Augsburger Allgemeine (Land West)
Bayern und Bravehearts
Ihre Fahne ist weiß-blau, ihre traditionelle Männerbekleidung ungewöhnlich und sie benutzen zur Herstellung ihrer Lieblingsgetränke dieselben Grundzutaten. Doch das sind längst nicht alle Gemeinsamkeiten zwischen Bayern und Schotten. Ihre Seelenverwandtschaft, deren tiefste Wurzeln vielleicht sogar im Keltischen gesucht werden können, zeigt sich in immer neuen Ausprägungen – aktuell im Mitgefühl der bayerischen Landtagsabgeordneten von CSU und Freien Wählern mit ihren nach Unabhängigkeit strebenden Kollegen im schottischen Parlament. Dass die Schottische Nationalpartei, die den Kampf um die Unabhängigkeit von Großbritannien nach dem Brexit mit neuem Schwung vorantreibt, politisch als linksliberal gilt, stört da nicht weiter.
Den bayerischen Regierungsparteien jedenfalls ist die enge Verbindung mit den Schotten einen eigenen Antrag im Landtag wert. Da ist viel von Freundschaft, Zusammenarbeit, Partnerschaft und parlamentarischem Austausch die Rede und dass das alles weiter gestärkt, vertieft und bereichert werden soll. Sogar eine schottische Parlamentarierin wird in der Sitzung des Europaausschusses an diesem Dienstag zugeschaltet.
Hinter der Begeisterung der konservativen Bayern für die linken „Bravehearts“darf mehr vermutet werden als das übliche Bemühen, regionale Partnerschaften in aller Welt zu pflegen, um wirtschaftliche Beziehungen oder die Zusammenarbeit von Hochschulen zu fördern. Ganz tief in ihrem Herzen ist es die urwüchsige Widerständigkeit gegen eine ungeliebte Zentralmacht, die Bayern und Schotten verbindet. Nur laut sagen darf das halt keiner.