Augsburger Allgemeine (Land West)
Zwei Klubs und die eine Frage
Da die Stadien leer sind, entlädt sich der Frust der Fans im Internet und auch in Form von Leserbriefen. Im Zentrum der Kritik stehen beim FCA wie beim AEV die Trainer
Den FC Augsburg und die Augsburger Panther verbindet dieser Tage: eine Trainerdiskussion. Zumindest wird sie von Teilen der Anhängerschaft provoziert und geführt. Es rumort in den Kommentarspalten der sozialen Medien, die voll sind mit kritischen Beiträgen. Auch unsere Redaktion erreichen fast täglich Leserbriefe.
Dabei ähneln sich die Argumente verblüffend. Gefesselt von einer viel zu defensiven Taktik könnten die Mannschaft nicht zeigen, was eigentlich in ihnen steckt. Andere Trainer, so die übereinstimmende These, könnten sehr viel mehr aus dem Personal herausholen.
Heiko Herrlich und Tray Tuomie verbindet, dass sie keine Charismatiker sind. Während der Spiele wirken sie auf Beobachter sehr ruhig, fast schon unbeteiligt – man könnte es auch konzentriert nennen.
Einige Anhänger beider Klubs wünschen sich mit Markus Weinzierl und Mike Stewart Sympathieträger von einst zurück. Beides ganz andere Typen. Extrovertiert und emotional. Trainer, denen man Niederlagen sehr viel schneller verzieh. Deren Rückkehr ist aber unwahrscheinlich. Beide fühlten sich zu Höherem berufen – und scheiterten. Der eine ist nach missglückten Engagements auf Schalke und in Stuttgart schon seit längerem ohne Job. Der andere wurde von den Kölner Haien nach einer Rekord-Niederlagenserie freigestellt und sitzt seinen bis zum Saisonende laufenden Vertrag aus.
Gemeinsam ist den beiden Augsburger Profi-Klubs, dass deren Führungsetagen nicht dafür bekannt sind, ihre Trainer bei Gegenwind sofort infrage zu stellen. Deren Geschäftsmodell ist, aus vergleichsweise schmalen Etats wettbewerbsfähige Mannschaften zu basteln. Das gelingt mal mehr, mal weniger. Geduld ist gefragt. Wer Siege am Fließband will, muss sich im Fußball wie im Eishockey nach München orientieren.
Fakt ist aber auch, dass beide Klubs zuletzt nicht überzeugt haben. Die Panther sind mit vier Niederlagen aus den Play-off-Rängen gerutscht. Die Bundesliga-Bilanz des FCA in der Rückrunde: zwei Siege, ein Unentschieden und vier Niederlagen. Immerhin: Die Abstiegszone ist (noch) fern. Ansehnlich ist es jedoch in beiden Fällen nicht, was die Mannschaften gerade zeigen. Eine Entwicklung zum Besseren ist nicht erkennbar, sagen die Kritiker und es gibt nur wenige Gegenargumente. In der Verantwortung stehen die Trainer.
Interessant ist deren Situation auch deshalb, da den Fans in Zeiten von leeren Stadien die Möglichkeit genommen ist, ihren Unwillen unmittelbar zu artikulieren. Keine Pfeifkonzerte oder Banner, stattdessen Geschimpfe in den sozialen Medien. Aber ist das die Meinung der Mehrheit? Oder ist es nur das Geschrei einer lautstarken Minderheit? Sicher ist, dass Facebook und Co. nicht dazu geeignet sind, sich ein repräsentatives Stimmungsbild zu verschaffen. Dort tummeln sich vor allem die Unzufriedenen.
Und doch können die Kommentarspalten zumindest einen Hinweis geben, in welche Richtung sich das Stimmungsbild entwickelt. In beiden Fällen ist das nicht besonders erfreulich für die Trainer. Deren Problem ist, dass die leeren Ränge den Fokus auf das Wesentliche lenken: das Sportliche.
Ohne die Emotionen eines vollen Stadions fällt umso schonungsloser auf, wenn Mannschaften technisch und taktisch limitiert sind. Der Energietransfer von außen fehlt. Energie, die vor allem Außenseiterteams wie die aus Augsburg brauchen, um trotzdem erfolgreich zu sein. Die Zuschauer wiederum beschleicht vor dem Fernseher das Gefühl, nichts zu verpassen, wenn sie nicht im Stadion sind. Zu unansehnlich ist das, was die Mannschaften zeigen.
Setzt sich diese Kombination aus unattraktiver Spielweise und Misserfolg fort, führt das fast zwangsläufig zur Trainerfrage. Eine Frage, die die beiden Augsburger ProfiKlubs bald noch mehr verbinden könnte, als ihnen lieb sein dürfte.