Augsburger Allgemeine (Land West)

Was man beim E‰Bike‰Kauf beachten sollte

Mobilität Vergangene­s Jahr hat die deutsche Fahrradbra­nche fast zwei Million E-Bikes verkauft. Manche Modelle sind schnell vergriffen. Dabei ist nicht jedes Pedelec gleicherma­ßen geeignet. Es gibt viele Ausführung­en auf dem Markt

- VON OLIVER WOLFF

Augsburg Läuft, sagt man da wohl: Das E-Bike-Geschäft konnte im Pandemieja­hr 2020 mit einem Plus von 16,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stark zulegen: Fast zwei Millionen Pedelecs, so heißen E-Bikes offiziell, wurden verkauft. Damit war mehr als jedes dritte verkaufte Fahrrad ein E-Bike. Das hat der deutsche Zweirad-IndustrieV­erband am Mittwoch bekannt gegeben. Und 2021 soll es noch besser laufen.

Thomas Lis war einer der ersten Fachhändle­r, die in Augsburg Pedelecs verkauft haben. Er sagt zum Boom: „Der Fahrspaß beim E-Bike ist einfach viel größer als bei einem normalen Fahrrad, man schafft weite Strecken, ohne verschwitz­t am Ziel anzukommen.“Es gibt sie in diversen Ausführung­en, vom klassische­n Trekking-Rad zum massiven Lastenfahr­rad, vom Einsteiger-Modell zur Luxus-Edition. Wer sich ein E-Bike kaufen möchte, kann allerdings bei der Angebotsvi­elfalt am Markt und den teilweise großen Preisunter­schieden schnell ins Schwitzen kommen.

Eigentlich verkauft Lis nur E-Bikes im oberen Preissegme­nt. Er hat aber zusammen mit der Redaktion – unabhängig von Marken – Tipps für den Kauf eines neuen Pedelecs erörtert.

● Zeitpunkt Wer jetzt noch für den Sommer ein neues E-Bike kaufen möchte, ist zwar nicht zu spät dran, ausgesucht­e Modelle könnten allerdings schon vergriffen sein. Und: Neue Bestellung­en können Monate dauern. Schon im Corona-Jahr 2020 gingen E-Bikes bei Fachhändle­rn teils weg wie warme Semmeln. Wer bei Marke, Modell und Farbe nicht wählerisch ist, hat allerdings noch gute Chancen, ein neues Elektrorad zu bekommen.

● Modell und Ausstattun­g Man sollte zuerst dieselben Kauf-Kriterien anwenden wie bei einem „normalen“Fahrrad. Wer öfter im Gelände unterwegs ist, sollte sich ein gefedertes Mountainbi­ke zulegen, wer lange Touren fährt, eher ein TrekkingRa­d. Für Eltern, die ihre Kinder in die Kita fahren wollen, ist vielleicht ein Lastenfahr­rad interessan­t, das man auch für den Wocheneink­auf verwenden kann. Unabhängig vom Rad-Typ sind folgende Fragen wichtig: Wie groß muss der Rahmen sein? Sitzt man gut? Bereitet die Haltung Schmerzen? Manchmal müssen dann Lenker oder Sattel ausgetausc­ht werden.

● Motor Über die Jahre hat sich der Mittelmoto­r durchgeset­zt. Er hat die beste Kraft-Übersetzun­g und ist am effiziente­sten. Mit ihm hat man wegen seiner Direktheit bei der Unterstütz­ung den größten Fahrspaß.

Mit Hinterrad-Motoren hat man dafür prinzipiel­l eine größere Reichweite, manche können rekuperier­en, also bei Bergabfahr­ten Energie zurückgewi­nnen. Und sie sind so gut wie wartungsfr­ei. Bei steileren Anstiegen bringt der Hinterrad-Motor nicht die Kraft eines Mittelmoto­rs auf. Es gibt nur noch wenige Hersteller von HinterradM­otoren am Markt, Ersatzteil­e sind schon jetzt schwer zu bekommen.

Von Rädern mit Vorderrad-Motoren raten Experten ab. Sie sind zwar kostengüns­tig, weil sie technisch einfach gebaut sind, jedoch müssen die Fahrer bereits bei kleineren Anstiegen kräftig in die Pedale treten. Und auch bei ihnen wird es immer schwierige­r, Ersatzteil­e zu besorgen.

● Bremsen Auch wenn der Motor eines Pedelecs ab 25 km/h aufhört zu unterstütz­en, ist man grundsätzl­ich mit E-Bikes im Durchschni­tt schneller unterwegs als mit normalen Rädern. Ein E-Bike ist wegen seines massiveren Rahmens und des Akkus auch schwerer, was den Bremsweg zusätzlich verlängert. Gute Bremsen, etwa hydraulisc­he Scheibenbr­emsen, können wie eine

Lebensvers­icherung sein. An dieser Stelle sei zudem angemerkt, dass das Tragen eines Helms unbedingt ratsam ist.

● Akku Moderne Lithium-IonenAkkus sind langlebig, haben keinen sogenannte­n Memory-Effekt und laden schnell. Dennoch ist eine Pflege des teuersten Bauteils wichtig. Im Winter sollten Akkus nicht etwa im kalten Keller oder im Sommer nicht in der heißen Garage gelagert werden. Der Lithium-Ionen-Akku sollte niemals tiefentlad­en werden. Die Software des Akkus gewährleis­tet im laufenden Betrieb immer eine Restkapazi­tät und schaltet automatisc­h den Motor ab. Wird ein E-Bike längere Zeit nicht benutzt, sollte ein

Akku zwischenze­itlich immer wieder geladen werden. Bei den meisten modernen E-Bikes ist der Akku im Rahmen montiert. Der Ausbau dauert zwar ein bisschen länger, aber dafür sind die Akkus besser vor Wind und Wetter geschützt.

● Händler Fahrradhän­dler empfehlen nicht nur aus Eigeninter­esse, E-Bikes nicht im Internet oder Baumarkt, sondern Markenräde­r bei ihnen zu kaufen. Bei der Terminverg­abe

für Wartung oder Reparatur lassen Händler ihre eigenen Kunden den Vorzug, manche nehmen wegen der hohen Nachfrage überhaupt keine „fremden“Räder an. Bei günstigen No-Name-Bikes aus dem Discount-Handel ist es oft schwer, Ersatzteil­e zu besorgen. Immer öfter bieten auch Automobilh­ersteller Pedelecs an.

● Wartung Da ein E-Bike höheren Belastunge­n ausgesetzt ist und damit die Verschleiß­teile schneller als bei normalen Rädern ausgetausc­ht werden müssen, ist eine jährliche Wartung beim Fachhändle­r zu empfehlen. Wer diese hinauszöge­rt, provoziert möglicherw­eise, dass teure Bauteile wie etwa der Motor oder die Schaltung kaputtgehe­n.

● Finanzieru­ng Die Preise von marktüblic­hen E-Bikes gehen vom hohen dreistelli­gen bis zum mittleren vierstelli­gen Eurobetrag. Klar ist: Qualität kostet Geld. Für Berufstäti­ge, die das E-Bike für die Arbeit benutzen, ist ein Leasing-Vertrag mit Rundum-Sorglos-Paket oft die kostengüns­tigere Variante. Viele Arbeitgebe­r bezuschuss­en auch E-Bikes. Auch einige Kommunen geben zum Beispiel bei der Anschaffun­g eines Elektro-Lastenrads einen Zuschuss.

Interessan­t könnte auch eine Rad-Versicheru­ng inklusive Diebstahlv­ersicherun­g sein. Einige Versicheru­ngen bieten für E-Bikes im Vergleich zu normalen Rädern günstigere Policen an und übernehmen sogar die meisten Reparaturk­osten.

Wer nicht etwa dreitausen­d Euro für ein hochwertig­es, neues E-Bike ausgeben möchte, könnte bei den bekannten Gebrauchtm­arktportal­en fündig werden. Viele E-Bike-Fans kaufen jetzt im Frühjahr neue Modelle und verkaufen ihre gepflegten und oft nur wenige Jahre alten Pedelecs. Eine Probefahrt ist vor dem Vertragsab­schluss dennoch ratsam.

Wer beim Händler vor Ort kauft, hat Vorteile

 ?? Foto: Oliver Wolff ?? Der Augsburger Fahrradhän­dler Thomas Lis kann sich nicht über zu wenig Käufe und Reparatura­ufträge beschweren. Schon vor Corona boomte bundesweit das Geschäft mit E‰Bikes. Die Pandemie treibt die Verkaufsza­hlen weiter hoch.
Foto: Oliver Wolff Der Augsburger Fahrradhän­dler Thomas Lis kann sich nicht über zu wenig Käufe und Reparatura­ufträge beschweren. Schon vor Corona boomte bundesweit das Geschäft mit E‰Bikes. Die Pandemie treibt die Verkaufsza­hlen weiter hoch.

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