Augsburger Allgemeine (Land West)
Verteidiger mit enormem Vorwärtsdrang
FC Augsburg Gegen Mainz zeigte Raphael Framberger wieder einmal, warum er derzeit kaum zu ersetzen ist. Ohne ihn wird es schwierig auf der rechten Abwehrseite. Wenn der 25-Jährige nur nicht so verletzungsanfällig wäre
Es lief die 50. Minute in der Mainzer Opel-Arena, als sich Raphael Framberger nach einem gefühlvollen Pass von Daniel Caligiuri vom eigenen Strafraum in seiner unnachahmlichen Art auf den Weg über das ganze Feld machte. Und wäre sein Querpass durch den Mainzer Strafraum ein wenig getimter gewesen, hätte Florian Niederlechner schon frühzeitig das wohl vorentscheidende 2:0 erzielt. So stand der wichtige 1:0 (1:0)-Erfolg des FC Augsburg beim FSV Mainz 05 bis zum Schluss auf Messers Schneide.
Mit seinem spektakulären Sprint vorbei an staunende Mainzer hatte Framberger die beste Phase des FCA kurz nach der Halbzeit eingeleitet. Ansonsten war auf dem üblen Untergrund nur Kampf angesagt. „Ich kann mich kaum erinnern, dass ich früher in der Jugend mal so einen schlechten Platz erlebt habe.“
Dass die spielerische Entwicklung bei ihm und seinen Kollegen aber schon seit langem Anlass zur Kritik gibt, versteht Framberger: „Wir haben in einigen Spielen schon gute Ansätze gezeigt, aber diese in den letzten Wochen nicht mehr so abrufen können. Wir arbeiten aber hart daran, dass wir uns wieder mehr Torchancen kreieren und auch spielerisch verbessern.“So würden im Training immer wieder Spielformen mit ein, zwei Kontakten eingeübt, bei denen versucht wird, so schnell wie möglich vor das Tor des Gegners zu kommen.
Dass dies zuletzt nur selten funktionierte, lag auch an der langwierigen Verletzung von Framberger. Denn die Situation in Mainz zeigte wie durch ein Vergrößerungsglas auf, wie abhängig das schnelle Umschaltspiel des FC Augsburg auch vom 25-jährigen Rechtsverteidiger ist. Das Spiel gegen Mainz war erst sein zweiter Einsatz in diesem Jahr. Eine Muskelverletzung wenige Tage vor der Winterpause, gegen Eintracht Frankfurt hatte er noch gespielt, hatte ihn wieder einmal über Wochen außer Gefecht gesetzt. „Es war eine Verletzung am linken hinteren Oberschenkel. Da die Sehne auch angerissen war, war klar, dass es nicht mit ein, zwei Wochen Pause getan ist, sondern dass es sechs, sieben Wochen dauern kann“, erklärte Framberger seine lange Abwesenheit. „Und da ich kurz zuvor in diesem Bereich bereits eine Blessur hatte, waren es halt noch ein, zwei Wochen mehr.“
Der Ausfall von Framberger hatte ein großes Loch in die rechte Augsburger Abwehrseite gerissen. Das zu schließen fiel FCA-Trainer Heiko Herrlich schwer. Er versuchte verschiedene Varianten. Für Neuzugang Robert Gumny, 22, von Lech Posen, stellte sich der Sprung aus der polnischen Ekstraklasa in die Bundesliga als noch zu hoch heraus. „Natürlich ist es ein Konkurrenzkampf, aber ich verstehe mich mit ihm gut. Es macht Spaß, mit ihm zu trainieren und am Ende entscheidet der Trainer, wer spielt“, sagt Framberger. Das Duell hat Framberger derzeit klar für sich entschieden. Und auch das Experiment mit dem erfahrenen Daniel Caligiuri als Rechtsverteidiger gelang nicht so richtig. Dem 33-jährigen Routinier fehlen im doch gehobenen FußballAlter die auf dieser Position unabdingbaren Sprinteigenschaften. So verlor der FCA sieben von zehn Spielen ohne Framberger. Nicht nur, aber auch, weil das Eigengewächs verletzt bzw. gelb-gesperrt zusehen musste. Erst gegen Bayer Leverkusen kehrte er zurück – der FCA spielte 1:1. Jetzt gewann der FCA mit 1:0.
Auch weil die Arbeitsaufteilung Framberger auf der rechten Außenbahn hinten, Caligiuri vorne, für das
FCA-Spiel die beste Lösung ist. Framberger profitiert von der Zusammenarbeit mit dem routinierten Neuzugang: „Es ist für uns alle gut, dass Cali da ist. Er hat viel erlebt und gibt seine Erfahrungen weiter.“
In Sachen Einstellung ist der erst 25-Jährige aber schon längst selbst ein Vorbild. „Frami ist, was Mentalität und Einstellung angeht, einer, an dem sich alle orientieren können“, beschreibt Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter den gebürtigen Augsburger. „Er marschiert nach vorne, was es für den Gegner nicht einfach macht, weil man da mit ihm gar nicht rechnet, und dann ist er auch schon wieder hinten. Seine Laufstärke ist bewundernswert.“
Und sein Wille auch. Denn mit seinem Spurt kurz nach der Halbzeit überrumpelte er am Sonntag nicht nur die Mainzer Abwehr, sondern überraschte auch Reuter. „Framberger hatte schon in der Halbzeit gesagt, dass er phasenweise am Limit ist und dann zieht er noch so einen Sprint durch. Das war eine reine Willensleistung.“Da Framberger auch noch mit Gelb belastet war, nahm ihm Herrlich in der 68. Minute vorsichtshalber vom Platz. Reuter dazu: „Der Trainer wollte ihn nicht noch einmal in eine Verletzung laufen lassen.“Framberger sei ein Spieler, „der nicht mit Auge spielt, sondern immer Vollgas, da muss ihn der Trainer auch mal schützen.“
Frambergers unbändige mentale Stärke ist sein großes Kapital, aber auch seine große Schwäche. Seine Krankenakte hat sich, seitdem er 2013 beim FCA Profi wurde, immer weiter gefüllt. OP am Syndesmoseband, am rechten Außenmeniskus, zwei Kreuzbandrisse, eine Sprunggelenks-OP und so weiter und so weiter. Reuter weiß natürlich um die Verletzungsanfälligkeit seines Musterschülers, der seit seinem achten Lebensjahr beim FCA spielt. Der mit seiner Bescheidenheit, aber auch mit seinem Werdegang, als Vorbild für alle Talente im eigenen Nachwuchsleistungszentrum dient. „Frami hat eine sehr intensive Spielweise, da kann es schon mal vorkommen, dass die Muskeln nicht standhalten können“, sagt Reuter.
Dennoch hat Reuter seinen Kader im Winter-Transferfenster auf dieser Position nicht verstärkt. Anders als Mainz zum Beispiel, das sich Danny da Costa von Eintracht Frankfurt ausgeliehen hat. Der Sport-Geschäftsführer glaubt an die Entwicklungsfähigkeit von Robert Gumny und hofft, dass Framberger endlich verletzungsfrei bleibt. Das ist mit Risiko verbunden.
Framberger, der sein BundesligaDebüt Ende Januar 2017 gab, feierte in Mainz seinen 50. Punktspiel–Einsatz – 77 Mal fehlte er seitdem aber auch verletzt. Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) wird Framberger sein 51. Bundesligaspiel mit dem FCA bei Hertha BSC bestreiten. „Es wird ein ganz anderes Spiel als in Mainz. Hertha will sicherlich Fußball spielen. Aber wichtig ist zu allererst, dass wir den Kampf annehmen.“Framberger wird da mit bestem Beispiel vorangehen.