Augsburger Allgemeine (Land West)

Sportskano­ne

Für seinen Traum lässt er alles hinter sich Seite 33

- VON NORBERT STAUB

Hiltenfing­en Er ist ein guter Läufer: 2020 bayerische­r Vizemeiste­r über 5000 Meter, im Jahr zuvor schwäbisch­er Meister über 800 Meter und schwäbisch­er Vizemeiste­r über 1500 und 3000 Meter. Alles schöne Erfolge für den 20-jährigen Manuel Viehl aus Hiltenfing­en, der für den TSV Schwabmünc­hen startet – aber eben doch noch ein Stück entfernt von der deutschen Spitzenkla­sse. Trotzdem hat er sich vorgenomme­n, 2028 bei den Olympische­n Spielen in Los Angeles zu starten. Dafür bricht er in wenigen Tagen seine Zelte in der Heimat ab, am 5. März fliegt er nach Kenia, um im Hochland mit Spitzenläu­fern aus Afrika zu trainieren.

„Man muss sich hohe Ziele stecken, denn nur dann ist man in jedem Training motiviert und kann sich verbessern“, sagt Manuel Viehl, der bis zur C-Jugend in Hiltenfing­en Fußball spielte und dann zur Leichtathl­etik wechselte: „Wenn ich völlig chancenlos wäre, dann würde ich nicht nach Kenia gehen. Ich konzentrie­re mich auf die 5000 und 10 000 Meter, weil mir für die kürzeren Strecken die Grundschne­lligkeit fehlt. Im Ausdauerbe­reich sehe ich aber noch viel Steigerung­spotenzial.“Momentan liegen seine Bestzeiten über 5000 Meter bei 16:57 Minuten und über 10000 Meter bei 36:25 Minuten. „Um Chancen auf einen Start bei Olympia zu haben, muss ich so um die 13 über 5000 Meter und über 10000 Meter zwischen 27 und 28 Minuten laufen“, schätzt Viehl.

Er hat also noch einen weiten Weg vor sich, und den will der Kaufmann für Büromanage­ment, der vor Kurzem in Landsberg seine Ausbildung beendet hat, im kenianisch­en Läufermekk­a Iten gehen. Aus dem 4000-Einwohner-Ort, der 320 Kilometer nordwestli­ch von der Hauptstadt Nairobi auf 2400 Meter Höhe liegt und sich „Home of the Champions“nennt, stammen zahlreiche erfolgreic­he kenianisch­e Langstreck­enläufer. Über einen Schweizer Freund wurde Manuel auf den Ort, in dem es zahlreiche Läufercamp­s gibt, aufmerksam. Nach einem Besuch 2019, bei dem er vier Wochen mit afrikanisc­hen Läufern trainierte, stand für ihn Da will ich leben und trainieren.

Begeistert berichtet Manuel Viehl, wie er bei seinem ersten Besuch mit zahlreiche­n anderen LäuViehl fern bei Sonnenaufg­ang mit dem Training loslegte und dort in der Früh auf Hunderte von Läufern traf. Oder wie sich herausstel­lte, dass der Mann, der ihn zu seiner Unterkunft gefahren hat, der Dritte über 5000 Meter bei der WM in Berlin 2009 war. „Wahnsinn, wen man dort so alles trifft“, sagt Viehl.

In Iten traf er auch seinen österreich­ischen Trainer Thomas Potzinger, der schon länger dort lebt und als Co-Trainer mit Weltrekord­lern, Weltmeiste­rn und olympische­n Medailleng­ewinnern zusammenge­arbeitet hat. „Das ist das Mekka der Läufer. Ich kann mir von den Weltklasse-Läufern einiges abschauen, mit Gleichgesi­nnten trainieren, und auch die Höhe sorgt für ideale Traifest: ningsbedin­gungen“, freut sich Manuel Viehl, der sich direkt neben dem Haus seines Trainers ein kleines Domizil gebaut hat: „Das kostet da unten nicht die Welt: Für das zehn mal zwölf Meter große Haus habe ich etwa 12.500 Euro bezahlt.“

Apropos Geld. Wie finanziert ein 20-Jähriger aus Hiltenfing­en das Leben unter Profibedin­gungen im fernen Kenia? „Mehr als 300 Euro im Monat braucht man dort nicht zum Leben. Ich habe einiges gespart, habe mehrere Sponsoren und werde versuchen, von dort aus Läufer aus Deutschlan­d zu coachen und mir so etwas dazuzuverd­ienen.“

Und was macht er, wenn sein Traum nicht in Erfüllung geht? „Ich setze alles auf eine Karte, es gibt keinen Plan B“, sagt Viehl voller Überzeugun­g, um dann aber doch eine Alternativ­e zu präsentier­en: „Auch wenn es mit Olympia nicht klappt, kann ich mir nicht vorstellen, wieder ganz nach Deutschlan­d zurückzuke­hren. Ich möchte auf jeden Fall dortbleibe­n. Vielleicht kann ich mich ja in Kenia um andere Läufer

„Man muss sich hohe Ziele stecken, denn nur dann ist man in jedem Training motiviert.“

Manuel Viehl

„Ich möchte auf jeden Fall dortbleibe­n. Vielleicht kann ich mich ja in Kenia um an‰ dere Läufer kümmern.“

Manuel Viehl

kümmern und die managen. Ich werde schon einen Weg finden, das durchzuzie­hen.“

Seine Eltern sind natürlich traurig, dass er Hiltenfing­en verlässt, aber so ganz wird er der Heimat nicht den Rücken kehren: Manuel Viehl wird mehrmals im Jahr nach Deutschlan­d zurückkehr­en, um an Wettkämpfe­n teilzunehm­en, wo er weiter im Trikot seines Heimatvere­ins TSV Schwabmünc­hen auflaufen wird.

Im September will er ein paar Läufe in Europa absolviere­n, die Meistersch­aften aber auslassen: „Ich konzentrie­re mich erst mal darauf, schnellere Zeiten zu laufen.“

Auch mit seinem Schwabmünc­hner Trainer Wolfgang Ritschel will er weiterhin Kontakt halten: „Ich werde auf jeden Fall bei ihm vorbeischa­uen, wenn ich in Hiltenfing­en bin, und per Mail Kontakt mit ihm halten, um mir den einen oder anderen Tipp geben zu lassen, sagt Manuel Viehl.

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Foto: Viehl Training in Afrika mit Afrikanern: Manuel Viehl bei seinem ersten Aufenthalt in Iten.
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Foto: Thomas Potzinger Das Haus von Manuel Viehl in Kenia.

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