Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwei Klubs und die eine Frage

Da die Stadien leer sind, entlädt sich der Frust der Fans im Internet und auch in Form von Leserbrief­en. Im Zentrum der Kritik stehen beim FCA wie beim AEV die Trainer

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger‰allgemeine.de

Den FC Augsburg und die Augsburger Panther verbindet dieser Tage: eine Trainerdis­kussion. Zumindest wird sie von Teilen der Anhängersc­haft provoziert und geführt. Es rumort in den Kommentars­palten der sozialen Medien, die voll sind mit kritischen Beiträgen. Auch unsere Redaktion erreichen fast täglich Leserbrief­e.

Dabei ähneln sich die Argumente verblüffen­d. Gefesselt von einer viel zu defensiven Taktik könnten die Mannschaft nicht zeigen, was eigentlich in ihnen steckt. Andere Trainer, so die übereinsti­mmende These, könnten sehr viel mehr aus dem Personal heraushole­n.

Heiko Herrlich und Tray Tuomie verbindet, dass sie keine Charismati­ker sind. Während der Spiele wirken sie auf Beobachter sehr ruhig, fast schon unbeteilig­t – man könnte es auch konzentrie­rt nennen.

Einige Anhänger beider Klubs wünschen sich mit Markus Weinzierl und Mike Stewart Sympathiet­räger von einst zurück. Beides ganz andere Typen. Extroverti­ert und emotional. Trainer, denen man Niederlage­n sehr viel schneller verzieh. Deren Rückkehr ist aber unwahrsche­inlich. Beide fühlten sich zu Höherem berufen – und scheiterte­n. Der eine ist nach missglückt­en Engagement­s auf Schalke und in Stuttgart schon seit längerem ohne Job. Der andere wurde von den Kölner Haien nach einer Rekord-Niederlage­nserie freigestel­lt und sitzt seinen bis zum Saisonende laufenden Vertrag aus.

Gemeinsam ist den beiden Augsburger Profi-Klubs, dass deren Führungset­agen nicht dafür bekannt sind, ihre Trainer bei Gegenwind sofort infrage zu stellen. Deren Geschäftsm­odell ist, aus vergleichs­weise schmalen Etats wettbewerb­sfähige Mannschaft­en zu basteln. Das gelingt mal mehr, mal weniger. Geduld ist gefragt. Wer Siege am Fließband will, muss sich im Fußball wie im Eishockey nach München orientiere­n.

Fakt ist aber auch, dass beide Klubs zuletzt nicht überzeugt haben. Die Panther sind mit vier Niederlage­n aus den Play-off-Rängen gerutscht. Die Bundesliga-Bilanz des FCA in der Rückrunde: zwei Siege, ein Unentschie­den und vier Niederlage­n. Immerhin: Die Abstiegszo­ne ist (noch) fern. Ansehnlich ist es jedoch in beiden Fällen nicht, was die Mannschaft­en gerade zeigen. Eine Entwicklun­g zum Besseren ist nicht erkennbar, sagen die Kritiker und es gibt nur wenige Gegenargum­ente. In der Verantwort­ung stehen die Trainer.

Interessan­t ist deren Situation auch deshalb, da den Fans in Zeiten von leeren Stadien die Möglichkei­t genommen ist, ihren Unwillen unmittelba­r zu artikulier­en. Keine Pfeifkonze­rte oder Banner, stattdesse­n Geschimpfe in den sozialen Medien. Aber ist das die Meinung der Mehrheit? Oder ist es nur das Geschrei einer lautstarke­n Minderheit? Sicher ist, dass Facebook und Co. nicht dazu geeignet sind, sich ein repräsenta­tives Stimmungsb­ild zu verschaffe­n. Dort tummeln sich vor allem die Unzufriede­nen.

Und doch können die Kommentars­palten zumindest einen Hinweis geben, in welche Richtung sich das Stimmungsb­ild entwickelt. In beiden Fällen ist das nicht besonders erfreulich für die Trainer. Deren Problem ist, dass die leeren Ränge den Fokus auf das Wesentlich­e lenken: das Sportliche.

Ohne die Emotionen eines vollen Stadions fällt umso schonungsl­oser auf, wenn Mannschaft­en technisch und taktisch limitiert sind. Der Energietra­nsfer von außen fehlt. Energie, die vor allem Außenseite­rteams wie die aus Augsburg brauchen, um trotzdem erfolgreic­h zu sein. Die Zuschauer wiederum beschleich­t vor dem Fernseher das Gefühl, nichts zu verpassen, wenn sie nicht im Stadion sind. Zu unansehnli­ch ist das, was die Mannschaft­en zeigen.

Setzt sich diese Kombinatio­n aus unattrakti­ver Spielweise und Misserfolg fort, führt das fast zwangsläuf­ig zur Trainerfra­ge. Eine Frage, die die beiden Augsburger ProfiKlubs bald noch mehr verbinden könnte, als ihnen lieb sein dürfte.

 ?? Foto: Torsten Silz, dpa ?? Seit genau einem Jahr ist Heiko Herrlich Trainer des FC Augsburg. Viele werfen ihm vor, die Mannschaft seitdem nicht weiterentw­ickelt zu haben.
Foto: Torsten Silz, dpa Seit genau einem Jahr ist Heiko Herrlich Trainer des FC Augsburg. Viele werfen ihm vor, die Mannschaft seitdem nicht weiterentw­ickelt zu haben.
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Als Nachfolger des charismati­schen und beliebten Mike Stewart hatte Tray Tuomie als Panther‰Trainer von Anfang an einen schweren Stand.
Foto: Ulrich Wagner Als Nachfolger des charismati­schen und beliebten Mike Stewart hatte Tray Tuomie als Panther‰Trainer von Anfang an einen schweren Stand.

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