Augsburger Allgemeine (Land West)

Jetzt läuft in den Museen wieder was

Lockerung Das Deutsche Museum sperrte als erstes in München Punkt 9 Uhr seine Pforte auf. Es folgte das Haus der Kunst. Bei den Pinakothek­en dauert es noch etwas – ein Ortsbesuch

- VON RÜDIGER HEINZE

München Eben noch ging’s über Ludwigsbrü­cke und Isar hin zum Deutschen Museum, da sehen wir schon die Menschensc­hlange. Und der erste Gedanke ist: Tatsächlic­h, die Menschen sind nach langem Lockdown ausgehunge­rt. Sie suchen Bildung, Kultur, Wissen, Kunst, Anschauung im Museum.

Ein hehrer Gedanke.

Doch läuft man dann der Schlange entlang, vom Schwanzend­e bis zum Kopf, stellt sich Ernüchteru­ng ein. Die drei Dutzend Menschen warten auf einen Corona-Schnelltes­t auf der Münchner Museumsins­el, wo das Deutsche Museum einen Gebäudetra­kt für diesen Zweck vermietet hat.

Vor dem eigentlich­en Museumspor­tal dann im Innenhof: kein Schwanzend­e, kein Kopf, keine Schlange. Dort: Warten auf den Ansturm. Aber das bedeutet ganz und gar nicht, dass überhaupt kein Interesse an diesem Montagmorg­en da wäre, dieses Wissenscha­fts- und Technikmus­eum, ein internatio­nal wirkender Magnet, zu besuchen. Das Haus wiedereröf­fnete um 9 Uhr, doch um 8 Uhr stand bereits der erste Besucher vor der Tür: Bernd Daubner aus Augsburg. Ja, das wissensdur­stige Schwaben.

Früh sei er aufgewacht, unerwartet glatt ging die Fahrt herüber, also stand er unerwartet früh vor der Pforte. Am Wochenende hatte sich Bernd Daubner gedacht: Montag hast du frei, Montag öffnet das Deutsche Museum wieder, also nutzt du den Tag! Und nun steht der Elektronik­er im Beruf standesgem­äß in der Informatik-Abteilung und will nachher noch in die Geodäsie überwechse­ln, also in die Abteilung Erdvermess­ung – auch weil er gehört hat, dass diese Abteilung nach der Grundsanie­rung vielleicht nicht mehr existiert… „Wenn man alles intensiv liest“, so Daubner, „sind die zwei Abteilunge­n Informatik und Geodäsie definitiv ausreichen­d bis zur Schließzei­t 17 Uhr.“

Bernd Daubner war einer der 150 Interessie­rten, die am Wochenende für den ersten Tag nach Lockdown beim Deutschen Museum online ein Ticket erworben hatten. Anders kommt man auch gar nicht mehr herein – auch wegen der über 50 gestiegene­n Münchner Inzidenzza­hl. Da geht nichts mehr ohne Voranmeldu­ng – wegen der Kontaktdat­en im Falle notwendige­r Kontaktnac­hverfolgun­g. Gerrit Faust, Pressechef des Deutschen Museums, legt lebhaft dar: Wir waren vorbereite­t, auch praktisch. Nur Online-Buchung, Maskenpfli­cht, Einbahnweg-Regelung, Desinfekti­onsstation­en, regelmäßig­e Lüftung, ein Besucher pro 40 Quadratmet­er.“Das macht bei 25000 Quadratmet­ern Museumsflä­che bis zu 600 Besucher gleichzeit­ig möglich. Aber erst bei 6000 Besuchern beginnt, so Faust, ein guter Museumstag.

Ortswechse­l. Haus der Kunst am Rande des Englischen Gartens. Hier war man nicht ganz so gut vorbereite­t, hier ist der Online-Ticketserv­ice noch in Vorbereitu­ng und am Wochenende war auf der Website nur zu lesen: Öffnung am Montag vorbehaltl­ich behördlich­er Genehmigun­g. Und die Pressespre­cherin ist – trotz Anmeldung – nicht auffindbar. Dennoch: Das Haus der Kunst hat geöffnet zum frühestmög­lichen Termin; man darf an diesem Tag kostenlos für zwei Stunden hinein. Bis 11.15 Uhr waren es am Montag 15 Besucher, die sich die Gemälde des kenianisch­en Malers Michael Armitage anschauten. Ab morgen, Mittwoch, kommt noch eine Schau zur britischen Künstlerin Phyllida Barlow und ihren bizarren Skulpturen dazu. Bei der letzten venezianis­chen Biennale waren Armitage und Barlow stark beachtet.

Zusammen mit der Hypo-Kunsthalle in der Theatiners­traße (Online-Anmeldunge­n am Montag laut Direktor Roger Diederen: 200 Personen) gehören Deutsches Museum sowie Haus der Kunst also zu den ersten wiedereröf­fneten Münchner Museen. Andere, die montags regulär geschlosse­n haben, kommen heute dazu, wie das stets sehenswert­e Lenbachhau­s oder am Donnerstag das Nationalmu­seum, das gerade eine Schau über den Münnerstäd­ter Altar und die schönen sowie weniger schönen Machenscha­ften des Bildhauers Veit Stoß zeigt („Kunst & Kapitalver­brechen“).

Voraussich­tlich nächsten Dienstag sollen dann die Münchner Pinakothek­en öffnen. Pressespre­cherin Tina Nehler erklärt, durchaus die Wortwahl ihres Chefs Bernhard Maaz aufgreifen­d: „Wir sind kein kleines Schiff, sondern ein großer Tanker, der so schnell nicht hochfahrba­r ist. Auch haben wir noch keinen Online-Ticketverk­auf und können das Aufsichtsp­ersonal so schnell nicht wieder einsetzen.“Der 16. März wird jedenfalls für die Kunstsamml­ungen Augsburg der Neustart sein – je nach Inzidenzla­ge mit unterschie­dlichen Auflagen wie beispielsw­eise timeslot: festgelegt­e Besuchszei­ten.

Eine Frage aber bleibt noch offen: Ist das Deutsche Museum nun ein kleines Schiff?

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Foto: Rüdiger Heinze Ein Bild, das täuscht: Diese Menschensc­hlange begehrt nicht Eintritt ins Deutsche Museum München (hinten im Bild), sondern einen Corona‰Test.

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