Augsburger Allgemeine (Land West)
Aus dem Alltag eines Eichhörnchens
Hallo, ich bin Nordi. Momentan kennen mich wohl die meisten Menschen aus dem Fernsehen. Ich bin das Maskottchen der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf.
Meinen ersten öffentlichen Auftritt hatte ich bei der Eröffnung der 68. Vierschanzentournee im Dezember 2019. Im Nordic Park stand ich damals mehreren Hundert Fans gegenüber, das war schon ein ungewohntes Gefühl. Aber ich dachte, bis zur WM gewöhne ich mich an größere Menschenmassen – leider ziehe ich jetzt meist alleine durch den Ort.
Ein WM-Tag beginnt für mich in der Regel wie der vieler Helfer oder Athleten. Ich ziehe mein WMLeiberl an, setze meine blaue Skibrille auf und mache meine MorgenGymnastik. Dann holt mich Jürgen, mein Lieblings-Shuttlefahrer, von meiner Holzhütte am Burgstall ab. Mit dem Shuttle geht es dann zum Covid-Testzentrum. Egal ob Rachenraum oder Nase – einem Eichhörnchen macht das Testen nichts aus.
Mein erster Einsatz führt mich ins Langlaufstadion im Ried. Ein kurzes Aufwärmprogramm, dann gehe ich vorsichtig in den Zielbereich. In meiner Stellenbeschreibung stand ja was von „Nordi beherrscht nicht nur den Telemark und die Skating-Technik perfekt“. Naja, das sehe ich etwas anders. Ich bin froh, dass ich mein Können auf der Loipe nicht zeigen muss. Dort feiern später eh wieder die Norweger, was vor allem meine skandinavische Verwandtschaft freut. Und während die Athleten jubeln, habe ich Zeit, mal kurz hinter einem der Container zu verschwinden.
Mein Papa war schon 1987 bei der WM in Oberstdorf im Einsatz. Von ihm habe ich mir viel abgeschaut – obwohl sich die Welt eines Maskottchens natürlich seitdem extrem verändert hat. Stichwort Selfies… Aber darüber hinaus geht es ja auch um das richtige Auftreten, die Bewegungen, das Winken. Und da konnte ich mir viel von ihm abschauen.
Aber als es nach einem langen Tag an die Schanze geht, bin ich froh, dass meine beiden Helferinnen bei mir sind. Denn das Laufen fällt mir zunehmend schwer, abschüssiges Gelände und Kanten sehe ich schon gar nicht mehr richtig.
Der Gang hinter den Presseboxen gerät zum Balanceakt, den ich gerade so überstehe. Umso erleichterter bin ich, dass ich – natürlich mit Abstand – kurz mit den deutschen Skispringern über ihre Medaille jubeln darf.
Was ich mir noch wünschen würde, wäre ein eigenes InstagramProfil. Da muss ich mal mit den Verantwortlichen reden…