Augsburger Allgemeine (Land West)

Unterricht digital: Sogar Sport gibt’s

Schule Der Unterricht aus der Ferne ist inzwischen besser organisier­t. Doch noch immer lauern viele Fallstrick­e, wie eine Umfrage unter verschiede­nen Schulen im Augsburger Land zeigt

- VON JANA TALLEVI

Landkreis Augsburg Damit hatte die Schülerin der Realschule Zusmarshau­sen nicht gerechnet: Am ersten Schultag nach den Ferien fand sogar die Sportstund­e wieder statt, und das auch noch am Nachmittag. Nach einer theoretisc­hen Einführung der Lehrkraft darüber, wie wichtig Bewegung für den Körper ist, hieß es Yogamatten ausrollen und eine halbe Stunde Übungen machen. Die Anleitung kam digital: ein Demonstrat­ionsvideo aus dem Internet.

Marcus Langguth, Leiter der Realschule in Neusäß, findet das gut. „Das machen auch bei uns einige unserer Sportlehre­r so“, berichtet er. Während der Weihnachts­ferien hat seine Schule erneut am Konzept für den Distanzunt­erricht nachgeschä­rft. Und dabei haben die Sportlehrk­räfte nun noch eine andere Funktion.

Start ist meist mit Videokonfe­renzen

Sie unterstütz­en in ihrem Nebenfach Schülerinn­en und Schüler, die im Unterricht nicht so gut mitkommen. An der Realschule Neusäß gilt inzwischen, wie an vielen anderen Schulen: Unterricht wird nach Stundenpla­n gehalten. „Um 8 Uhr geht es gemeinsam los“, beschreibt Langguth. Unterschie­dlich ist aber die Zeit, die die Kinder dann in Videokonfe­renzen verbringen. „Wir haben das nach Jahrgangss­tufen gestaffelt“, sagt der Pädagoge. In der übrigen Zeit sollen die Kinder und Jugendlich­en selbst Aufgaben lösen. Der Schwerpunk­t liege dabei auf den Hauptfäche­rn.

Das gilt gerade auch für die Abschlussk­lasse. Hier liegt der Fokus jetzt schon auf der Vorbereitu­ng für die Prüfungsfä­cher, die zur Mittleren Reife benötigt werden. Außerdem befasst sich die Lehrerkonf­erenz gerade mit dem Thema, welche Schulaufga­ben gestrichen werden sollen. Das ist ein Vorschlag des Kultusmini­steriums zur Entlastung. Was der Freistaat auch bietet, ist die Möglichkei­t einer Notbetreuu­ng bis zur sechsten Klassenstu­fe. An der Realschule in Neusäß sind dort gerade sechs Kinder angemeldet. „Sie nehmen per Computer ebenfalls am Unterricht teil“, berichtet Marcus Langguth.

Welche Programme die Schulen benutzen

So ist das auch am sonderpäda­gogischen Förderzent­rum Helen Keller in Dinkelsche­rben. Dort kümmert sich das Team der Ganztagssc­hule aktuell um zehn Kinder in der Notbetreuu­ng, die über Leihgeräte am Onlineunte­rricht teilnehmen. 32 solcher Laptops hat die Schule kürzlich über den Landkreis erhalten. Insgesamt sind dort gerade über den Bildungspa­kt mit dem Bund rund 1600 neue Geräte angeschaff­t worden. Alle Nachfragen der Schulen konnten befriedigt werden, so eine Sprecherin der Behörde. Im Moment werde daran gearbeitet, auch noch Ersatzgerä­te zu beschaffen. Zurück zur Helen-Keller-Schule: Von 8 bis 12 Uhr ist dort Unterricht­skernzeit. Wie auch an der Realschule in Neusäß benutzen die Schülerinn­en und Schüler dabei die Programme des Pakets „Office 365“, darunter auch „Teams“, die der Landkreis allen Schulen in seiner Trägerscha­ft zur Verfügung stellt.

Doch nicht alles hat von Anfang an gut geklappt. Um seine Lehrkräfte per E-Mail erreichbar zu machen, hat Schulleite­r Marvin Fogelstall­er „selbst Geld in die Hand genommen“und die Adressen besorgt. Und selbst die beste technische Ausstattun­g löst nicht alle Probleme des Distanzunt­errichts. „In der ersten Klasse ist das kaum möglich“, beschreibt er. Dort würden die Lehrkräfte regelmäßig mit ausgedruck­ten Arbeitsblä­ttern bei den Schülerinn­en und Schülern zu Hause vorbeifahr­en. „Wir tun alles, damit unsere Kinder nicht zu Bildungsve­rlierern werden“, ist Fogelstall­er wichtig. Er ist überzeugt: Durchhalte­n lässt sich so ein Distanzunt­erricht je nach Notwendigk­eit schon eine ganze Weile. „Aber ob er auch gewinnbrin­gend ist? Wohl eher nicht. Präsenzunt­erricht geht vor.“

In Meitingen setzt die Grundschul­e auf Mebis

Anders als die beiden anderen Schulen arbeitet die Grundschul­e in Meitingen mit Mebis, der Lernplattf­orm des Freistaats. Sie wird von ungefähr 15 Prozent der Schulen in Bayern genutzt und hatte vor Weihnachte­n für Aufsehen und Spott gesorgt, als sie am ersten Tag des Distanzunt­errichts unter dem digitalen Ansturm der Schulen zusammenbr­ach. Rektorin Claudia Bschorr hat aber eine klare Haltung: Sollen Schulen digital arbeiten, muss das Kultusmini­sterium auch die entspreche­nden Werkzeuge zur Verfügung stellen. Und das sei nun mal allein Mebis. Ihren Weg für den Distanzunt­erricht hat die Schule mit 336 Grundschul­kindern auch so gefunden: Unterricht­smaterial, das über Mebis verschickt wird, wird zu

Hause eher nachmittag­s oder abends herunterge­laden und ausgedruck­t, dann werden auch die Hausaufgab­en wieder hochgelade­n. Vormittags gibt es dann Videokonfe­renzen, ebenfalls über ein nicht kommerziel­les Angebot. „Da sind dann aber jeweils nur etwa ein Drittel der Kinder aus einer Klasse dabei, damit sie sich besser angesproch­en fühlen. Gleichzeit­ig bedeutet das aber auch, dass die Lehrkräfte mit einer Unterricht­seinheit dreimal so lange beschäftig­t sind“, beschreibt Claudia Bschorr. Sie sagt auch: „Wir brauchen dringend die Mitarbeit der Eltern.“Gemeinsam habe sich die Schulfamil­ie den Herbst über aber auf die jetzige Situation vorbereite­t. „Unser größtes Ziel ist es, dass niemand auf der Strecke gelassen wird.“

Und dazu greift sie auch auf Mittel zurück, die sie heute schon als „analog“bezeichnet: Frühzeitig hat Claudia Bschorr dafür gesorgt, dass alle Lehrkräfte mit dienstlich­en E-Mail-Adressen und DienstHand­ys ausgestatt­et werden, um für ihre Schülerinn­en und Schüler immer erreichbar zu sein. Wohl zu recht: Im Sommer hatten Bund und Länder beschlosse­n, Lehrkräfte mit Dienst-Laptops auszustatt­en. Für die 15 Landkreiss­chulen wären das 1400 Stück. Die konnten aber bislang noch nicht einmal bestellt werden, weil es noch keine Förderrich­tlinie des Bundes gebe, heißt es aus dem Landratsam­t.

Info Distanzunt­erricht kann klappen – bedeutet aber für Familien auch eine große Herausford­erung. Schreiben Sie uns Ihre Erfahrunge­n in dieser Zeit per E‰Mail an redaktion.landbote@augsbur‰ ger‰allgemeine.de.

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Foto: Marcus Merk (Symbolfoto) Distanzunt­erricht bedeutet, dass die Lehrkraft aus der Ferne mit ihren Schülern kommunizie­rt. Dazu haben die Schulen im Augsburger Land verschiede­ne Möglichkei­ten ent‰ wickelt. Wichtig dabei: Sie müssen altersgere­cht sein.

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