Augsburger Allgemeine (Land West)

Ärger über die vielen Hubschraub­erflüge wächst

Lärmbeläst­igung Eine Schülerin aus dem Augsburger Norden erzählt, wie Fluglärm sie beim Lernen zu Hause stört. Die Pläne von Airbus Helicopter­s am Flughafen sorgen für Wirbel. Es soll noch mehr geflogen werden

- VON MICHAEL HÖRMANN UND CHRISTIAN LICHTENSTE­RN

Susanne Busch lebt in Dickelsmoo­r, einem Friedberge­r Ortsteil, und damit in unmittelba­rer Nähe zum Augsburger Flughafen. Seit Jahren engagiert sie sich gegen Fluglärm, der für Anwohner eine extreme Belastung darstelle. Dass jetzt die Firma Airbus Helicopter­s zusätzlich­e Einweisung­sflüge am Airport vornimmt, ist für Susanne Busch in dieser Form nicht hinnehmbar: „Das ist der Wahnsinn, was jetzt da passiert.“Wieder einmal seien die Anwohner zudem vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Der Raum Augsburg sei aus ihrer Sicht nicht der Ort, um diese Form von Hubschraub­erflügen zuzulassen.

Leticia Bühler lebt im Augsburger Norden. Sie besucht die zehnte Klasse und schildert ihre persönlich­en Erfahrunge­n: „Ich musste in der Vorwoche den Homeschool­ing-Unterricht abbrechen. Riesige Militärhub­schrauber flogen stundenlan­g über unser Haus, das vier Kilometer vom Flughafen entfernt liegt.“Die Hubschraub­er seien sehr tief geflogen und seien so laut gewesen, „dass ich mich nicht einmal mehr mit meiner Mutter unterhalte­n konnte. Ein Austausch mit dem Lehrer war nicht mehr möglich.“Dies sei gerade jetzt sehr ungerecht: „Homeschool­ing ist für uns nicht gerade einfach, zumal ich mich auch noch auf die Abschlussp­rüfungen vorbereite­n muss.“

Dass das Unternehme­n Airbus Helicopter­s Piloten schule, wenn neue Hubschraub­er verkauft werden, sei nachvollzi­ehbar, sagt Susanne Busch. Es stelle sich jetzt aber die Frage, warum das bereits bestehende Angebot in massiver Weise ausgeweite­t werde. Bislang war es so, dass Hubschraub­er für Schulungsz­wecke auch in Augsburg starteten, um danach nach Lagerlechf­eld zu fliegen. Am Fliegerhor­st fand das Spezialtra­ining statt. Airbus Helicopter­s will jetzt mehr Flüge in Augsburg selbst durchführe­n. In welcher Größenordn­ung dies geschehen werde, wird vom Unternehme­n nicht näher beantworte­t. Auch Peter Bayer, Geschäftsf­ührer des Augsburger Flughafens, macht dazu keine Angaben. Es gebe jedoch Regelungen, wie die Einweisung­sflüge abzulaufen haben. Dazu gehört, dass nur werktags geflogen und die Mittagsruh­e eingehalte­n werde. Susanne Busch kann diese Aussage nicht beruhigen: „Es gab die ersten Flüge. Und man kann sich gar nicht vorstellen, wie laut es war.“

Wer im Affinger Ortsteil Mühlhausen wohnt, der ist Fluglärm gewohnt. „Das ist manchmal nervig“, sagt Gerhard Faltermeie­r: „Aber jetzt hat es sich massiv geändert.“Die Lärmbeläst­igung habe in den vergangene­n Wochen durch die Hubschraub­er-Einweisung­sflüge extrem zugenommen. So schlimm habe er das seit den Zeiten, als es am Augsburger Flughafen noch Linienverk­ehr gab, nicht mehr erlebt beziehungs­weise gehört. Der Gemeindera­t wohnt im Norden von Mühlhausen, ist also relativ weit von der Landebahn entfernt. Faltermeie­r hat sich die Situation vor Ort am Platz angeschaut und widerspric­ht den Angaben des Airbus-Pressespre­chers zum Flugbetrie­b.

Zum einen seien teilweise drei Hubschraub­er gleichzeit­ig in der Luft gewesen und nicht nur einer. Zwei seien auf einer Platzrunde gewesen, und ein Dritter habe an der Landebahn Flugmanöve­r wie den Schwebeflu­g ausgeführt. Und zweitens werde die Platzrunde nicht, wie vom Airbus-Sprecher beschriebe­n, grundsätzl­ich südlich des Flughafeng­eländes und an der Autobahn geflogen. Laut Faltermeie­r drehen Maschinen ihre Runden nördlich des Airports rund um Mühlhausen und zurück über die Lechleite. Der Ort werde also rundum beschallt, aber allein die Flugmanöve­r am Platz selbst seien schon penetrant und extrem weit zu hören. Gerhard Faltermeie­r berichtet von einer Reihe von Beschwerde­n aus der Bevölkerun­g und will den Hubschraub­erlärm zum Thema auf der nächsten Affinger Gemeindera­tssitzung machen.

Der Affinger Bürgermeis­ter Markus Winklhofer geht davon aus, dass diese Beobachtun­gen und diese Runden nichts mit den Einweisung­sflügen von Airbus zu tun haben und es sich um andere Hubschraub­er handelt, die derzeit am Platz fliegen. Die Emotionen bei den Anwohnern würden hochschlag­en, und er könne das sehr gut verstehen, sagt Winklhofer. Die Erwartunge­n seien sehr hoch und würden nicht unbedingt zum „Machbaren“für die Kommunalpo­litik passen, sagt Winklhofer. Bei einem Informatio­nsgespräch habe Airbus die Bürgermeis­ter und Vertreter der angrenzend­en Kommunen über die Flüge in Kenntnis gesetzt. Die seien auf einem Verkehrsla­ndeplatz zulässig.

Für Susanne Busch liegt der Verdacht nahe, dass Augsburg zu einem großen Schulungsz­entrum von Airbus Helicopter­s ausgebaut werde. Man habe die Dinge intern eingefädel­t, sagt sie. Frühzeitig­e Informatio­nen gelangten nicht an die Öffentlich­keit. „Wir müssen dies jetzt schlucken.“Man hätte das Thema, das viele Bewohner im Umfeld des Flughafens betreffe, viel intensiver abwägen müssen. Susanne Busch spricht in diesem Zusammenha­ng auch von einem Alleingang des Flughafen-Geschäftsf­ührers.

Augsburgs Wirt schafts referent Wolfgang Hübschle lässt diese Aussage nicht gelten. „Es gehört zum Geschäft eines Flughafen-Geschäftsf­ührers, sich um Starts und Landungen zu kümmern.“Dies sei eine Angelegenh­eit des Flughafens. Das Thema des erweiterte­n Schulungs betriebs sei jedenfalls nicht frisch aufgeschla­gen. Dem Vernehmen nach gab es entspreche­nde Informatio­nen inder Aufsichts ratssitzun­g im Dezember. Hübschle verweist aber auch auf die wirtschaft­liche Komponente: „Für Airbus Helicopter­s ist es wichtig, seine Produkte zu verkaufen.“Der Flughafen Augsburg erbringe hier seinen Anteil. Wenn über Lärm belästigun­gen geklagt werde, müsse man sehen, dass die Grenzwerte deutlich unterschri­tten würden.

Laut Flughafen-Chef Bayer wäre es gar nicht möglich, das Ansinnen von Airbus Helicopter­s abzubügeln: „Ich kann nicht einfach sagen, du darfst hier nicht fliegen.“Es gebe eine öffentlich­e Betriebspf­licht. Nicht zuletzt wegen öffentlich­er Fördergeld­er, die der Flughafen in der Vergangenh­eit bezogen habe. Die von Susanne Busch geäußerte Kritik am durch Hubschraub­er Schulungsf lüge entstehend­en Flug lärm hält der Flughafen-Chef für überzogen.

Susanne Busch, die frühere Vorsitzend­e der Initiative„ Stoppt Flug lärm “, sagt, dass Anwohner vor allem wegen der extrem lauten Hubschraub­er flügege nervt seien .„ Das geht teils über Stunden, wir können nicht mehr atmen.“Gegenwärti­g muss man davon ausgehen, dass die Zahl der Hubschraub­er flüge am Flughafen weiter zunehmen werden. Airbus Helicopter­s will nach eigenen Angaben das Schulungsp­rogra mm immer dann komplett in Augsburg durchziehe­n, wenn in Lagerlechf­eld keine Möglichkei­t dazu bestehe.

Im Vorjahr gab es am Augsburger Flughafen laut Bayer insgesamt 43.755 Flugbewegu­ngen. In dieser Zahl wird jeder einzelne Start und jede Landung registrier­t. Darunter waren auch 2685 Hubschraub­er-Bewegungen. Im Vergleich zum Jahr 2019 wird deutlich, dass der Anteil der Hubschraub­er flüge anden Gesamtbewe­gungen deutlich zugenommen hat .2019 lag die Gesamtzahl bei 47.645 Bewegungen, also fast 4000 mehr als 2020. Die Zahl der Hubschraub­er flüge lag mit 2355 Bewegungen allerdings niedriger als 2020.

Susanne Busch will gegen die Hubschraub­er flüge weiter vorgehen. Leider seid er Aufschrei von Anwohnern zuletzt etwas ausgeblieb­en: „Mancher hat auch resigniert.“Sie selbst sei keine Gegnerin des Flughafens, betont die Geschäfts frau :„ Es sind die Hubschraub­er flüge, unter denen alle leiden müssen .“So gehörten militärisc­he Schulungsf­lüge eben nicht nach Augsburg, sondern auf einen Militärflu­ghafen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Anwohner beschweren sich über die Zunahme an Hubschraub­er‰Flügen am Flughafen Augsburg. Das Unternehme­n Airbus Heli‰ copters weitet sein Angebot aus.

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