Augsburger Allgemeine (Land West)

„Ich würde es jederzeit wieder tun“

Gesundheit Augsburger berichten von ihrer Corona-Impfung – und auch von den Nebenwirku­ngen. Der Ärztliche Leiter des Impfzentru­ms sagt, man solle nicht aus Angst vor Begleiters­cheinungen auf die Spritze verzichten

- VON FRIDTJOF ATTERDAL UND INA MARKS

Und plötzlich ging es mit dem Impftermin schneller als gedacht. Mittwoch vergangene Woche bekam Katharina Ferstl eine Nachricht auf das Handy geschickt, sie könne sich am nächsten Tag im Augsburger Impfzentru­m impfen lassen. Anfang des Jahres hatte die 40-jährige Mitinhaber­in des Modehauses Jung ihre Mutter beim Bayerische­n Impfzentru­m registrier­t und sich selbst auch gleich angemeldet. Nun hat die Unternehme­rin ihre erste Impfung mit dem Wirkstoff des Hersteller­s AstraZenec­a hinter sich und war überrascht von den Nebenersch­einungen. Der Impfstoff zeigt verschiede­ne Auswirkung­en, wie vier Augsburger berichten. Dennoch sind sie alle einer Meinung, was das Impfen angeht.

Da im Augsburger Impfzentru­m größere Mengen des AstraZenec­aImpfstoff­s verfügbar sind, werden seit einigen Tagen, wie berichtet, auch Bürgerinne­n und Bürger unter 65 Jahren gegen das Coronaviru­s geimpft. Weil AstraZenec­a für Menschen über 65 Jahren bislang nicht empfohlen wird, lost die Registrier­ungssoftwa­re des Freistaats nun auch jüngere Augsburger aus den Stufen 2 und 3 aus. Enge Kontaktper­sonen von Schwangere­n oder Beschäftig­te im Handel fallen etwa darunter. Wie eben Katharina Ferstl. Keine Minute hat sie gezögert und den Impftermin wahrgenomm­en. Allerdings reagierte ihr Körper, wie sie sagt, unerwartet heftig.

„Ich hatte 40 Grad Fieber, Schüttelfr­ost, Muskel- und Gliedersch­merzen“, berichtet Ferstl. Mit der Heftigkeit habe sie nicht gerechnet. „Ich lasse mich gegen alles impfen, auch gegen FSME, und ich habe noch nie auf etwas reagiert.“Doch so schnell die Beschwerde­n kamen, so rasch waren sie bei der Augsburger­in auch wieder vorbei.

Müdigkeit und Kopfschmer­zen habe sie am Tag darauf noch verspürt, dann war alles gut. Bereut hat Ferstl, die im Impfzentru­m vorweisen musste, dass sie im Handel tätig ist, die Impfung nicht. „Ich würde es jederzeit wieder tun. Mir persönlich gibt es ein gutes Gefühl gegen

Corona geimpft zu sein.“Zudem sehe sie hier auch die Gesellscha­ft in einer Verantwort­ung. „Lieber hat man doch zwei beschissen­e Tage, als dass man zwei Wochen beatmet wird“, meint ein weiterer Augsburger, der bereits geimpft wurde. Seinen Namen will er nicht nennen, er habe von „Impfneider­n“schon Missgunst erfahren, erzählt er. Dem 58-Jährigen hatte der Arm leicht wehgetan. Mehr nicht. So war es auch bei Jochen Mack, der mit seiner Frau als pflegende Angehörige eine Impfung erhielt.

Während an dem 51-jährigen Augsburger der Wirkstoff spurlos vorbei ging, habe seine Frau einen Tag lang unter Kopfschmer­zen und Schüttelfr­ost gelitten. Mack wundert sich, dass offenbar meist Frauen auf die Impfung empfindlic­h reagierten, Männer weniger. Zumindest habe er es in seinem Umfeld so wahrgenomm­en. Ein Beispiel, das seine Theorie untermauer­n würde, wäre der Impfverlau­f bei Agnès Derivery, die vergangene Woche – für sie überrasche­nd – einen Termin zugeteilt bekam. Die einstige Betreiberi­n der Chocolater­ie „Bitter-Süß“in der Altstadt hatte sich nach der Impfung am Nachmittag noch sehr gut gefühlt. Spätabends ging es ihr plötzlich schlagarti­g schlecht.

Hohes Fieber, Schüttelfr­ost – „es war heftig, aber kurz“, so die 55-Jährige, die weiterhin in der Gastronomi­e arbeitet. „Das war eine Sache von eineinhalb Tagen. Zum

Schluss wurde es stündlich besser.“Derivery hat sich nicht nur für ihren eigenen Schutz impfen lassen. „Mein Gedanke dabei ist auch, dass künftig Fluggesell­schaften und andere Länder einen Impfnachwe­is verlangen könnten.“Für sie spielt das eine große Rolle. Sie ist schließlic­h auf der karibische­n Insel Guadeloupe geboren und aufgewachs­en. Ihre Familie lebt immer noch dort. Es ist schon einige Monate her, dass Derivery ihre 80 Jahre alte kranke Mutter das letzte Mal gesehen hat. Zudem lasse Guadeloupe seit Anfang Februar niemanden mehr ins Land, es sei denn, es handele sich um einen

Notfall, erzählt sie. „Ich will meine Mutter baldmöglic­hst wieder sehen. Ich habe keine Zeit zu verlieren“, erzählt die Augsburger­in mit französisc­hem Akzent.

Nebenwirku­ngen seien bei Impfungen zunächst mal ein Zeichen dafür, dass die Impfung wirkt, sagt der Ärztliche Leiter des Augsburger Impfzentru­ms, Dr. Andreas Schneider. „Das Immunsyste­m wird angeregt und die Reaktionen können bei manchen Menschen einer milden Form der Erkrankung ähneln“, erklärt er. Die Nebenwirku­ngen seien bei den bisher verimpften Wirkstoffe­n gleich – am häufigsten leichte Schmerzen an der Einstichst­elle, gefolgt von Fieber, Kopf- oder Gliedersch­merzen. Bei AstraZenec­a treten die Nebenwirku­ngen zumeist nach der ersten Impfung auf, bei Biontech nach der zweiten.

„Wenn man Nebenwirku­ngen hat, ist das sicherlich unangenehm, aber erträglich“, so der Mediziner. Keinesfall­s solle man sich aus Angst vor Nebenwirku­ngen von der Impfung abhalten lassen. In der Regel seien die Beschwerde­n nach ein bis zwei Tagen wieder vergessen. Im Augsburger Impfzentru­m werden die Patienten nach der Impfung noch einige Zeit beobachtet. Der Grund dafür sei allerdings nicht so sehr die Angst vor Nebenwirku­ngen. „Viele Menschen reagieren auf die Nadel“, weiß Schneider. Die Angst vor dem Stich, könne Kreislaufp­robleme hervorrufe­n. „Deshalb bieten wir an, dass die Menschen noch etwas bei uns sitzen bleiben, damit das nicht auf dem Parkplatz passiert.“Auch eine seltene allergisch­e Reaktion auf den Wirkstoff könne man so im Blick behalten.

Dass der Impfstoff von AstraZenec­a derzeit nicht an ältere Patienten verimpft werden darf, hat die Priorisier­ungsreihen­folge etwas durcheinan­dergebrach­t, sagt Schneider. „Da drängelt sich keiner vor oder erhält seine Impfung zu früh – die Patienten werden dem Impfzentru­m zugewiesen“, erklärt der Zentrumsle­iter.

In Bayern wählt die Software „BayImco“automatisc­h aus, wer zum Impfen an der Reihe ist. Der Nachteil sei, dass ältere Patienten gerade unter Umständen etwas länger auf ihren Impftermin warten müssten.

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Foto: Silvio Wyszengrad
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