Augsburger Allgemeine (Land West)
Jetzt läuft in den Museen wieder was
Lockerung Das Deutsche Museum sperrte als erstes in München Punkt 9 Uhr seine Pforte auf. Es folgte das Haus der Kunst. Bei den Pinakotheken dauert es noch etwas – ein Ortsbesuch
München Eben noch ging’s über Ludwigsbrücke und Isar hin zum Deutschen Museum, da sehen wir schon die Menschenschlange. Und der erste Gedanke ist: Tatsächlich, die Menschen sind nach langem Lockdown ausgehungert. Sie suchen Bildung, Kultur, Wissen, Kunst, Anschauung im Museum.
Ein hehrer Gedanke.
Doch läuft man dann der Schlange entlang, vom Schwanzende bis zum Kopf, stellt sich Ernüchterung ein. Die drei Dutzend Menschen warten auf einen Corona-Schnelltest auf der Münchner Museumsinsel, wo das Deutsche Museum einen Gebäudetrakt für diesen Zweck vermietet hat.
Vor dem eigentlichen Museumsportal dann im Innenhof: kein Schwanzende, kein Kopf, keine Schlange. Dort: Warten auf den Ansturm. Aber das bedeutet ganz und gar nicht, dass überhaupt kein Interesse an diesem Montagmorgen da wäre, dieses Wissenschafts- und Technikmuseum, ein international wirkender Magnet, zu besuchen. Das Haus wiedereröffnete um 9 Uhr, doch um 8 Uhr stand bereits der erste Besucher vor der Tür: Bernd Daubner aus Augsburg. Ja, das wissensdurstige Schwaben.
Früh sei er aufgewacht, unerwartet glatt ging die Fahrt herüber, also stand er unerwartet früh vor der Pforte. Am Wochenende hatte sich Bernd Daubner gedacht: Montag hast du frei, Montag öffnet das Deutsche Museum wieder, also nutzt du den Tag! Und nun steht der Elektroniker im Beruf standesgemäß in der Informatik-Abteilung und will nachher noch in die Geodäsie überwechseln, also in die Abteilung Erdvermessung – auch weil er gehört hat, dass diese Abteilung nach der Grundsanierung vielleicht nicht mehr existiert… „Wenn man alles intensiv liest“, so Daubner, „sind die zwei Abteilungen Informatik und Geodäsie definitiv ausreichend bis zur Schließzeit 17 Uhr.“
Bernd Daubner war einer der 150 Interessierten, die am Wochenende für den ersten Tag nach Lockdown beim Deutschen Museum online ein Ticket erworben hatten. Anders kommt man auch gar nicht mehr herein – auch wegen der über 50 gestiegenen Münchner Inzidenzzahl. Da geht nichts mehr ohne Voranmeldung – wegen der Kontaktdaten im Falle notwendiger Kontaktnachverfolgung. Gerrit Faust, Pressechef des Deutschen Museums, legt lebhaft dar: Wir waren vorbereitet, auch praktisch. Nur Online-Buchung, Maskenpflicht, Einbahnweg-Regelung, Desinfektionsstationen, regelmäßige Lüftung, ein Besucher pro 40 Quadratmeter.“Das macht bei 25000 Quadratmetern Museumsfläche bis zu 600 Besucher gleichzeitig möglich. Aber erst bei 6000 Besuchern beginnt, so Faust, ein guter Museumstag.
Ortswechsel. Haus der Kunst am Rande des Englischen Gartens. Hier war man nicht ganz so gut vorbereitet, hier ist der Online-Ticketservice noch in Vorbereitung und am Wochenende war auf der Website nur zu lesen: Öffnung am Montag vorbehaltlich behördlicher Genehmigung. Und die Pressesprecherin ist – trotz Anmeldung – nicht auffindbar. Dennoch: Das Haus der Kunst hat geöffnet zum frühestmöglichen Termin; man darf an diesem Tag kostenlos für zwei Stunden hinein. Bis 11.15 Uhr waren es am Montag 15 Besucher, die sich die Gemälde des kenianischen Malers Michael Armitage anschauten. Ab morgen, Mittwoch, kommt noch eine Schau zur britischen Künstlerin Phyllida Barlow und ihren bizarren Skulpturen dazu. Bei der letzten venezianischen Biennale waren Armitage und Barlow stark beachtet.
Zusammen mit der Hypo-Kunsthalle in der Theatinerstraße (Online-Anmeldungen am Montag laut Direktor Roger Diederen: 200 Personen) gehören Deutsches Museum sowie Haus der Kunst also zu den ersten wiedereröffneten Münchner Museen. Andere, die montags regulär geschlossen haben, kommen heute dazu, wie das stets sehenswerte Lenbachhaus oder am Donnerstag das Nationalmuseum, das gerade eine Schau über den Münnerstädter Altar und die schönen sowie weniger schönen Machenschaften des Bildhauers Veit Stoß zeigt („Kunst & Kapitalverbrechen“).
Voraussichtlich nächsten Dienstag sollen dann die Münchner Pinakotheken öffnen. Pressesprecherin Tina Nehler erklärt, durchaus die Wortwahl ihres Chefs Bernhard Maaz aufgreifend: „Wir sind kein kleines Schiff, sondern ein großer Tanker, der so schnell nicht hochfahrbar ist. Auch haben wir noch keinen Online-Ticketverkauf und können das Aufsichtspersonal so schnell nicht wieder einsetzen.“Der 16. März wird jedenfalls für die Kunstsammlungen Augsburg der Neustart sein – je nach Inzidenzlage mit unterschiedlichen Auflagen wie beispielsweise timeslot: festgelegte Besuchszeiten.
Eine Frage aber bleibt noch offen: Ist das Deutsche Museum nun ein kleines Schiff?