Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein kleiner Stich hilft Hund und Herr

Tiere Seit dem 20. Januar ist die Gersthofer Hündin Baileys allein unterwegs. Was ihre Besitzerin weiter unternimmt und warum Tiere gechippt werden sollten

- VON DIANA ZAPF‰DENIZ

Gersthofen Die Versuche, die am 20. Januar diesen Jahres entlaufene Hündin Baileys aus Gersthofen nach Hause zu bringen, halten die Besitzerin Judith Wittmann und ihr Team samt der K-9-Tiersuche München Oberbayern weiterhin in Atem. Baileys verursacht­e einen Polizeiein­satz vor zwei Wochen in Aystetten, hielt sich in Täfertinge­n auf, war Anfang der Woche nördlich von Gersthofen unterwegs und tingelt zwischenze­itlich sogar bis nach Augsburg und wieder zurück Richtung Gersthofen. „Wahrschein­lich treibt sie der Hunger in die Stadt“, vermutet Wittmann. Nach wie vor sind das Wichtigste die Sichtungen der Bevölkerun­g und deren sofortige Meldung an die Tasso-24-Stunden-Hotline 06190/937300 mit Durchgabe der Suchdienst­nummer S2552234.

Baileys ist gechippt. Würde die Hündin jemandem zulaufen und dieser würde sie zum Tierarzt bringen, könnte dieser den Chip auslesen und der Besitzerin zuordnen. Lisa-Marie Hasse von „Active Asics“kommt aus Gablingen und ist die Züchterin von Baileys. „Wir alle, meine ganze Familie, denken Tag und Nacht an Baileys.“Sie betreibt seit 2016 die Zucht der Nova Scotia Duck Tolling Retriever Hunde, die kurz einfach „Toller“genannt werden und die Kleinsten unter den sechs Retrieverr­assen sind. „Wir übernehmen das Chippen noch, bevor wir die Welpen an ihre neuen Besitzer abgeben“, berichtet Hasse. „Wir züchten unter den strengen Auflagen des Deutschen Retriever Clubs, der dem Verband für das Deutsche Hundewesen und der Fédération Cynologiqu­e Internatio­nale angeschlos­sen ist“, betont sie. Das bedeutet, dass bei ihnen die Tiere nur geimpft, entwurmt und gechippt abgegeben werden dürfen. „Die Registrier­ung bei Tasso macht aus Datenschut­zgründen der neue Hundehalte­r selbst.“Tasso ist eine Tierschutz­organisati­on, die das Haustierze­ntralregis­ter in Deutschlan­d betreibt. Die Registrier­ung dort ist kostenlos. Tasso agiert weltweit und bringt, nach eigenen Angaben, alle sechs Minuten ein Tier zurück. Über neun Millionen Tiere sind durch eine Registrier­ung dort geschützt.

Der Chip ist etwa zwölf Millimeter lang und zwei Millimeter breit. Darin enthalten ist eine 15-stellige Identifika­tionsnumme­r, die weltweit einmalig ist. Erst durch das Lesegerät fängt der sonst passive Chip an, die Daten zu übertragen. In Bayern gibt es für Hunde nur dann eine Kennzeichn­ungspflich­t, wenn sie als gefährlich eingestuft werden.

Sabine Lentz hat ihre Tierarztpr­axis seit Dezember 2018 im B-2-Gewerbepar­k in Gersthofen. Sie hält das Kennzeichn­en der Haustiere für sehr wichtig. „Das Chippen ist im Rahmen des Tierschutz­es sehr sinnvoll“, rät die Tierärztin. „Wir als Tierärzte und auch die Tierschutz­vereine sind immer dran an dem Gesetzesen­twurf einer Kastration­sund Chippflich­t. Denn nur so können wir wilde Population­en eindämmen und gefundene Tiere zuordnen.“Im Ausland sei der Chip oft Pflicht, ebenso im internatio­nalen Reiseverke­hr. Seit 2004 gibt es für Reisen mit Haustieren innerhalb der Europäisch­en Union den Heimtierau­sweis. Hier sind insbesonde­re die Tollwutimp­fung und die Chipnummer Pflicht. Auch Tiere, die aus dem Ausland nach Deutschlan­d einoder zurückreis­en, müssen einen Transponde­r implantier­t haben.

„Es ist internatio­nal geregelt, dass der Chip an der linken Halsseite angebracht wird“, erklärt Lentz. Dieser könne auch mal verrutsche­n, sodass Tiere großzügig mit dem Lesegerät abgesucht werden. Wenn jemand mit seinem Tier zu ihr neu in die Praxis kommt, schaut sie stets, ob das Tier einen Chip hat und auch registrier­t ist. „Manche lassen ihr Heimtier zwar chippen, aber haben vergessen, es registrier­en zu lassen.“Das ergebe natürlich wenig Sinn. Manche Fundtierbe­sitzer haben Angst, dass ihnen ein zugelaufen­es Tier wieder weggenomme­n wird. Das könne durchaus passieren. Hat man den Familienzu­wachs jedoch schon lange und wusste nicht, dass das Tier jemandem gehört, könne man sich oftmals mit den Vorbesitze­rn einigen. Immerhin ist jeder

Heimtierbe­sitzer froh, wenn er weiß, dass es seinem entlaufene­n Liebling gut geht. Finder sind gesetzlich zu einer Fundanzeig­e bei ihrer Ordnungsbe­hörde verpflicht­et.

„Das Chippen ist überhaupt nicht schlimm und nahezu schmerzfre­i für die Tiere. Mit einem Applikator und einer sehr scharfen Nadel wird der Chip eingeführt. Bei empfindlic­hen und unruhigen Tieren kann man das auch mit der Kastration unter Narkose mitmachen.“Der Chip in der Größe eines Reiskorns sitzt locker unter der Haut des Tieres und ist dort mittels eines Geräts lebenslang lesbar. „Tattoos mache ich überhaupt nicht mehr, denn die sind manchmal nach nur wenigen Jahren verblasst.“

Lentz kennt einen weiteren Vorteil für Katzen: „Es gibt programmie­rbare Katzenklap­pen, die nur die eigene Katze ins Haus lassen.“Orten könne man die gekennzeic­hneten Tiere jedoch nicht. „Dafür gibt es inzwischen GPS Halsbänder“, so Lentz. Die Kosten für das Chippen belaufen sich je nach Tierarztsa­tz zwischen 40 und 60 Euro.

 ?? Foto: Diana Zapf‰Deniz ?? Tierärztin Sabine Lentz (rechts) demonstrie­rt an ihrem Hund Bubu das Chippen. Fachangest­ellte Martina Mertl hält ihn fest. Bubu macht seinen Job als Model hervorrage­nd, denn er ist natürlich längst gechipt.
Foto: Diana Zapf‰Deniz Tierärztin Sabine Lentz (rechts) demonstrie­rt an ihrem Hund Bubu das Chippen. Fachangest­ellte Martina Mertl hält ihn fest. Bubu macht seinen Job als Model hervorrage­nd, denn er ist natürlich längst gechipt.

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