Augsburger Allgemeine (Land West)
Impfen im Wohnort
Corona Bisher fanden die Impfungen in den Impfzentren in Gablingen und Bobingen statt. Jetzt gibt es in vielen Kommunen Impftage für die Senioren über 80. Wie das ankommt und was die Hausärzte dazu sagen
Bisher fanden die Impfungen in den Impfzentren in Gablingen und Bobingen statt. Jetzt gibt es in vielen Kommunen Impftage für die Senioren über 80.
Landkreis Augsburg Rund 2000 Bewohner in Neusäß sind über 80 Jahre alt. Sie gehören zu den Menschen, die im Landkreis Augsburg als erstes zum Schutz vor dem Coronavirus geimpft werden. Der Weg zur von vielen ersehnten Spritze wird jetzt für die ältesten Bewohner kürzer und einfacher: Ab 19. März sind mobile Impfteams in der Stadthalle vor Ort. Auch in anderen Kommunen wie Diedorf, Horgau oder Schwabmünchen finden für die über 80-Jährigen Impfungen vor der Haustür statt.
Bisher mussten die Senioren in die Impfzentren nach Gablingen oder Bobingen fahren, jetzt gibt es Vor-Ort-Termine. Nach den Gemeinden auf dem Lechfeld haben sich bei Regina Mayer, der Leiterin des Fachbereichs im Landratsamt, schon weitere Städte, Märkte und Gemeinden gemeldet, die Impftage organisieren möchten. „Insbesondere viele ältere Menschen haben den Weg in unser Impfzentrum nach Gablingen bislang als große Herausforderung empfunden. Mit unserem neuen Konzept wollen wir diese Hürde abbauen“, so Mayer zu dem Kurswechsel.
Seit Montag können sich die Senioren in Neusäß, die alle per Brief angeschrieben wurden, im Rathaus anmelden. Am ersten Tag sei das Telefon nicht mehr stillgestanden, berichtet Bürgermeister Richard Greiner. Inzwischen sei es ruhiger geworden. Rund 600 Männer und Frauen über 80 haben sich einen Termin für den Piks in der Stadthalle geben lassen. Nach dem Eindruck des Bürgermeisters sind ungefähr 40 Prozent der Hochbetagten bereits geimpft.
Der Ustersbacher Bürgermeister Willi Reiter spricht bei dem neuen Angebot von einem „Volltreffer“. Das Landratsamt habe den Kommunen mobile Impfteams angeboten, das sei „absolut super“. Für ältere Ustersbacher am äußersten Zipfel des Landkreises sei die Fahrt zu einem Impfzentrum „eine Art Weltreise“. Die Resonanz bei den Senioren sei entsprechend groß. Von den rund 60 über 80-Jährigen in Ustersbach haben sich über 30 angemeldet. Bereits am Mittwoch war das mobile Impfteam vor Ort. „Die Senioren sind sehr dankbar“, so der Eindruck Reiters aus Gesprächen.
Aus
Datenschutzgründen bekommen alle über 80-Jährigen die Einladung zum Impfen in der Kommune, das sorgt ein wenig für Verwirrung. Wer bereits mit einer Erst- und einer Zweitimpfung in Gablingen oder Bobingen versorgt ist, kann das Schreiben ignorieren.
Der Neusässer Bürgermeister bekommt in Gesprächen mit, wie stark das Thema Impfen die Menschen
beschäftigt. Er findet es sehr gut, dass das Impfen jetzt in die Fläche geht. Greiner hofft, dass solche Sammeltermine auch später noch für weitere priorisierte Gruppen, wie die über 70-Jährigen, stattfinden können, wenn sich dieser Versuch bewähren sollte. In Neusäß werden laut Greiner nach aktuellem Stand drei Tage fürs Impfen der über 80-Jährigen reichen, den vierten geplanten Tag könne man für
Schwabmünchen abtreten. „Das Impfen vor Ort ist gut und wichtig“, sagt Schwabmünchens Bürgermeister Lorenz Müller, der sich um das Angebot beim Landkreis beworben hatte. Zusammen mit der Caritas und dem Roten Kreuz wird der Sammeltermin in der Stadthalle organisiert und umgesetzt. Die bietet genügend Raum und Parkplätze direkt vor Ort. Müller rechnet mit rund 800 Anmeldungen. Rund 400 Bewohner von Pflegeeinrichtungen und Angeboten der Sozialstation haben in Schwabmünchen den Piks bereits erhalten.
Auch die Diedorfer ab 80 Jahren haben einen Brief mit allen nötigen Infos bekommen. Es wird darin betont, dass nur die Senioren 80+ sich anmelden können, nicht etwa die Ehepartner, pflegende Angehörige oder Ehrenamtliche. Ausgeschlossen sind auch Menschen, die bereits eine Covid-19-Infektion hatten. Den Angeschriebenen steht frei, sich weiterhin im Impfzentrum
Gablingen einen Termin geben zu lassen, wenn sie mögen. Wer jetzt nicht mehr seinen Termin dort wahrnehmen möchte, sollte unbedingt dort absagen.
Jakob Berger, Bezirksvorsitzender des Hausärzteverbands in Schwaben, begrüßt diese neuen Angebote in den Orten und betont, dass auch er und seine Kollegen bereitstünden, beim Impfen einzusteigen. Berger hat allerdings Zweifel, ob Anfang April wirklich genug Impfstoff da sein werde und kontinuierlich komme. „Dann haben wir die Diskussionen, warum zum Beispiel der Nachbar schon dran kam und man selbst nicht“, befürchtet er. Patienten müssten sich aktuell beim Hausarzt nicht auf einer Liste fürs Impfen vormerken lassen, sagt der Arzt aus Herbertshofen. Die Praxen hätten die erforderlichen Daten etwa zu chronischen Erkrankungen im Computer und könnten somit aktiv auf die Patienten zugehen. Berger: „Wir wissen, wer als erstes geimpft werden muss.“Der Allgemeinmediziner fordert eine „schmale Bürokratie“für die Ärzte, ähnlich wie bei der Grippeimpfung.
Bis Mittwoch sind im Landkreis Augsburg 24.952 Erst- und Zweitimpfungen verabreicht worden (Einwohner rund 255.000). Mehr Tempo bei den Impfungen von Kita-Personal sowie Lehrerinnen und Lehrern wünscht sich Landrat Martin Sailer, wie er in dieser Woche im Ausschuss für Bildung, Schule und Kultur sagte. Er fände es richtig, wenn die Pädagogen schrittweise, vor der Rückkehr der jeweiligen Klassenstufen in den Präsenzunterricht, geschützt würden. Er sucht Möglichkeiten, Erzieherinnen und Grundschulpädagogen sowie ihre Kollegen in entsprechenden Förderschulstufen so bald wie möglich ein Impfangebot machen zu können. Für die höheren Klassenstufen ist das laut der derzeit geltenden Priorisierungsliste noch nicht möglich.
Wer schon geimpft ist, kann das Schreiben ignorieren