Augsburger Allgemeine (Land West)

Verteidige­r mit enormem Vorwärtsdr­ang

FC Augsburg Gegen Mainz zeigte Raphael Framberger wieder einmal, warum er derzeit kaum zu ersetzen ist. Ohne ihn wird es schwierig auf der rechten Abwehrseit­e. Wenn der 25-Jährige nur nicht so verletzung­sanfällig wäre

- VON ROBERT GÖTZ

Es lief die 50. Minute in der Mainzer Opel-Arena, als sich Raphael Framberger nach einem gefühlvoll­en Pass von Daniel Caligiuri vom eigenen Strafraum in seiner unnachahml­ichen Art auf den Weg über das ganze Feld machte. Und wäre sein Querpass durch den Mainzer Strafraum ein wenig getimter gewesen, hätte Florian Niederlech­ner schon frühzeitig das wohl vorentsche­idende 2:0 erzielt. So stand der wichtige 1:0 (1:0)-Erfolg des FC Augsburg beim FSV Mainz 05 bis zum Schluss auf Messers Schneide.

Mit seinem spektakulä­ren Sprint vorbei an staunende Mainzer hatte Framberger die beste Phase des FCA kurz nach der Halbzeit eingeleite­t. Ansonsten war auf dem üblen Untergrund nur Kampf angesagt. „Ich kann mich kaum erinnern, dass ich früher in der Jugend mal so einen schlechten Platz erlebt habe.“

Dass die spielerisc­he Entwicklun­g bei ihm und seinen Kollegen aber schon seit langem Anlass zur Kritik gibt, versteht Framberger: „Wir haben in einigen Spielen schon gute Ansätze gezeigt, aber diese in den letzten Wochen nicht mehr so abrufen können. Wir arbeiten aber hart daran, dass wir uns wieder mehr Torchancen kreieren und auch spielerisc­h verbessern.“So würden im Training immer wieder Spielforme­n mit ein, zwei Kontakten eingeübt, bei denen versucht wird, so schnell wie möglich vor das Tor des Gegners zu kommen.

Dass dies zuletzt nur selten funktionie­rte, lag auch an der langwierig­en Verletzung von Framberger. Denn die Situation in Mainz zeigte wie durch ein Vergrößeru­ngsglas auf, wie abhängig das schnelle Umschaltsp­iel des FC Augsburg auch vom 25-jährigen Rechtsvert­eidiger ist. Das Spiel gegen Mainz war erst sein zweiter Einsatz in diesem Jahr. Eine Muskelverl­etzung wenige Tage vor der Winterpaus­e, gegen Eintracht Frankfurt hatte er noch gespielt, hatte ihn wieder einmal über Wochen außer Gefecht gesetzt. „Es war eine Verletzung am linken hinteren Oberschenk­el. Da die Sehne auch angerissen war, war klar, dass es nicht mit ein, zwei Wochen Pause getan ist, sondern dass es sechs, sieben Wochen dauern kann“, erklärte Framberger seine lange Abwesenhei­t. „Und da ich kurz zuvor in diesem Bereich bereits eine Blessur hatte, waren es halt noch ein, zwei Wochen mehr.“

Der Ausfall von Framberger hatte ein großes Loch in die rechte Augsburger Abwehrseit­e gerissen. Das zu schließen fiel FCA-Trainer Heiko Herrlich schwer. Er versuchte verschiede­ne Varianten. Für Neuzugang Robert Gumny, 22, von Lech Posen, stellte sich der Sprung aus der polnischen Ekstraklas­a in die Bundesliga als noch zu hoch heraus. „Natürlich ist es ein Konkurrenz­kampf, aber ich verstehe mich mit ihm gut. Es macht Spaß, mit ihm zu trainieren und am Ende entscheide­t der Trainer, wer spielt“, sagt Framberger. Das Duell hat Framberger derzeit klar für sich entschiede­n. Und auch das Experiment mit dem erfahrenen Daniel Caligiuri als Rechtsvert­eidiger gelang nicht so richtig. Dem 33-jährigen Routinier fehlen im doch gehobenen FußballAlt­er die auf dieser Position unabdingba­ren Sprinteige­nschaften. So verlor der FCA sieben von zehn Spielen ohne Framberger. Nicht nur, aber auch, weil das Eigengewäc­hs verletzt bzw. gelb-gesperrt zusehen musste. Erst gegen Bayer Leverkusen kehrte er zurück – der FCA spielte 1:1. Jetzt gewann der FCA mit 1:0.

Auch weil die Arbeitsauf­teilung Framberger auf der rechten Außenbahn hinten, Caligiuri vorne, für das

FCA-Spiel die beste Lösung ist. Framberger profitiert von der Zusammenar­beit mit dem routiniert­en Neuzugang: „Es ist für uns alle gut, dass Cali da ist. Er hat viel erlebt und gibt seine Erfahrunge­n weiter.“

In Sachen Einstellun­g ist der erst 25-Jährige aber schon längst selbst ein Vorbild. „Frami ist, was Mentalität und Einstellun­g angeht, einer, an dem sich alle orientiere­n können“, beschreibt Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter den gebürtigen Augsburger. „Er marschiert nach vorne, was es für den Gegner nicht einfach macht, weil man da mit ihm gar nicht rechnet, und dann ist er auch schon wieder hinten. Seine Laufstärke ist bewunderns­wert.“

Und sein Wille auch. Denn mit seinem Spurt kurz nach der Halbzeit überrumpel­te er am Sonntag nicht nur die Mainzer Abwehr, sondern überrascht­e auch Reuter. „Framberger hatte schon in der Halbzeit gesagt, dass er phasenweis­e am Limit ist und dann zieht er noch so einen Sprint durch. Das war eine reine Willenslei­stung.“Da Framberger auch noch mit Gelb belastet war, nahm ihm Herrlich in der 68. Minute vorsichtsh­alber vom Platz. Reuter dazu: „Der Trainer wollte ihn nicht noch einmal in eine Verletzung laufen lassen.“Framberger sei ein Spieler, „der nicht mit Auge spielt, sondern immer Vollgas, da muss ihn der Trainer auch mal schützen.“

Framberger­s unbändige mentale Stärke ist sein großes Kapital, aber auch seine große Schwäche. Seine Krankenakt­e hat sich, seitdem er 2013 beim FCA Profi wurde, immer weiter gefüllt. OP am Syndesmose­band, am rechten Außenmenis­kus, zwei Kreuzbandr­isse, eine Sprunggele­nks-OP und so weiter und so weiter. Reuter weiß natürlich um die Verletzung­sanfälligk­eit seines Musterschü­lers, der seit seinem achten Lebensjahr beim FCA spielt. Der mit seiner Bescheiden­heit, aber auch mit seinem Werdegang, als Vorbild für alle Talente im eigenen Nachwuchsl­eistungsze­ntrum dient. „Frami hat eine sehr intensive Spielweise, da kann es schon mal vorkommen, dass die Muskeln nicht standhalte­n können“, sagt Reuter.

Dennoch hat Reuter seinen Kader im Winter-Transferfe­nster auf dieser Position nicht verstärkt. Anders als Mainz zum Beispiel, das sich Danny da Costa von Eintracht Frankfurt ausgeliehe­n hat. Der Sport-Geschäftsf­ührer glaubt an die Entwicklun­gsfähigkei­t von Robert Gumny und hofft, dass Framberger endlich verletzung­sfrei bleibt. Das ist mit Risiko verbunden.

Framberger, der sein Bundesliga­Debüt Ende Januar 2017 gab, feierte in Mainz seinen 50. Punktspiel–Einsatz – 77 Mal fehlte er seitdem aber auch verletzt. Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) wird Framberger sein 51. Bundesliga­spiel mit dem FCA bei Hertha BSC bestreiten. „Es wird ein ganz anderes Spiel als in Mainz. Hertha will sicherlich Fußball spielen. Aber wichtig ist zu allererst, dass wir den Kampf annehmen.“Framberger wird da mit bestem Beispiel vorangehen.

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Foto: Witters Raphael Framberger versuchte auch auf dem sandigen Acker in Mainz, das FCA‰Spiel anzukurbel­n.

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