Augsburger Allgemeine (Land West)

Abgang ohne Würde

- VON MICHAEL STIFTER msti@augsburger‰allgemeine.de

Wenn politische Karrieren skandalträ­chtig enden, wird hinter den Kulissen oft eine Lösung gesucht, mit der die Beteiligte­n irgendwie ihr Gesicht wahren können. Nun ist der CSU-Bundestags­abgeordnet­e Georg Nüßlein über ein dubioses Masken-Geschäft gestolpert und hat am Freitag verkünden lassen, er werde nicht noch einmal für das Parlament kandidiere­n. Dass er – genau wie sein CDU-Kollege Nikolas Löbel – trotzdem noch bis zum Ende dieser Legislatur­periode im Amt bleiben will, kann man entweder wohlwollen­d mit dem Versuch erklären, dass da einer sein Gesicht wahren will. Wohl eher aber muss man konstatier­en, dass da jemand gar nichts begriffen hat.

Beide Politiker stehen im Verdacht, ihre Kontakte missbrauch­t zu haben, um mit der Corona-Krise Geld zu verdienen. Da müssen sie sich nicht wundern, wenn ihnen nun unterstell­t wird, ihr ZeitlupenR­ücktritt diene vor allem dem Zweck, noch ordentlich Geld als Abgeordnet­e mitzunehme­n. Der Eindruck, den die Politiker damit erwecken, ist Gift für unsere Idee eines Staates, der dem Allgemeinw­ohl verpflicht­et ist. Es ist ein Abgang ohne Würde.

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