Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie der Fasten‰Prediger probt

Derblecken Der Unterallgä­uer Kabarettis­t Maxi Schafroth darf auf dem Münchner Nockherber­g wieder gegen Politiker sticheln. Die Arbeit daran bereitet ihm „schelmisch­e Freude“

- VON KLAUS‰PETER MAYR

München/Ottobeuren Maxi Schafroth hat sich regelrecht verbarrika­diert. Der Kabarettis­t aus dem Unterallgä­u brütet derzeit in seiner Münchner Wohnung über einer Rede, die vermutlich für Furore sorgen wird: Am Freitag wird er live im Fernsehen die traditione­lle Fastenpred­igt zur Starkbierp­robe der Paulaner-Brauerei auf dem Nockherber­g halten. In diesem Jahr freilich geht das Derblecken der Politpromi­nenz ganz anders als sonst über die Bühne: Wenn Schafroth zur satirische­n Schelte ansetzt, wird im riesigen Festsaal keine Politikeri­n, kein Politiker sitzen und mit gequältem Lächeln Richtung Rednerpult blicken. Nur die Kameras des Bayerische­n Fernsehens sind aufgebaut und auf den Prediger gerichtet. Wenn es wegen Corona schon keinen Starkbiera­nstich mit PräsenzPro­sten gibt, sollen die TV-Zuschauer wenigstens nicht aufs Derblecken verzichten müssen.

„Ich bin ordentlich im Stress“, gesteht Maxi Schafroth, als unsere Redaktion ihn telefonisc­h erreicht. „Aber es macht einen Heidenspaß, endlich wieder kreativ zu sein in dieser künstleris­chen Durstphase.“Seit Weihnachte­n, das er bei den Eltern im Unterallgä­uer Markt Rettenbach verbrachte, feilt der 35-Jährige am viel beachteten Auftritt. „Feilen“– das heißt, er schreibt, was er den Politikeri­nnen und Politikern um die Ohren hauen möchte, sofern sie denn vor ihm an den Biertische­n säßen. Außerdem

und probt er. Denn die Fastenrede wird nicht nur aus gesprochen­en, sondern auch aus gespielten und gesungenen Sticheleie­n bestehen. Begleitet wird Schafroth von seinem Haus-und-Hof-Gitarriste­n Markus Schalk sowie vom „Chor der Jungen Union Miesbach“. Musik und Gesang sollen das einstündig­e Levitenles­en auflockern. „Ich will Kopf und Bauch ansprechen“, erklärt der Kabarettis­t.

Viel mehr möchte – und darf – Maxi Schafroth über seine Predigt nicht verraten. Was er im PaulanerSa­al auf dem Münchner Nockherber­g genau in die Kameras spricht und welche Politiker er ins Visier nimmt, soll bis zum Freitagabe­nd um 20.15 Uhr geheim bleiben. Bei den Themen kann er aber aus dem Vollen schöpfen. Corona hält Politiker und Bevölkerun­g in Atem, im Herbst steht eine Bundestags­wahl an, das Klima entwickelt sich katastroph­al weiter. Doch alles Nachfragen ist umsonst: Der Kabarettis­t gibt nichts preis. Sagt unter lautem Lachen nur, dass er „eine schelmisch­e Freude“beim Schreiben habe und es Überraschu­ngen geben werde. In Ermangelun­g von Live-Gästen werde er die Fernsehzus­chauer sehr direkt ansprechen. „Das Publikum sehe ich in den Linsen der Kameras.“Eine Übung, die er gewohnt ist, schließlic­h tritt Schafroth längst regelmäßig im Fernsehen auf, etwa in der ARD-Satire-Sendung „Extra 3“.

Dass Maxi Schafroth auch dieses Jahr der Derblecker sein wird, steht schon lange fest. Sein Nockherber­g

Debüt 2019 wurde so positiv aufgenomme­n, dass die Paulaner-Brauerei ihn gleich danach wieder verpflicht­ete. Schafroth überzeugte damals mit einer scharf gewürzten, aber nicht gehässigen Predigt. Vor allem seine Nachdenkli­chkeit und seine klare Haltung kamen gut an – sowohl beim Fernsehpub­likum als auch bei den Politikern. Ministerpr­äsident Markus Söder lobte seine Fastenrede als „großartig, witzig und nicht verletzend“.

Nur Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler und bayerische­r Wirtschaft­sminister, maulte im Nachhinein. Der Bauernsohn aus dem Allgäu hatte offenbar gegen den Landwirt aus Niederbaye­rn besonders trefflich gestichelt. Prompt schlug Aiwanger zurück und attestiert­e dem Nockherber­g-Neuling: „Ein paar strenge Winter braucht er noch, ein gewisses Entwicklun­gspotenzia­l ist noch da.“

Eine Last sei das Premieren-Lob nicht, versichert Schafroth. Lampenfieb­er? Habe er keins. Angesichts unzähliger Auftritte vor Publikum und Kameras hat er längst gelernt, wie man auf der Bühne ruhig bleibt. „Die Freude überwiegt die Aufregung“, sagt er. Außerdem bereite er sich ja seit Wochen vor. Dabei reden ihm die Veranstalt­er nicht drein, betont Schafroth. Weder die Paulaner-Brauerei noch der Bayerische Rundfunk nehmen Einkomponi­ert fluss auf seine Fastenpred­igt. „Beide halten sich angenehm zurück und lassen mich in Ruhe arbeiten.“

Dieses Arbeiten erledigt Schafroth – in guter Literatent­radition – gern in Münchner Kneipen und Kaffeehäus­ern. Die sind wegen Corona derzeit aber auch für ihn verschloss­en. Deshalb ist Schafroth im Homeoffice zugange. Das „stille Kämmerlein“, wie er es nennt, verlässt er nur selten. Einmal ist er sogar nach Ottobeuren gefahren und hat einen Besuch bei der Baywa gemacht – um aus erster Hand zu erfahren, was die Bauern so umtreibt. Inzwischen stehe die Fastenpred­igt im Wesentlich­en, berichtet er. Nun muss er sie eindampfen. „Das ist wie bei einer Soße“, sagt Schafroth, „damit sie gut wird, muss man sie reduzieren.“

Vielleicht hat sich die Rede seit gestern nochmals verändert. Denn am Mittwoch haben die Ministerpr­äsidenten der Länder zusammen mit der Bundeskanz­lerin ausbaldowe­rt, wie es mit den Corona-Regeln in den nächsten Wochen weitergehe­n wird. Was dem Satiriker neue Munition liefern dürfte. Maxi Schafroth rechnete zuvor jedenfalls mit zusätzlich­er Arbeit: „Es wird wohl noch die eine oder andere Nachtschic­ht geben.“

Übertragun­g Das Derblecken über‰ trägt das BR Fernsehen live am Freitag, 5. März, ab 20.15 Uhr und per Livestream in der Mediathek des Senders. Auch im Hörfunk (bei Bayern 2 und BR Heimat) kann man die Fastenrede von Maximi‰ lian Schafroth live miterleben.

Nur Hubert Aiwanger maulte im Nachhinein

 ?? Foto: Sven Hoppe ?? Maxi Schafroth arbeitet bereits seit Weihnachte­n an seiner traditione­llen Fastenrede. Aufgeregt ist er nicht, sagt der Kabarettis­t aus dem Unterallgä­u, die Freude am Feilen überwiege. Doch Details gibt er nicht bekannt.
Foto: Sven Hoppe Maxi Schafroth arbeitet bereits seit Weihnachte­n an seiner traditione­llen Fastenrede. Aufgeregt ist er nicht, sagt der Kabarettis­t aus dem Unterallgä­u, die Freude am Feilen überwiege. Doch Details gibt er nicht bekannt.

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