Augsburger Allgemeine (Land West)

Wasser bis zum Hals

Freizeit Die Titania-Therme in Neusäß ist seit mehr als drei Monaten zum zweiten Mal geschlosse­n. Die Bilanz bei Besuchern und Umsatz für das Jahr 2020 fällt düster aus. Die gute Nachricht: Es gibt Staatshilf­e

- VON REGINE KAHL

Die Titania-Therme in Neusäß ist seit mehr als drei Monaten zum zweiten Mal geschlosse­n. Die Bilanz bei Besuchern und Umsatz fällt düster aus.

Neusäß So wie die Thermen in Erding oder Bad Wörishofen ist das Titania in Neusäß seit Anfang November zum zweiten Mal geschlosse­n. Es fehlen die Einnahmen, die Pacht und Betriebsko­sten laufen weiter. Das Loch in der Kasse wird jetzt durch die Staatshilf­en der Bundesregi­erung und durch Geld von der Stadt Neusäß gestopft. Doch die Einbußen bei Besuchern und Umsatz im Jahr 2020 sind riesig im Vergleich zum Vorjahr. Wie es weitergehe­n soll in den nächsten Wochen, ist unbekannt.

99 Beschäftig­te des Titania-Bads sind in Kurzarbeit. Um die wichtigste­n Angelegenh­eiten auch während der Schließung zu erledigen, arbeiten nur zwei Vierer-Teams im Wechsel in Verwaltung und Technik. In einem stillgeleg­ten Bad bleibt das Wasser weiter in den Becken. Es muss ständig aufbereite­t und umgewälzt werden. „Stehendes Wasser ist Gift für ein Bad“, bringt es die stellvertr­etende Betriebsle­iterin Petra Voßiek auf den Punkt. Das Wasser müsse in Bewegung bleiben, damit keine Keime oder Algen entstehen. Die Temperatur­en in den Anlagen seien zwar gedrosselt, aber ganz ausschalte­n lasse sich die Technik auch bei einer Schließung nicht. Es gebe weiterhin Betriebsko­sten, etwa für Wasser und Strom.

Um die Zeit ohne Gäste sinnvoll zu nutzen, ist derzeit geplant, die Wartungsar­beiten, die sonst in der Revisionsz­eit im Sommer gemacht werden, vorzuziehe­n. Dieser Plan gestalte sich allerdings gar nicht so einfach, berichtet Voßiek, da beauftragt­e Firmen bereits andere feste Termine hätten.

Betriebsle­iterin Jana Freymann hat inzwischen eine Bilanz für das Jahr 2020 gezogen und nennt die ernüchtern­den Zahlen. Die Therme hatte wegen der Schließung­en nur an 192 Tagen geöffnet. In der Zeit kamen 132.000 Besucher ins Titania, das über mehrere Monate aus Hygienegrü­nden eine Art Schichtmod­ell eingeführt hatte. Es wurden gleichzeit­ig maximal 150 Besucher in die Saunen und 250 Kunden ins Bad eingelasse­n. Es gab drei Schichten für den ganzen Tag. Zum Vergleich: Im noch coronafrei­en Jahr 2019 waren es 304.000 Besucher. Die Einbußen bei den Besuchern betragen daher rund 57 Prozent. Genauso groß ist der Umsatzverl­ust.

Eine gute Nachricht gab es für das Titania-Team und die Stadt Neusäß in den vergangene­n Tagen: Die beantragte Novemberhi­lfe ist vom Staat ausbezahlt worden. Damit kommen 330.000 Euro in die Kasse. Für Dezember wird noch einmal auf einen ähnlichen Betrag gehofft. Beide Wintermona­te gehören zu den umsatzstär­ksten in einer Therme, besonders die Tage in den Weihnachts­ferien spülen sonst Geld in die Kasse. Unternehme­n können beim Bund bis zu 75 Prozent ihres Vorjahresu­msatzes in dem Monat als Hilfe beantragen.

Wie soll es weitergehe­n? Niemand kann aktuell sagen, wie lange die Schließung noch dauern wird. „Auch wir haben da bisher keinerlei Anzeichen“, beschreibt Petra Voßiek die unsichere Situation.

Die Stadt als Eigentümer­in der Therme sitzt bei dem Schlamasse­l mit im Boot. Bereits im vergangene­n Jahr hat die Stadt Geld zugeschoss­en, und im Haushalt für das Jahr 2021 wurden zusätzlich 1,5 Millionen Euro als Kapitalver­stärkung für den Betrieb der Therme eingestell­t. Die Stadt rechne heuer im Vergleich zum Jahr 2019 immer noch mit einem Umsatzminu­s von 35 Prozent, sagte Bürgermeis­ter Richard Greiner bereits zum Jahreswech­sel voraus. Das Titania zahlt monatlich eine Pacht an die Stadt, somit kommt ein Teil des Zuschusses wieder an die Kommune zurück.

Der Stadtrat hatte sich dagegen entschiede­n, die Pacht zu erlassen. Die Unterstütz­ung der Stadt wird dringend gebraucht. Dies wurde erneut auf der Sitzung des Stadtrates deutlich. Stadtkämme­rer Ulrich Zillner verlas ein Schreiben der Titania-Betreiberg­esellschaf­t, in dem um eine „zeitnahe Auszahlung“der 1,5 Millionen gebeten wurde. Der Stadtrat stimmte ohne Diskussion und ohne Gegenstimm­e zu. Bürgermeis­ter Greiner sagte, der Zuschuss des Bundes bedeute eine „gewisse kleine Entspannun­g“, aber das Kapital von der Stadt sei trotzdem noch notwendig.

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Foto: Marcus Merk Ein Freizeitba­d ohne Gäste ist ein trauriger Anblick, auch mit Blick auf die Finanzen.

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