Augsburger Allgemeine (Land West)
Landmensch und Schdodara
Aufgefallen
Der Stadtmensch, im tiefen oberbayerischen Süden lautsprachlich Schdodara genannt, gehört gerade in den ländlichen Gebieten des Freistaats zu einer nicht überall geschätzten Spezies Mensch. Im Gegenteil: Er hat ähnlich niedrige Beliebtheitswerte wie der Preuße jenseits des Weißwurstäquators. Oder der 60er-Fan beim FC-Bayern-Anhänger. Das ist erst einmal nichts Neues. Denn Animositäten zwischen diesen beiden Bevölkerungsteilen sind in Bayern relativ ausgeprägt, so lange man denken kann.
Bewohner von Großstädten wie München oder Augsburg wiederum belächeln die Landbevölkerung, – gerade wenn die mit dem Automobil suchend durch den Großstadtstraßendschungel kreuzt. Kennzeichen wie EBE, MB oder RO haben in München einen ähnlichen Ruf wie AIC, KF oder OAL in Augsburg.
Der Großstädter wiederum, wenn er Ausgleich suchend am Wochenende in die bayerischen Erholungsgebiete strömt, wird von den dort lebenden Menschen oft nur widerstrebend toleriert, weil er die dortige Tourismuswirtschaft ankurbelt. Einen Höhepunkt dieser unterkühlten Beziehung zwischen städtischer und Landbevölkerung offenbart sich in diesen Wintertagen. Der Landkreis Miesbach, das Berchtesgadener Land, Deggendorf, Freyung-Grafenau, Regen und Cham wollen – oder tun es bereits – künftig die „Grenzen“für Tagesausflügler aus der Stadt dichtmachen, wie immer das auch aussehen soll.
Trotz Corona-Pandemie – meinen die Landler das ernst? Sie sollten bedenken: Es gibt auch eine Zeit nach Corona und dann ist man vielleicht wieder froh um die ungeliebten Schdodara, die wieder Kassen füllen sollen. So strikte Abgrenzung hat noch selten einer Beziehung gutgetan.