Augsburger Allgemeine (Land West)

Schwimmeri­nnen fehlt das Wasser

Locker im Lockdown Weil die Schwestern Franziska und Anna-Sophia Kolb derzeit nicht in gewohntem Umfang trainieren dürfen, müssen sie sich mit Trockenübu­ngen begnügen

- VON OLIVER REISER

Neusäß „Runter vom Sofa!“Für Amie gilt diese Aufforderu­ng nicht. Die elfjährige Labrador-Hündin kommt aus Altersgrün­den gar nicht mehr aufs Sofa hinauf. Trotzdem lässt es sich der Hund der Familie Kolb aus Neusäß nicht nehmen, die Fotos und Videoaufna­hmen beim gemeinsame­n Training der beiden schwimmend­en Schwestern Franziska und AnnaSophie zu schmücken. Obwohl sie schon eine ältere

Dame ist, lässt die sich mitten im Wohnzimmer nieder.

„Runter vom

Sofa!“– unter diesem Motto begleiten wir unserer Leserinnen und Leser, die im Lockdown seit Wochen jeden Abend im heimischen Wohnzimmer verbringen müssen. Jetzt wurden die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ein weiteres Mal verlängert.

Sehr zum Verdruss der vier Kolbs, die allesamt in der Schwimmabt­eilung der TSG Stadtberge­n aktiv sind. „Wir leiden alle. Jetzt wäre die Hauptwettk­ampfzeit und wir jedes Wochenende unterwegs“, sagt Mutter Tanja: „Doch es herrscht tote Hose.“Schon seit Monaten sitzen die Kolbs mehr oder weniger auf dem Trockenen. Mit Ausnahme von Franziska. Die 13-jährige Gymnasiast­in, die als Baby schon ins kalte Wasser geschmisse­n wurde, ist Mitglied im bayerische­n Kader und darf in den Hallenbäde­rn in Augsburg und Stadtberge­n trainieren. Allerdings auch nicht in dem Umfang, den sie gewöhnlich betreibt. Um eine gute Schwimmeri­n zu werden, benötigt man neben einem athletisch­en Kör

Locker durch den Lockdown per, großen Füßen (Franziska hat Größe 43!) und langen Armen auch viel Trainingsf­leiß. 25 bis 35 Kilometer spult die Schülerin pro Woche ab, verbringt Stunden im Wasser. „Nicht rumpritsch­eln, sondern quälen“, sagt ihre Mutter Tanja, die gleichzeit­ig auch ihre Trainerin ist. Hochintere­ssant sei es gewesen, im Hallenbad auf Synchronsc­hwimmerinn­en und Turmspring­er zu treffen. „Da sind wir die langweilig­sten von allen“, sagt Franziska. Auch beim Schwimmen, eigentlich ein Individual­sport, fehlt die Gemeinscha­ft. „In der Gruppe würde man sich noch mehr pushen“, gibt Franziska zu.

Eine Trainingsp­artnerin wäre ihre Schwester Anna-Sophia. Doch die darf nicht ins Wasser. So hat die 15-Jährige, die ebenfalls das MariaWard-Gymnasium besucht, Zeit für ihre Musikinstr­umente: Querflöte, Posaune und bald Klavier. Franziska spielt Oboe. Aus der Not haben die beiden eine Tugend gemacht.

Jetzt absolviere­n sie zusammen Hometraini­ng. Auch mal unter der Anleitung von Papa Roland, der als Starter eine Koryphäe ist. Der Abteilungs­leiter der TSG Stadtberge­n und Vizepräsid­ent des Bayerische­n Schwimm-Verbandes stand sogar auf der FINA-Liste der für die Olympische­n Spiele in Tokio nominierte­n Kampfricht­er. „Das ist vorbei“, sagt Kolb. Nicht nur, weil die Spiele aufgrund der Pandemie bekannterm­aßen verlegt wurden. „Unter den fünf Nominierte­n aus Europa ist kein Deutscher“, berichtet Roland Kolb, für dessen Position als Starter insgesamt nur zwei Plätze zu vergeben waren. In Israel oder Malta will er bei großen Wettkämpfe­n wieder am Start sein.

Partnerübu­ngen im gemeinsame­n Haushalt

Bis dahin trainiert er mit seinen Töchtern, die eine Reihe von Partnerübu­ngen präsentier­en können, da sie ja aus einem gemeinsame­n

Haushalt kommen. Man stellt sich Rücken an Rücken und nimmt einen Rucksack, den man mit Wasserflas­chen füllen kann, und reicht ihn sich links und recht vom Körper weiter. Bei den Crunchies (Sit-ups) legt man parallel gegenüber, sodass die Hüften auf einer Höhe sind. Beim Hochgehen übergibt man eine Wasserflas­che, die man als Gewicht vor der Brust hält, an den Partner. Im Unterarm-Stütz kann man einen Wettbewerb starten, wer länger durchhält. „Der Profi nimmt dabei den Rucksack mit den Wasserflas­chen auf den Rücken“, lacht Roland Kolb. Nun legt sich ein Partner auf den Rücken und streckt die Beine nach oben, der andere steht hinter ihm und schubst die Beine kräftig nach unten, wo sie kurz über dem Boden aufgefange­n werden. Das kräftigt die Bauchmusku­latur. „Alle Übungen wiederholt man drei- bis viermal – je nach Fitness“, bei den Kolb-Schwestern darf es auch ein bisschen mehr sein.

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Weil die Schwimmeri­nnen Anna‰Sophia und Franziska Kolb derzeit nicht in gewohntem Umfang trainieren können, müssen sie sich mit Trockenübu­ngen im heimischen Wohn‰ zimmer begnügen. Wasser gibt es dabei nur in der Flasche. Familienhu­nd Amie leistet ihnen Gesellscha­ft.
Fotos: Marcus Merk Weil die Schwimmeri­nnen Anna‰Sophia und Franziska Kolb derzeit nicht in gewohntem Umfang trainieren können, müssen sie sich mit Trockenübu­ngen im heimischen Wohn‰ zimmer begnügen. Wasser gibt es dabei nur in der Flasche. Familienhu­nd Amie leistet ihnen Gesellscha­ft.
 ??  ?? Startberei­t wäre die Schwimmer‰Familie Kolb aus Neusäß. Doch Mutter Tanja, die Schwestern Anna‰Sophia und Franziska und Vater Roland sitzen derzeit auf dem Tro‰ ckenen. Bis auf eine Ausnahme.
Startberei­t wäre die Schwimmer‰Familie Kolb aus Neusäß. Doch Mutter Tanja, die Schwestern Anna‰Sophia und Franziska und Vater Roland sitzen derzeit auf dem Tro‰ ckenen. Bis auf eine Ausnahme.

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