Augsburger Allgemeine (Land West)
Schwimmerinnen fehlt das Wasser
Locker im Lockdown Weil die Schwestern Franziska und Anna-Sophia Kolb derzeit nicht in gewohntem Umfang trainieren dürfen, müssen sie sich mit Trockenübungen begnügen
Neusäß „Runter vom Sofa!“Für Amie gilt diese Aufforderung nicht. Die elfjährige Labrador-Hündin kommt aus Altersgründen gar nicht mehr aufs Sofa hinauf. Trotzdem lässt es sich der Hund der Familie Kolb aus Neusäß nicht nehmen, die Fotos und Videoaufnahmen beim gemeinsamen Training der beiden schwimmenden Schwestern Franziska und AnnaSophie zu schmücken. Obwohl sie schon eine ältere
Dame ist, lässt die sich mitten im Wohnzimmer nieder.
„Runter vom
Sofa!“– unter diesem Motto begleiten wir unserer Leserinnen und Leser, die im Lockdown seit Wochen jeden Abend im heimischen Wohnzimmer verbringen müssen. Jetzt wurden die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ein weiteres Mal verlängert.
Sehr zum Verdruss der vier Kolbs, die allesamt in der Schwimmabteilung der TSG Stadtbergen aktiv sind. „Wir leiden alle. Jetzt wäre die Hauptwettkampfzeit und wir jedes Wochenende unterwegs“, sagt Mutter Tanja: „Doch es herrscht tote Hose.“Schon seit Monaten sitzen die Kolbs mehr oder weniger auf dem Trockenen. Mit Ausnahme von Franziska. Die 13-jährige Gymnasiastin, die als Baby schon ins kalte Wasser geschmissen wurde, ist Mitglied im bayerischen Kader und darf in den Hallenbädern in Augsburg und Stadtbergen trainieren. Allerdings auch nicht in dem Umfang, den sie gewöhnlich betreibt. Um eine gute Schwimmerin zu werden, benötigt man neben einem athletischen Kör
Locker durch den Lockdown per, großen Füßen (Franziska hat Größe 43!) und langen Armen auch viel Trainingsfleiß. 25 bis 35 Kilometer spult die Schülerin pro Woche ab, verbringt Stunden im Wasser. „Nicht rumpritscheln, sondern quälen“, sagt ihre Mutter Tanja, die gleichzeitig auch ihre Trainerin ist. Hochinteressant sei es gewesen, im Hallenbad auf Synchronschwimmerinnen und Turmspringer zu treffen. „Da sind wir die langweiligsten von allen“, sagt Franziska. Auch beim Schwimmen, eigentlich ein Individualsport, fehlt die Gemeinschaft. „In der Gruppe würde man sich noch mehr pushen“, gibt Franziska zu.
Eine Trainingspartnerin wäre ihre Schwester Anna-Sophia. Doch die darf nicht ins Wasser. So hat die 15-Jährige, die ebenfalls das MariaWard-Gymnasium besucht, Zeit für ihre Musikinstrumente: Querflöte, Posaune und bald Klavier. Franziska spielt Oboe. Aus der Not haben die beiden eine Tugend gemacht.
Jetzt absolvieren sie zusammen Hometraining. Auch mal unter der Anleitung von Papa Roland, der als Starter eine Koryphäe ist. Der Abteilungsleiter der TSG Stadtbergen und Vizepräsident des Bayerischen Schwimm-Verbandes stand sogar auf der FINA-Liste der für die Olympischen Spiele in Tokio nominierten Kampfrichter. „Das ist vorbei“, sagt Kolb. Nicht nur, weil die Spiele aufgrund der Pandemie bekanntermaßen verlegt wurden. „Unter den fünf Nominierten aus Europa ist kein Deutscher“, berichtet Roland Kolb, für dessen Position als Starter insgesamt nur zwei Plätze zu vergeben waren. In Israel oder Malta will er bei großen Wettkämpfen wieder am Start sein.
Partnerübungen im gemeinsamen Haushalt
Bis dahin trainiert er mit seinen Töchtern, die eine Reihe von Partnerübungen präsentieren können, da sie ja aus einem gemeinsamen
Haushalt kommen. Man stellt sich Rücken an Rücken und nimmt einen Rucksack, den man mit Wasserflaschen füllen kann, und reicht ihn sich links und recht vom Körper weiter. Bei den Crunchies (Sit-ups) legt man parallel gegenüber, sodass die Hüften auf einer Höhe sind. Beim Hochgehen übergibt man eine Wasserflasche, die man als Gewicht vor der Brust hält, an den Partner. Im Unterarm-Stütz kann man einen Wettbewerb starten, wer länger durchhält. „Der Profi nimmt dabei den Rucksack mit den Wasserflaschen auf den Rücken“, lacht Roland Kolb. Nun legt sich ein Partner auf den Rücken und streckt die Beine nach oben, der andere steht hinter ihm und schubst die Beine kräftig nach unten, wo sie kurz über dem Boden aufgefangen werden. Das kräftigt die Bauchmuskulatur. „Alle Übungen wiederholt man drei- bis viermal – je nach Fitness“, bei den Kolb-Schwestern darf es auch ein bisschen mehr sein.