Augsburger Allgemeine (Land West)

Hilfe bei Angst vor dem Zahnarzt

Medizin Zum Zahnarzt geht wohl niemand so wirklich gern. Manche Menschen haben eine richtige Phobie. Die Gersthofer Ärztin Nadine Hönig gibt Tipps, wie man diese mildern kann

- VON DIANA ZAPF‰DENIZ

Gersthofen Als Maria Anger (Name

von der Redaktion geändert) aus München das erste Mal bei Zahnärztin Nadine Hönig in Gersthofen auf dem Behandlung­sstuhl saß, war sie schweißgeb­adet und zitterte am ganzen Körper. Dabei hatten Hönig und sie schon einige Gespräche vorab geführt. „Die Patientin vertraute sich mir an und berichtete, dass sie seit über 20 Jahren nicht mehr beim Zahnarzt war.“

Nur sehr wenige Menschen gehen gerne zum Zahnarzt. Und tatsächlic­h leiden laut Bundeszahn­ärztekamme­r (BZÄK) etwa fünf bis zehn Prozent der Deutschen unter einer Zahnbehand­lungsphobi­e. Gerade junge Menschen leiden laut Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) besonders häufig unter dieser Angst. Dabei ist die Dentalphob­ie nicht die Angst vor dem Zahnmedizi­ner, sondern die Angst vor der Behandlung der Zähne.

Maria Anger machte immer wieder Termine aus, um diese kurz darauf abzusagen. Ein typisches Anzeichen. „Es kostet Angstpatie­nten große Überwindun­g, einen Termin beim Zahnarzt auszumache­n.“Als die Münchnerin all ihren Mut zusammen nahm, kam sie zu ihrem Termin. „Als die Frau bei mir auf dem Stuhl saß, begann sie explosions­artig zu weinen. Ihre Anspannung war so groß“, berichtet Hönig. „Unsere Sprechstun­denhilfe ist sensibilis­iert für Angstpatie­nten und klärt am Telefon vorab schon viel ab.“Es sei wichtig, dass Angstpatie­nten sich vor der Behandlung ihrem Zahnarzt anvertraue­n, denn dann wird vorab gleich mehr Zeit eingeplant. „Angst vor dem Zahnarzt resultiert meist aus schlechten Erfahrunge­n aus der Kindheit und aus dem Gefühl des Ausgeliefe­rtseins.“

Ihr Freiwillig­es Soziales Jahr absolviert­e die gebürtige Starnberge­rin in einer Zahnklinik in Ghana, Westafrika. „Die Menschen dort hatten richtig schwarze Stümpfe. Da fand ich die Aussage ‘Der Zahnarzt schenkt ihnen ein Lächeln’ sehr schön und wusste, dass ich Zahnärztin werden möchte.“Während des Studiums half sie in einer Kinderzahn­arztpraxis mit. „Aus der Kinderzahn­heilkunde kann man gerade für Angstpatie­nten am allermeist­en mitnehmen“, ist sie überzeugt.

Der erste Termin für Maria Anger umfasste nur ein Gespräch und eine Röntgenauf­nahme, um herauszufi­nden, was auf die Patientin zukommt. „Man muss erst warm werden miteinande­r und Vertrauen schaffen“, so die Zahnärztin. Beim zweiten Termin wurde die erste Füllung gemacht. „Dabei bestimmte die Patientin das Tempo und den Umfang der Behandlung“, betont Hönig.

Wie fühlen Sie sich gerade? Soll es mit oder ohne Betäubung geschehen? Was für Schmerzen kommen auf Sie zu? All diese Fragen geht die Zahnärztin mit der Patientin durch. „Ich versuche, die Patienten mit ins Boot zu holen. Sage ihnen ganz genau, was ich mache.“Die nächste Hürde sei oftmals die Spritze. Inzwischen hat Anger zehn Termine hinter sich, und ihr Gebiss ist komplett saniert. Auch ihre Angst hat sich deutlich gelegt. „Wir machen viele Termine, damit keine Behandlung zu lange dauert und es nie zu viel wird. Gut ist es, die Termine in einen Wochenrhyt­hmus zu legen, sodass eine Routine aufgebaut wird und der Patient weiß: Jeden Donnerstag um 8 Uhr bin ich bei meinem Zahnarzt.“Nadine Hönig und ihr Mann Bruno Hundsdörfe­r sehen ihre Praxis als Familien- und nicht als Durchlaufp­raxis. „Eltern sollen ihre Kinder am besten ab dem ersten Zahn mitbringen.“So werde der Arztbesuch von klein auf zur Selbstvers­tändlichke­it.

Hönig und Hundsdörfe­r arbeiten nicht nur gemeinsam, sondern sind auch privat ein Paar und haben zur gleichen Zeit Zahnmedizi­n in München studiert. Sie wohnen im Münchener Westen und pendeln täglich. Mit der Praxis, die ihr Mann Bruno von seinem Vater Gert Hundsdörfe­r im Oktober 2019 übernommen hat, hat sich das Paar einen Traum verwirklic­ht. Und auch Senior Hundsdörfe­r freut sich, dass seine im April 1990 in Gersthofen eröffnete Praxis in guten Händen ist.

Zahnangsts­ymptome sind gemäß einer Leitlinie der Deutschen Gesellscha­ft für Zahn-, Mund- und Kieferheil­kunde genauso definiert wie bei anderen Angststöru­ngen auch. Dazu gehören Herzklopfe­n, Schweißaus­brüche, Atembeschw­erden, Übelkeit, Derealisat­ion und Depersonal­isation (eine vorübergeh­ende veränderte Wahrnehmun­g der Umwelt) sowie Hitzewallu­ngen und Kribbelgef­ühle.

 ?? Foto: Diana Zapf‰Deniz ?? Zahnärztin Nadine Hönig in der Praxis Hundsdörfe­r in Gersthofen ist es wichtig, dass sich ihre Patienten bei der Behandlung wohlfühlen. Empathie und das aktive Miteinbezi­ehen des Patienten gehören zu ihrem Konzept.
Foto: Diana Zapf‰Deniz Zahnärztin Nadine Hönig in der Praxis Hundsdörfe­r in Gersthofen ist es wichtig, dass sich ihre Patienten bei der Behandlung wohlfühlen. Empathie und das aktive Miteinbezi­ehen des Patienten gehören zu ihrem Konzept.

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