Augsburger Allgemeine (Land West)

Josef Schuler ist ein Mann der Tat

Jubiläum Gersthofen­s einziger lebender Ehrenbürge­r feiert seinen 90. Geburtstag

- VON OLIVER REISER

Gersthofen‰Batzenhofe­n Josef Schuler war schon immer ein Mann der Tat. 48 Jahre hat er sich in die Kommunalpo­litik eingebrach­t. Von 1966 bis 2014 gehörte er dem Stadtrat an, wurde nach seinem Ausscheide­n zum Ehrenbürge­r der Stadt Gersthofen ernannt. Seine Vorgänger seit 1904 waren Georg Ebner, Vinzenz Langhans, Franz Wolff, Paul Heisel, Franz Pfiffner, Michael Kuchenbaur, Georg Wendler, Markus Deffner, Benno Pfiffner, Karl Josef Weiß und George Lenne. Am heutigen Freitag feiert der einzige lebende Gersthofer Ehrenbürge­r seinen 90. Geburtstag.

Für Josef Schuler, der seit 21 Jahren verwitwet ist und zusammen mit seinem Sohn unter einem Dach lebt, ist die Corona-Pandemie auch kein Problem. „20-K-M-B-21“steht über der Eingangstü­r seines Hauses in der Keltenstra­ße mit Kreide geschriebe­n – obwohl die Sternsinge­r aufgrund der momentanen Kontaktbes­chränkunge­n heuer nicht zu Besuch kommen dürfen. „Das habe ich einfach selber hingeschri­eben“, grinst der Jubilar in seiner typischen verschmitz­ten Art. Etwas traurig macht ihn allerdings die Tatsache, dass er an seinem runden Geburtstag keine Gratulante­n empfangen darf.

Man kann ihn aber seit Neuestem aber auf dem Handy erreichen. Zu Weihnachte­n hat er von seiner Enkelin

Lisa, die ihn zusammen mit seiner Schwiegert­ochter auch während der Pandemie immer besucht hat, ein Smartphone geschenkt bekommen. „Als sie mich das erste Mal angerufen hat, wusste ich gar nicht, was los war und habe auf dem normalen Telefon abgehoben“, lacht Josef Schuler und demonstrie­rt, wie das mit dem Wischen auf dem Display funktionie­rt. So richtig geheuer ist ihm dieses moderne Gerät jedoch nicht. Für sein Hobby, das Fotografie­ren, benutzt er bis heute keine Digitalkam­era. „Ich habe sogar noch einen Apparat im Format 6 x 6, aber dafür gibt es gar keine Filme mehr.“Josef Schuler ist einer vom alten Schlag: geradlinig, mit gesundem Menschenve­rstand, immer bescheiden. Er ist kein Mann großer Worte, doch sein Wort gilt und wird gehört. Noch immer kommen die Bürger in seiner Heimatgeme­inde, in der er auch geboren wurde, zum „heimlichen Bürgermeis­ter von Batzenhofe­n“. Zuletzt ging es dabei um die Restaurier­ung der Grabstätte des ehemaligen Oberlehrer­s Alois Pesta, der bei einem Bombenangr­iff in den letzten Kriegstage­n am 27. Februar 1945 zusammen mit seiner Frau ums Leben kam. Schuler hat hier viel Zeit investiert, um eine Stätte der Erinnerung zu schaffen: „Viele junge Leute wissen ja gar nicht mehr, dass es einmal einen Krieg gegeben hat.“

Von der Stadt wurde Josef Schuler bereits mit dem Ehrenring, der Bürgermeda­ille in Gold und dem Titel „Altstadtra­t“gewürdigt. Doch er war nicht nur politisch aktiv. Schuler wirkte auch bei vielen Vereinen: Seit 70 Jahren ist er Mitglied bei der Feuerwehr Batzenhofe­n, 25 davon als Vorsitzend­er. Über 60 Jahre gehört er der SPD an. Er war einer der Gründer des Sportverei­ns CSC Batzenhofe­n-Hirblingen und engagierte sich 49 Jahre im Vorstand des Musikverei­ns Batzenhofe­n.

Trotzdem hat er den Besuch der Musikkapel­le abgesagt. „Ich möchte nicht, dass sie spielen. Außerdem ist es viel zu kalt“, hat er stattdesse­n den Vereinen eine Spende zukommen lassen. Als Ehrenvorsi­tzender zahlreiche­r Vereine nimmt er noch heute regen Anteil am Geschehen, steht mit Rat und Tat zur Seite. Regelmäßig hat Josef Schuler bis zum Beginn der Pandemie auch noch die Stadtratss­itzung verfolgt.

Was den 90-Jährigen in CoronaZeit­en am meisten gestört hat: „Dass der jährliche Ausflug nach Aldein ausgefalle­n ist.“Mit der Schützenko­mpanie dieser Gemeinde in Südtirol, deren Ehrenmitgl­ied er ist, hat Schuler eine Partnersch­aft aufgebaut. Dadurch hatte er jede Menge Zeit, in der er sich viel mit Gartenarbe­it beschäftig­te, spazieren ging, die Zeitung noch intensiver las oder zu früher Morgenstun­de die Einkäufe erledigte. Regelmäßig besuchte er auch am Sonntag den Gottesdien­st. Zuletzt profitiert­e der Hausfrauen­bund von seinem Können als gelernter Zimmermann. „Ich hatte viel Zeit zum Basteln“, lacht Josef Schuler und zeigt Holzarbeit­en, die er in Garage und Keller fabriziert hat.

Gesundheit­lich geht es ihm nach wie vor gut, obwohl er sich zuletzt beim Kirchgang eine Verletzung zugezogen hat. Wenn die Geburtstag­sfeierlich­en vorbei sind, hofft Josef Schuler auf weitere Post im Briefkaste­n. Mit 90 Jahren gehört er schließlic­h zu der Personengr­uppe, die als Erstes gegen Corona geimpft werden soll: „Ich habe bisher noch keine Nachricht erhalten“, sagt er.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Josef Schuler feiert am heutigen Freitag seinen 90. Geburtstag.
Foto: Marcus Merk Josef Schuler feiert am heutigen Freitag seinen 90. Geburtstag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany