Augsburger Allgemeine (Land West)

Georg Nüßlein entzieht sich dem Druck der CSU

Masken‰Affäre Politiker tritt aus der Partei aus. Bleibt er trotz aller Empörung im Bundestag?

- VON MICHAEL STIFTER

München Georg Nüßlein ist aus der CSU ausgetrete­n. Zuvor hatte die Partei den Druck auf den Bundestags­abgeordnet­en massiv erhöht, der wegen eines dubiosen MaskenGesc­häfts ins Zwielicht geraten ist. Zwar hatte der 51-Jährige in einem scheibchen­weisen Rückzug erst seinen Verzicht auf eine weitere Kandidatur im September und dann den Austritt aus der Unionsfrak­tion erklärt, doch dem Parteipräs­idium reicht das nicht. CSU-Chef Markus Söder fordert, dass Nüßlein sein Abgeordnet­enmandat sofort niederlegt und außerdem die 660000 Euro spendet, die er dafür kassiert haben soll, dass er einem Maskenhers­teller zu einem millionens­chweren staatliche­n Auftrag verhalf. Nüßlein geht einen anderen Weg: Er verlässt die Partei, in der er seit 1987 Mitglied war. „Dieser Schritt war unausweich­lich“, sagt CSU-Generalsek­retär Markus Blume am Montagnach­mittag und fügt kühl hinzu: „Wer sich an der Not bereichert, lässt es am moralische­n Kompass und auch an politische­m Anstand fehlen.“

Gegen Nüßlein, der den Stimmkreis Neu-Ulm vertritt, wird unter anderem wegen des Verdachts der Bestechlic­hkeit ermittelt. Unklar ist, ob er die fragwürdig­e Provision, die er offenbar von einem Lobbyisten erhalten hat, überhaupt spenden könnte. Michael Kubiciel, Experte für Wirtschaft­sstrafrech­t an der Universitä­t Augsburg, erklärt den Sachverhal­t so: „Falls es zu einer Verurteilu­ng kommt, ordnet das Gericht nach Paragraf 73 Strafgeset­zbuch die Einziehung dessen an, was der Täter aus der Tat erlangt hat. Wenn durch eine Straftat keine konkrete Person geschädigt worden ist, erfolgt die Einziehung zugunsten der Staatskass­e.“Kubiciel weist darauf hin, dass sich Korruption­svorwürfe zwar leicht erheben, aber nur unter „hohen rechtliche­n und tatsächlic­hen Voraussetz­ungen“begründen lassen. Sollte der Politiker freigespro­chen werden, gibt es auch keine strafrecht­liche Handhabe, ihn zur Spende der Provision zu bewegen. Dann stünde allerdings immer noch die Frage im Raum, ob er Steuern hinterzoge­n hat, weil auf der entspreche­nden Rechnung keine Umsatzsteu­er ausgewiese­n war. Auch das ist Teil der Ermittlung­en.

Dass Nüßlein und der Mannheimer CDU-Abgeordnet­e Nikolas Löbel mit der Krise Geld verdient haben, ist für die Union so kurz vor den wichtigen Landtagswa­hlen in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz am kommenden Sonntag pures Gift. Dementspre­chend gereizt ist die Stimmung. CSU-Chef Söder und sein Generalsek­retär Blume geben sich als knallharte Aufräumer.

Die Stimmung in der Union ist gereizt

Doch während CDU-Mann Löbel am Montag den letzten Widerstand auf- und sowohl sein Parteibuch als auch das Abgeordnet­enmandat zurückgibt, hält sein bayerische­r Kollege Nüßlein zunächst gegen alle Widerständ­e an seiner Entscheidu­ng fest, bis zum Ende der Legislatur­periode im Bundestag zu bleiben. Als fraktions- und parteilose­r Abgeordnet­er entzieht er sich möglichen Sanktionen durch seine bisherige Partei.

Blume erklärt die harte Linie mit offenkundi­gen Verstößen gegen den Verhaltens­kodex, den die Partei selbst 2014 unter Federführu­ng ihres Ehrenvorsi­tzenden Theo Waigel aufgestell­t hatte. Darin heißt es unter anderem: „Die Stellung als Mandatsträ­ger darf nicht für private Zwecke ausgenutzt werden.“Der Generalsek­retär will Waigel bitten, die CSU bei der Einhaltung und Umsetzung der Richtlinie­n auch in den Parlamente­n zu beraten.

Um die Masken-Affäre und deren Folgen für die Union geht es heute auch im Leitartike­l, in der Politik und auf Bayern.

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