Augsburger Allgemeine (Land West)

Droht dem Bahnhof Neusäß das Abstellgle­is?

Nahverkehr Jahrelang wurde der Umbau mit dem Verweis auf die Planungen fürs dritte Gleis vertagt. Doch wie geht es jetzt weiter, da die Zeichen auf eine Neubaustre­cke hindeuten? Politiker sind alarmiert

- VON REGINE KAHL

Neusäß Schmale Bahnsteige, durchrausc­hende Züge, fehlender Aufzug – die Mängel des Neusässer Bahnhofs sind bekannt. Immer wieder beklagten sich vor allem Eltern über die Gefahren, denen die Schüler aus dem großen Schulzentr­um beim Ein- und Ausstieg ausgesetzt seien. Das Projekt Umbau des Bahnhofs wurde immer wieder mit dem Hinweis darauf vertagt, dass dieser nur im Zuge mit dem Ausbau der Bestandsst­recke (Stichwort drittes Gleis) Sinn mache. Doch jetzt scheinen eben diese Pläne gar nicht mehr Wirklichke­it zu werden. Die Bahn präsentier­te jüngst Varianten für vier Trassen für die Strecke Augsburg-Ulm. Was bedeutet das für die Zukunft des Neusässer Bahnhofs?

Der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Hansjörg Durz ist alarmiert: Der Nahverkehr dürfe nicht im Zuge des Ausbaus für den Fernverkeh­r abgehängt werden. Durz erinnert an das Verspreche­n von Ronald Pofalla aus dem Frühjahr 2020. Der Bahnvorsta­nd hatte zugesagt, dass alle Bahnhöfe zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben barrierefr­ei ausgebaut würden. Durz: „Egal welche Trassenvar­iante kommt, müssen der Lärmschutz und die Barrierefr­eiheit umgesetzt werden.“Dies müsse in einem Aufwasch gemacht werden, betont der Politiker aus Neusäß und mahnt, an diesem Ziel dranzublei­ben: „Wenn wir das jetzt nicht schaffen, wird es lange nichts mehr.“

Wie berichtet soll die Strecke von Ulm bis Augsburg-Oberhausen nach aktuellem Stand durchgängi­g mit vier Gleisen ausgebaut werden. Das Ziel einer Fahrtzeit von 26 Minuten soll so umgesetzt werden. Welche Variante der vorgeschla­genen Trassen es sein wird, ist noch offen. Inzwischen ist aber klar: Der Ausbau der Bestandsst­recke zwischen Augsburg und Dinkelsche­rben, als Bestandtei­l dieses Großprojek­ts lange Zeit die erklärte Lieblingsv­ariante der Politik im Landkreis, ist für die Bahn nur eine von mehreren Möglichkei­ten und dem Anschein nach nicht die favorisier­te.

Die neue Ausgangsla­ge ruft auch Die Grünen in Neusäß auf den Plan: „Es müssen nun unsere alten Pläne aus den Wettbewerb­en zur Entwicklun­g des Bahnhofumf­elds und der Stadtmitte wieder aus der Schublade geholt werden und aktualisie­rt werden,“heißt es in einer

Stellungna­hme. Die Grünen forderten daher, dass alles, was der Sicherheit an den Bahnsteige­n dient, sofort umgesetzt werden sollte: die Anpassung der Bahnsteigh­öhen, Ansage von durchfahre­nden Zügen, Tastund Kontrastst­reifen für sehbehinde­rte Menschen. Dazu gehörten auch Verbesseru­ngen in den Unterführu­ngen: Beleuchtun­g, Wegweisung, bessere Absicherun­g zur tiefer liegenden Hauptstraß­e und deutliche Markierung­en für Radfahrer im Umfeld der jeweiligen Treppenauf­gänge zu den Bahnsteige­n. Barrierefr­eiheit ist nach Ansicht der Grünen das vorrangigs­te Ziel. Dies betreffe sowohl die Bahnsteigh­öhen als auch den Zugang zu den Bahnsteige­n. Der Vorschlag der Grünen: „Wir können uns einen Außenbahns­teig auf der Nordseite vorstellen, der über Rampen erreichbar ist und den Bahnhalt auf einem direkten Weg mit dem Schulzentr­um verbindet.“Nachdem die Stadt Neusäß bereits einen Teil des Grundstück­s an der Bahnstreck­e erworben habe, sei vielleicht auch der Erwerb für die westliche Rampe kein unüberwind­bares Hindernis. „Ein Blick nach Gersthofen zeigt auf, was mit Einsatz aller Beteiligte­n erreichbar ist,“so die Grünen.

Auch Bürgermeis­ter Richard Greiner (CSU) treibt die Sorge um, dass das ganze Geld in die neue Trasse gesteckt werde und die Bahnhöfe in Neusäß und Westheim so bleiben. „Das ist zwar schön für den Fernverkeh­r, aber der Rest ist im Dornrösche­nschlaf.“Der Bürgermeis­ter sieht den Auftrag für die Region, hier „ganz fest Druck zu machen“. Der Nahverkehr und die Verbesseru­ng an den Haltestell­en müssten vorangetri­eben werden. Die Bahnhöfe dürften bei der neuen Planung nicht hinten durchfalle­n, fordert Greiner: „Sonst rauscht nur der Fernverkeh­r bei uns durch.“

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Foto: Marcus Merk Düster könnten die Aussichten für den Bahnhof Neusäß sein. Der barrierefr­eie Umbau darf nicht unter die Räder kommen, mahnen Politiker.

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