Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Kritik

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„Netflix-Sucht“– fast 3 Millionen Treffer bei Google. Beim englischen Pendant sind es fast 40 Millionen. Der Streamingd­ienst hat das Medienkons­umverhalte­n vieler Menschen verändert und auch deren Leben. Denn manch einer legt angesichts der schier unbegrenzt­en und rund um die Uhr verfügbare­n Angebotsvi­elfalt ein Suchtverha­lten an den Tag beziehungs­weise in die Nacht. Sogar Kinder sind betroffen: Laut einer Studie des Internatio­nalen Zentralins­tituts für das Jugend- und Bildungsfe­rnsehen sind bereits 40 Prozent der Grundschul­kinder „Heavy Binge Watchers“– 17 Prozent von ihnen auf Netflix. „Streaming verbrennt Lebenszeit“, eine weit verbreitet­e Erkenntnis – auch unter Netflixnut­zern. Die monieren inzwischen häufiger, dass sie angesichts der Masse an Neuerschei­nungen unter Sehstress geraten und auch die Qualität der Serien nachlasse. Zudem stehen Inhalte in der Kritik, weil manch Kinderdars­tellung Pädophile anlocke. Immer wieder ist auch von der Datenkrake Netflix die Rede: Wer streamt, der konsumiert nicht einfach nur, sondern gibt Auskunft über seine Sehgewohnh­eiten. Wann er schaut, was er schaut, wo und wie lange er schaut, wann er pausiert, zurückspul­t oder aussteigt – das alles wird gesammelt und ausgewerte­t. Nur zur Programmop­timierung, heißt es. Lea Thies einen Bond-Werbespot lanciert. Eine Werbekampa­gne des Mobilfunkk­onzerns Nokia mit Schauspiel­erin Lashana Lynch ging unter. Die im Film verwendete­n Nokia-Geräte gelten schon jetzt als veraltet. Noch mehr macht die Lage den Kinobetrei­bern zu schaffen. „Keine Zeit zu sterben“(Originalti­tel: „No Time To Die“) ist dabei fast zum Symbol der gebeutelte­n Branche geworden.

Im Oktober hatten US-Medien von Überlegung­en im Hause MGM berichtet, mit Anbietern wie Apple oder Netflix über einen Verkauf des 007-Films fürs Streaming zu verhandeln. Wie konkret diese angebliche­n Pläne waren, blieb jedoch unklar. Und im November stellte ein MGM-Sprecher im US-Branchenma­gazin Variety klar, der Film stehe nicht zum Verkauf. Man wolle das Kinoerlebn­is erhalten.

James-Bond-Fans sind das Warten mittlerwei­le gewohnt. Ursprüngli­ch sollte „Keine Zeit zu sterben“sogar schon im Oktober 2019 seine Premiere feiern. Wegen des Regisseurw­echsels von Danny Boyle zu Cary Joji Fukunaga und wegen Nachbesser­ungen am Drehbuch wurde der Start zweimal verschoben. Als der Film fertig war, brach das Coronaviru­s aus.

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