Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie Gastronomen die Krise meistern
Sie haben es gewagt und mitten in der Krise eröffnet: Zwei Wirte aus dem Landkreis erzählen, wie sie das Corona-Jahr erlebt haben und wie sie die Krise trotz aller Ängste stärker gemacht hat
Landkreis Augsburg Hätte man Torsten Ludwig vor einem Jahr erzählt, dass er sein Essen aus einem Foodtruck heraus verkauft, hätte er ungläubig den Kopf geschüttelt. Seine Vorstellung sah anders aus: Im neuen Restaurant Hopfengarten hätte er gestanden und die Gäste bewirtet. Doch an ein „hätte“oder „was wäre, wenn“denkt er nicht. „Das Einzige, was hilft, ist nach vorne zu schauen“, sagt Ludwig.
Im Frühjahr 2020 hatte er den Pachtvertrag für den Stadtberger Bürgersaal und das angeschlossene Restaurant unterschrieben. Es sollte ein zweites Standbein werden – seit vier Jahren betreibt Ludwig mit seinem Kollegen Gerd Kalkhoff das Restaurant Tafeldecker in der Augsburger Fuggerei. Doch die Corona-Krise machte den beiden Wirten einen Strich durch die Rechnung.
Wegen des Lockdowns blieben Gastraum und Veranstaltungssaal in Stadtbergen leer. Erst im Sommer saßen die ersten Gäste auf der Terrasse im Hopfengarten. „Jeder Anfang ist schwer, aber im Herbst waren wir ganz zufrieden“, sagt Ludwig. Im Augsburger Lokal war zwar auch weniger los, aber die Wirte sahen es positiv. Denn so konnten sie ihre Mitarbeiter auf beide Standorte verteilen und mussten niemanden in Kurzarbeit schicken.
Doch mit dem zweiten Lockdown im November änderte sich die Situation. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass er so schnell kommt und so lange dauert“, sagt Ludwig. „Anfangs waren wir in einer Art Schockstarre und ziemlich niedergeschlagen.“Von den rund 45 Mitarbeitern konnten sie nur die 15 Festangestellten behalten. „Es war nicht einfach“, sagt Ludwig.
An Aufgeben dachten die beiden Wirte aber keineswegs. Sie feilten an einem Konzept, das ihnen durch die Krise helfen und langfristig nutzen sollte. Ihre Idee: Ein Foodtruck, mit dem sie ihr Essen außerhalb ihrer Restaurants verkaufen können. In Eigenregie bauten sie einen Hänger um. „Zeit hatten wir ja“, sagt Ludwig. Seit Januar sind sie nun mit ihrem Imbisswagen in Augsburg und Neusäß unterwegs und wollen ihn auch nach der Krise betreiben.
Im neuen Restaurant Hopfengarten in Stadtbergen dagegen läuft der Betrieb nur langsam an. Denn Ludwig sagt: „Wirtschaftlich macht es keinen Sinn, in beiden Restaurants zu kochen.“Ihre Maultaschen und bayerischen Tapas liefern sie vorerst nur aus Augsburg.
Wie Ludwig auf das Corona-Jahr blickt? „Es war ein ständiges Auf und Ab. Es gab deprimierende Tage, aber wir haben die Zeit auch sinnvoll genutzt und an neuen Rezepten getüftelt.“Zu jedem Neustart gehöre eine Portion Kreativität und Optimismus.
Aber das allein reicht nicht, denn finanziell gesehen sagt der Wirt: „Das Jahr 2020 wird uns einiges kosten. Ohne staatliche Hilfen würde es nicht gehen.“
Noch ist von einer Öffnung der Gastronomie keine Rede, doch die Aussicht auf den Sommer stimmt Ludwig optimistisch. Sein Credo: Ein paar Wochen durchhalten, dann kann er vielleicht wieder Gäste im neuen Restaurant bewirten.
Darauf hofft auch Sabrina Kaiser, diemitten im Corona-Sommer ein kleines Café in Horgau eröffnete. Ihr großer Traum, wie sie sagt. Die Pandemie war anfangs Nebensache, als Chefin im eigenen Laden hatte sie andere Sorgen: den Ton angeben, neue Mitarbeiter einlernen, abrechnen, buchführen. „Es war viel am Anfang“, sagt die 31-Jährige. Wenig Zeit, über einen Lockdown nachzudenken.
Umso härter traf er sie im November. Zwar bot Kaiser schon vorher Kaffee und Kuchen zum Mitnehmen an. Anfangs sei es auch gut gelaufen, denn jeder wollte helfen, sagt die 31-Jährige. Aber in der Weihnachtszeit blieben die Kunden aus. Mit kreativen Angeboten versuchte sie gegenzusteuern. Doch die Umsätze brachen ein. Die staatlichen Hilfen reichten, um die laufenden Kosten zu decken, nicht aber, um ihre Mitarbeiterin weiter zu bezahlen. Momentan steht die 31-Jährige allein im Café.
Was sie frustriert: „Mir macht die Arbeit Spaß, und ich stecke viel Energie rein. Es ist schrecklich, wenn nur tröpfchenweise Kunden reinkommen.“Auch die Ungewissheit macht Kaiser zu schaffen. „Nicht zu wissen, wann ich wieder öffnen kann, zehrt an den Nerven“, sagt die gelernte Bäckerin, Konditorin und Hotelfachfrau.
Zwei Jahre hatte sie ihr kleines Sabs Café in Horgau geplant – vom Konzept über die Inneneinrichtung bis zur Speisekarte. Ihre Liebe zu New York spiegelt sich darin wider. An den Wänden hängen Filmplakate, in der Vitrine reihen sich Cheesecake, Cupcake und Brownies aneinander. Inzwischen bietet sie auch kleine Mittagsgerichte zum Mitnehmen an.
Der coronabedingte Lockdown hat ihr den Start erschwert, aber sie sieht es auch positiv. „Ich habe die Zeit genutzt, um einiges zu optimieren“, sagt Kaiser. „Durch den Lockdown habe ich manche Fehler schneller erkannt.“Ihre größte Angst: eine dritte Welle und eine erneute Schließung. Doch daran denkt sie jetzt nicht. Denn mit dem schönen Wetter kommen mehr Kunden. Und in einem ist sich Kaiser sicher: „Das Café ist mein Traum. Den lasse ich mir von Corona nicht nehmen.“