Augsburger Allgemeine (Land West)
Schule braucht guten Willen
In Altenmünster sind alle Grundschulkinder im Präsenzunterricht – im richtigen Abstand
Zu Recht kann Bürgermeister Florian Mair im Namen aller Beteiligten stolz darauf sein, was in Altenmünster für die Schulkinder und ihre Familien auf die Beine gestellt wurde. Mit viel technischem und freiwilligem Einsatz gelingt es dort, zumindest unter den derzeitigen Gegebenheiten, gerechten Unterricht für alle zu organisieren. Sicher, Altenmünster ist eine kleine Gemeinde, und es geht „nur“um acht Klassen. Am Anfang stehen aber doch die Idee und der Wille, sich als Gemeinde überhaupt auf diese Weise für die Schule einzusetzen. Und da kann Altenmünster durchaus als Vorbild gelten. Anstrengend wird die Situation allerdings weiter für die Lehrkräfte bleiben. Einen Teil der Klasse vor sich zu haben und den anderen nur über den Bildschirm zu sehen, ist anspruchsvoll. Aber das wäre auch der Unterricht in einer geteilten Klasse, wenn ein Teil zu Hause bleiben müsste. Was die Pandemie für die Schulen in den nächsten Wochen noch bringt, ist freilich unklar. Toll für alle wäre aber, wenn es den jeweiligen Schulen gelingen könnte, zumindest die Abschlussklassen für die nächsten Wochen in ähnlichen Modellen vollständig zurück in den Präsenzunterricht zu bringen. Vielleicht steht ja das eine oder andere Vereinshaus noch leer oder eine Turnhalle. »
Altenmünster Rufe und Lachen auf dem Schulhof, dazu eine aufgeregte Stimmung – so müsse sich Schule anhören, ist die Meinung der Lehrerinnen der Grundschule in Altenmünster. Und so habe es sich am Montag, dem ersten Schultag nach zwei Monaten, auch wieder angehört, berichtet Schulleiterin Ute Wiedemann. Mit einem ausgeklügelten Konzept ist es in der Gemeinde gelungen, alle 175 Kinder der acht Grundschulklassen gleichzeitig in den Präsenzunterricht zurückzuholen. Allein hätte die Schule das aber nie geschafft, ist die Schulleiterin sicher.
Seit Montag, 22. Februar, sind die Türen der Schulen in Bayern generell für einige Klassenstufen geöffnet. Dazu gehören alle Grundschulklassen sowie die entsprechenden Jahrgangsstufen an Förderzentren und die Abschlussklassen der Mittel- und Realschulen. Schon seit ein paar Wochen sind die Abiturienten zurück in den Klassenräumen. Allerdings gilt für alle: Der Mindestabstand von 1,5 Metern muss eingehalten werden können, sollen alle Kinder und Jugendlichen gleichzeitig in Präsenz unterrichtet werden. Wo das nicht möglich ist, müssen die Klassen geteilt werden. In Altenmünster wollte man es deshalb anders machen. Die allermeisten Grund- und Mittelschulen im Landkreis Augsburg unterrichten aktuell im Wechselmodell oder einem gemischten Modell aus Präsenzund Wechselunterricht, so Schulamtsleiter Thomas Adleff.
Eltern, Ehrenamtliche, die Vereine der Gemeinde und freilich Bürgermeister Florian Mair – sie alle stehen hinter dem Projekt. Und angefangen hätten die Planungen tatsächlich bereits im Juli 2020, als sich die Bürgermeister aus der Region und Schulvertreter getroffen hätten, um über die Situation für den Unterricht der folgenden Monate zu sprechen. Bereits damals sei für den Bürgermeister klar gewesen, dass ein Wechselunterricht nicht fair den Familien gegenüber sei, berichtet Ute Wiedemann. „Schule sollte für alle möglich sein“, sagt sie. Zwei Dinge waren dazu nötig: Ausreichend Platz sowie genügend Betreuungskräfte.
Und so standen am Anfang Gespräche mit den Vereinen. Denn unterrichtet wird in Altenmünster jetzt nicht nur in der Schule, sondern auch im Sportheim, in der Alten Schule in Neumünster und im Gemeinschaftshaus in Hennhofen. Dort ist im Moment nicht sehr viel los: Vereine sind schließlich im Lockdown. „Es ist gut, wenn die Räumlichkeiten kreativ und anders genutzt werden“, so Bürgermeister Florian Mair im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Die Vereine hätten sich gern bereit erklärt, der Schule zu helfen. Seit November wurde einerseits daran gearbeitet, die Räume dort entsprechend auszustatten. Sie verfügen nun über Notebooks, Beamer und Dokumentenkameras, um den Unterricht aus den Klassenzimmern der Schule zu übertragen. Auch dort wurde entsprechend technisch aufgerüstet. „Das war schon ein großer Aufwand“, so Ute Wiedemann.
Auf der anderen Seite gab es da aber noch das Problem mit dem Aufsichtspersonal in den geteilten Klassen. Schließlich kann die Klassenleitung immer nur bei einem Teil der Klasse präsent sein. Ehrenamtliche, vor allem aus der Elternschaft, hätten diese Aufgaben übernommen. In einem Schreiben des Kultusministeriums aus der vergangenen Woche werden die Schulen aufgefordert, genau solche Kräfte zu aktivieren. Prompt hatte der Verband der Schulleitungen geantwortet, so etwas könne man nicht so schnell organisieren. Auch Ute Wiedemann sagt: In Altenmünster ist bereits im November mit den Vorbereitungen für die Freiwilligen begonnen worden. Nötige Impfzeugnisse, etwa für Masern, oder ein polizeiliches Führungszeugnis mussten schließlich alle vorlegen. Außerdem war da noch die technische Einarbeitung.
Und ganz am Ende war da noch die Organisation, um alle Kinder zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben. Eine dritte Klasse und zwei vierte Klassen sind in die Vereinshäuser ausgelagert. „Wir haben jetzt einen gestaffelten Unterrichtsbeginn. Die Erst- und Zweitklässler fangen um 8 Uhr in der Schule in Altenmünster an, die dritten und vierten Klassen um 8.45 Uhr“, so Ute Wiedemann. Da viele Kinder aus den neun Ortsteilen ohnehin mit dem Schulbus kommen, fahren die Schulbusse die älteren Grundschüler ab 8 Uhr von der Schule zu ihren jeweiligen Unterrichtsräumen. „Wir sind stolz auf das, was wir geschafft haben“, so der Bürgermeister im Radio-Interview. Nicht allein die Abstandsregeln und auch das Tragen von Masken sollen helfen, den Hygienerahmenplan für die Schulen einzuhalten. Lehrkräfte, die im Landkreis Augsburg unterrichten, können sich zudem zweimal in der Woche im Testzentrum in Hirblingen oder beim Roten Kreuz in Zusmarshausen nach vorheriger Anmeldung mit einem Schnelltest kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Davon hätten an den ersten zwei Testtagen bereits rund 150 Lehrkräfte Gebrauch gemacht, so Landratsamtssprecher Jens Reitlinger.