Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein bisschen wie am Gummiband gezogen
Neuvorstellung Der Honda Jazz kann noch mehr außer Raumwunder. Seine Technik ist eine ganz besondere und wird die Kundschaft wohl in zwei Lager spalten
Ein mutiges Auto stellte Honda mit dem neuen Jazz vor. Mutig wegen des Preises und der Antriebsgestaltung, die eventuell nicht jedermanns Sache sein könnte und sicherlich polarisierend wirken wird.
Verbessert zeigt sich die vierte Generation des Honda Jazz, der bereits seit 1983 auf dem Markt ist. Ausschlaggebend für den Kauf des Kleinwagens war bei deutschen Kunden ja sehr oft das mustergültige Platzangebot. Daran hat sich über all die Jahre nichts geändert. Als Raumwunder wird er häufig wegen seiner großen Ladekapazität und den praktischen Belademöglichkeiten bezeichnet, trotz des kleinen Absatzes im Kofferraum, der beim Herausnehmen schwerer Gegenstände stört.
Klappt man die Rücksitzlehnen um, entsteht dank der automatisch wegklappenden Sitzflächen eine üppige und ebene Ladefläche. Zusätzlich Platz gibt es auch noch unter dem Ladeboden und in vielen Ablageflächen des Fahrzeugs im Stil eines fünftürigen Vans.
Die Insassen finden auf den vorderen wie auf den hinteren Sitzplätzen genügend Raum und können ohne Probleme einsteigen. Die neu konzipierten Vordersitze sind bequem und langstreckentauglich. Nach dem Einsteigen fällt auf, dass der Wagen eine hervorragende Rundumsicht bietet und die verarbeiteten Stoffe und Kunststoffe angenehm wirken, wenn auch viel
Hartplastik verarbeitet ist. Stark verbessert gegenüber dem Vorgänger wirkt das Armaturenbrett, schöner, funktioneller und natürlich digitaler. Der Mix aus Knöpfen, Schaltern und Touch-Anwendungen auf den Bildschirmen ist vernünftig gewählt.
Nicht nur um das Armaturenbrett, sondern vor allem auch um den Antrieb haben sich die japanischen Ingenieure viele Gedanken gemacht. Ob das Ergebnis den deutschen Geschmack trifft, bleibt abzuwarten.
Und so sieht das grundsätzliche Konzept aus, das komplex ist: Der Jazz hat einen bewährten Vierzylinder-Benzinmotor mit 1500 Kubikzentimeter, der keine direkte Verbindung zum Antrieb hat. Er erzeugt Strom über einen kräftigen Generator, der diesen über einen Elektromotor an die Vorderräder weiterleitet.
Ein Getriebe im herkömmlichen Sinn gibt es also nicht, sondern eine stufenlose Kraftübertragung. Je nachdem, wie viel Leistung während der Fahrt benötigt wird, schalten sich die zur Verfügung stehenden Systeme ab oder zu, und zwar sehr harmonisch und ruckfrei. Kurzzeitig kann rein elektrisch gefahren werden (bis 40 Stundenkilometer), über einen längeren Zeitraum im Hybridantrieb oder auch bei hoher Last nur mit dem Verbrenner, zum Beispiel bei Autobahnfahrten über 120 Stundenkilometer.
Gewöhnungsbedürftig ist jedoch die Geräuschentwicklung. Im Niederlastbereich ist der Verbrenner kaum zu hören, der Jazz wirkt quasi wie ein Elektroauto. Wer schnell beschleunigen will, hört jedoch den Verbrenner deutlich und schnell hochdrehen, spürt aber nicht im gleichen Maße eine Beschleunigung, auch wenn diese, dank ständig vorhandenem gleichbleibendem Drehmoment, recht gut und immer kontinuierlich vorhanden ist. Ob das gefällt?
Abgesehen davon fährt sich der Japaner ordentlich. Er federt angemessen, lässt sich gut steuern, wirkt sicher und erzeugt ein angenehmes Fahrgefühl. Seine Konnektivität ist auf der Höhe der Zeit und er bietet eine umfangreiche Sicherheitsausstattung schon im Basismodell Comfort (Notbremsassistent, Spurhalteassistent, adaptiver Tempomat, Verkehrszeichenerkennung…). Sie und der spezielle Antrieb des nur in dieser Form erhältlichen Wagens treiben den Preis deutlich nach oben und machen ihn nicht gerade zu einem Schnäppchen. Optisch wird der Jazz bei seinen Käufern sicherlich nicht als „heißer Feger“eingestuft. Dessen waren sich die Entwickler wohl auch bewusst. Deshalb entwickelten die Japaner eine Art KleinSUV, den Crosstar (wird wirklich so geschrieben). Bei nahezu gleichbleibenden Außenmaßen wirkt er durch Anbauten und etwas mehr Bodenfreiheit optisch robuster, kräftiger, gefälliger. Das treibt den ohnehin schon nicht gerade niedrigen Preis nochmals um rund 4000 Euro in die Höhe. Trotzdem dürfte er wohl die potenziellen Honda-Kunden wesentlich mehr reizen.
Ach ja: Staatliche Förderung gibt es für den Jazz trotz des interessanten Hybridantriebs nicht, da er über Stromkabel nicht aufladbar ist. Schade drum.