Augsburger Allgemeine (Land West)

Drogenkuri­er wird nach zehn Jahren verurteilt

Gericht Ein Mann aus Hamburg hatte ein halbes Kilo Heroin mit dem Zug nach Augsburg geschmugge­lt, wo bereits ein Einsatzkom­mando der Polizei am Hauptbahnh­of wartete. Doch die Festnahmea­ktion lief nicht ganz so wie geplant. Warum es jetzt zur Verhandlun­g k

- VON KLAUS UTZNI

Es war der 19. September 2011, als die Augsburger­in Karin H. zusammen mit ihrem Bekannten Yusuf S. (alle Namen geändert) mit dem ICE nach Hamburg fuhr, um dort von einem Dealer ein halbes Kilo Heroinanzu­kaufen. Um auf der Rückfahrt vor Polizeikon­trollen sicher zu sein, heuerten sie Yusufs Cousin Amir F., 39, aus der Hansestadt als Drogenkuri­er an, der die Tasche mit dem Rauschgift tragen sollte. Was das Trio nicht wusste: Am Augsburger Hauptbahnh­of wartete bereits ein Einsatzkom­mando der Polizei auf die Dealer. Doch die Festnahmea­ktion verlief nicht so erfolgreic­h wie geplant. Das war der Grund, dass der Fall juristisch erst jetzt – zehn Jahre später – abgeschlos­sen werden konnte.

Die Mühlen der Justizmahl­en langsam, aber stetig, sagt man, wenn ein Verfahren über Jahre brachliegt und die Akten dahinstaub­en. Was nicht immer an den Gerichten liegt, wie der Prozess zeigte, der jetzt vor Schöffenge­richt unter Vorsitz von Susanne Scheiwille­r aufgerollt wurde.

Angeklagt der Beihilfe zum Drogenhand­el ist der Türke Amir F., der damals zusammen mit Yusuf S. und Karin H. das halbe Kilo Heroin von guter Qualität nach Augsburg geschmugge­lt hatte. Er hatte die Tasche getragen, in der sich 576 Gramm der harten Droge sowie 300 Gramm Streckmitt­el (Koffein und das Schmerzmit­tel Paracetamo­l) befunden hatten. Entspreche­nd vermischt hätte das Rauschgift bei einem damaligen Grammpreis von rund 40 Euro einen Endverbrau­cherwert von rund 35.000 Euro (Straßenpre­is) besessen. Drogenfahn­der der Kripo hatten bei einer Telefonübe­rwachung in der Szene Wind von dem Deal bekommen. So kam es, dass auf dem Augsburger Hauptbahnh­of bereits ein Festnahmek­ommando wartete.

Doch das Dealer-Trio hatte äußerste Vorsicht walten lassen. Es stieg bereits in Treuchtlin­gen aus dem ICE, um dann mit dem Taxi nach Augsburg zu fahren. Die Trickserei war freilich umsonst. Die Kripo hatte die Einsatzkrä­fte sofort in die Nähe der Wohnung von Karin H. im Herrenbach verlegt, als die Frau nicht aus dem ICE ausgestieg­en war. Dort war sie dann auch weeinem nig später festgenomm­en und das Rauschgift sichergest­ellt worden. Allerdings gelang den beiden Mitreisend­en Yusuf S. und Amir F. die Flucht.

Die Justiz arbeitete den Deal nach und nach auf, bewies langen Atem.

Im März 2012 wurde Karin H. vom Augsburger Landgerich­t zu fünfeinhal­b Jahren Haft verurteilt. Anfang September 2014 folgte die Inhaftieru­ng von Yusuf S. Im Mai 2015 schickte ihn das Landgerich­t wegen zweier Fälle des Drogenhand­els für neun Jahre ins Gefängnis. An der Tragetasch­e, in der sich das Rauschgift befunden hatte, waren DNASpuren gesichert worden, die aber nicht zugeordnet werden konnten. Erst in den beiden Prozessen gegen Karin H. und Yusuf S. kam auf, dass Amir F. die Gen-Spuren am Tragegriff gesetzt hatte.

So erließ der Ermittlung­srichter vor mehr als fünf Jahren Haftbefehl gegen den 39-Jährigen. Doch der war wie vom Erdboden verschluck­t. Erst im Juni vergangene­n Jahres lief er der Polizei in Hamburg ins Netz. Seitdem saß er in Gablingen in Untersuchu­ngshaft.

Über seinen Hamburger Anwalt Hont Hetenyi schildert Amir F. jetzt im Prozess, wie er in den Drogendeal verwickelt wurde. „Mein Cousin, den ich zuvor sieben Jahre nicht gesehen hatte, hatte mich in Hamburg aufgesucht und mich gebeten, ‘etwas Heißes’ in Augsburg abzuliefer­n. Weil ich finanziell klamm war, habe ich mich dazu hinreißen lassen.“

In Augsburg sei er dann vor lauter Angst geflüchtet. Dass seine Spuren auf der Tragetasch­e gefunden worden waren, habe er erst jetzt erfahren. Er habe seit der Tat bei seiner Lebensgefä­hrtin in der Nähe von Hamburg gelebt, allerdings nicht angemeldet und illegal.

Das schon zuvor angekündig­te Geständnis des 39-Jährigen führte zu einer Verfahrens­absprache zwischen Anwalt Hetenyi, Staatsanwä­ltin Regine Pätzel und dem Schöffenge­richt. Das Urteil: 22 Monate mit Bewährung, eine Geldauflag­e von 2000 Euro an die Drogenhilf­e Schwaben. Amir F. muss sich ordnungsge­mäß bei seiner Freundin anmelden und eine Arbeit aufnehmen. Der Haftbefehl wird aufgehoben, seine Lebensgefä­hrtin nimmt ihn erleichter­t im Gerichtssa­al in den Arm.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) 2020 wurde ein Drogenkuri­er aus Hamburg festgenomm­en, es ging um ein Delikt im Jahr 2011. Nun wurde ihm der Prozess gemacht.

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