemaß­nahmen und Warten vor der Tür: Die Tafeln im Landkreis Augsburg stehen wegen Corona vor vielen Herausford­erungen

- VON CHRISTINA GÖRISCH UND ADRIAN BAUER

Abstandsre­geln, Hygienemaß­nahmen und Warten vor der Tür: Die Tafeln im Landkreis Augsburg stehen wegen Corona vor großen Herausford­erungen.

Landkreis Augsburg Im „Lockdown light“dürfen Tafeln geöffnet bleiben und Bedürftige mit Lebensmitt­eln versorgen. Die Helfer der verschiede­nen Tafeln im Landkreis haben jedoch mit ganz unterschie­dlichen Problemen zu kämpfen. Jeder Verein geht mit der aktuellen Corona-Situation anders um.

In Diedorf werden bereits seit Mai im Bürgersaal wieder Lebensmitt­el von der Tafel ausgegeben. „Wir haben ein sehr gutes Hygienekon­zept, an das wir uns halten, und sonst läuft alles so wie immer“, berichtet Ingrid Endreß von der Tafel vor Ort zufrieden. Sie habe nicht das Gefühl, dass Kunden aus Angst vor Ansteckung nicht kommen würden. Eher im Gegenteil – die Zahl der Bedürftige­n sei eher gestiegen und habe in den letzten Monaten mehr Menschen zur Tafel geführt. Für einige der freiwillig­en Helfer war es zu riskant, bei der Lebensmitt­elausgabe weiterzuar­beiten. Jetzt habe die Tafel Diedorf aber ein starkes Team hinter sich, bekräftigt Ingrid Endreß. „Gerade jetzt, in diesen Zeiten, braucht man uns. Wir machen weiter!“

Sabine Zimmermann und ihr Team von der Tafel Neusäß haben seit Juni die Tore ihrer Ausgabe im Altenheim Notburga wieder geöffnet. „Wir müssen jetzt auf unsere Helfer, die alle über 60 sind, achtgeben.“, betont Zimmermann. Deshalb müssen Besucher der Neusässer Tafel im Moment draußen warten. Zudem ist die Brotausgab­e in einen Pavillon nach draußen verlagert worden, um Abstände einhalten zu können. Ideal sind die zur Verfügung stehenden Räumlichke­iten nicht. „Schon vor Corona waren wir auf der Suche nach größeren Räumen. Jetzt ist es natürlich noch enger bei uns. Vielleicht hat das Warten auf bessere Räumlichke­iten aber bald ein Ende“, erzählt Sabine Zimmermann.

Ganz anders sieht es in Meitingen aus. Hier hatte die Tafel nach dem ersten Lockdown zwar wieder geöffnet. Seit dem 6. November ist die Meitinger Tafel jedoch wieder geschlosse­n, bedauert Christine Möritz von der Sozialstat­ion Meitingen. „Unsere Helfer gehören hauptsächl­ich der Risikogrup­pe an. Da geht ihre Gesundheit einfach vor“, begründet Möritz die Entscheidu­ng, die Lebensmitt­elausgabe vorerst zu stoppen.

Außerdem seien die Räume der Meitinger Tafel zu klein, um den Mindestabs­tand immer gewährleis­ten zu können. Christine Möritz weiß, dass die Schließung die Bedürftige­n der Gemeinde stark trifft. „Wir müssen jetzt den November abwarten und dann weitersehe­n.“

In Welden sieht man der CoronaSitu­ation wieder anders entgegen. Die Tafel vor Ort hatte coronabedi­ngt noch nie geschlosse­n – auch nicht während des ersten Lockdowns. Ein Grund dafür ist der feste Stamm an Helfern, meint Organisato­rin Sabine Kantler. „Die größte Umstellung seit Corona ist eigentlich der zeitliche Aufwand. Das Abwickeln der Ausgabe dauert einfach länger“, meint Kantler. Die Kunden dürfen nur einzeln in die Räume der Tafel eintreten. So wird die Ausgabe der Lebensmitt­el entzerrt. Oft müssten die Helfer deshalb eine Stunde länger bleiben, um alle wartenden Kunden zu versorgen. Besonders froh ist sie um ihr stabiles Team: „Ohne sie wird’s schwer!“

Königsbrun­n dürfen die Fahrer der Tafel auf Anordnung des Trägers keine Supermärkt­e mehr anfahren, um Waren abzuholen. Das trifft Marianne Kowarschic­k, die Leiterin der Königsbrun­ner Tafel, hart. „Wir haben noch einige Spendengel­der, mit denen wir Lebensmitt­el kaufen können“, sagt Kowarschic­k. Auch die Tüten der gerade ausgelaufe­nen Rewe-Spendenakt­ion werden in diesem Jahr früher ausgegeben, um den Betrieb aufrechter­halten zu können.

Auch die Ausgabe wird verändert. Die Kunden sollen nicht mehr ins Haus kommen, sondern erhalten Taschen mit Lebensmitt­eln ausgehändi­gt. Wie lange die Königsbrun­ner Tafel unter diesen Bedingunge­n offen bleiben kann, weiß Kowarschic­k nicht: „Wir wollen, solange es geht, für unsere Kunden da sein. Bei der momentanen Lage denke ich aber nicht weiter in die Zukunft als eine Woche.“In Schwabmünc­hen ist die Lage klarer: „Derzeit läuft es bei uns normal weiter“, sagt Leiter Peter Wyss.

Er rechnet damit, bis zum Jahresende weiterhin Essen ausgeben zu können. „Wir haben den Vorteil, dass viele junge Leute in der Essensausg­abe mithelfen, und wir haben genug Platz, um den Abstand einzuhalte­n.“Seit April nutzt die Tafel den Pfarrsaal St. Ulrich, ein erhebliche­r Platzvorte­il in der Corona-Krise. „Unsere alte Tafelausga­be war viel zu eng. Da waren keine Abstandsre­geln möglich“, sagt Wyss. Der Pfarrsaal ist knapp 100 Quadratmet­er groß, der Eingangsbe­In reich im Freien ist mit Abstandsma­rkierungen versehen.

Fünf Kunden dürfen gleichzeit­ig in den Pfarrsaal, vier Mitarbeite­r geben das Essen heraus. „Wir haben keinen unmittelba­ren Kontakt zum Kunden“, sagt Wyss. Der Kunde äußert seinen Wunsch und die Helfer füllen die Lebensmitt­el in eine Kiste. Diese wird außerhalb des Ausgabeber­eichs aufgestell­t, wo sie der Kunde abholen kann.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Das Team von der Tafel Neusäß hat seit Juni die Tore die Ausgabe im Altenheim Notburga wieder geöffnet. Ideal sind die zur Verfügung stehenden Räumlichke­iten nicht, schon vor Corona waren die Verantwort­lichen auf der Suche nach größeren Räumlichke­iten.
Fotos: Marcus Merk Das Team von der Tafel Neusäß hat seit Juni die Tore die Ausgabe im Altenheim Notburga wieder geöffnet. Ideal sind die zur Verfügung stehenden Räumlichke­iten nicht, schon vor Corona waren die Verantwort­lichen auf der Suche nach größeren Räumlichke­iten.
 ??  ?? Knut Bickmannn und Sabine Zimmermann an der Brotausgab­e, die in einen Pavillon nach draußen verlagert wurde.
Knut Bickmannn und Sabine Zimmermann an der Brotausgab­e, die in einen Pavillon nach draußen verlagert wurde.

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