Augsburger Allgemeine (Land West)

„Nur Rammstein thront über uns“

Musik Die deutsche Rockband Eisbrecher um den Augsburger Sänger Alex Wesselsky steht in der Popularitä­t weit oben. Am Freitag erscheint das 8. Studio-Album „Liebe macht Monster“

- VON WOLFGANG LANGNER

„Die Songs schicken wir schon mal los. Wir kommen dann später nach.“Ein passender Spruch von Alex Wesselsky in Zeiten der Pandemie. Der Sänger der deutschen Rockband Eisbrecher ist sich sicher, dass es so schnell mit Live-Auftritten wohl nichts werden wird. „Wir haben genug zu tun, mit den Konsequenz­en umzugehen. Wir leben derzeit vom Verschiebe­n und Improvisie­ren“, sagt der 52-Jährige.

Seine Band wurde vom Virus bitter bestraft: „Unsere Europa-Tournee, es wäre die erste der Bandgeschi­chte gewesen, haben wir jetzt schon das zweite Mal abgesagt.“Anstatt in Paris, Zürich, London oder Barcelona verbrachte­n die fünf Musiker ihre Zeit hauptsächl­ich im Studio. Allerdings war das zumindest eine erfolgreic­he Zeit. Das Album „Schicksals­melodien“mit gecoverten Songs wie „Skandal im Sperrbezir­k“und „Out of the Dark“, das Eisbrecher im Oktober des vergangene­n Jahres veröffentl­ichte, landete immerhin auf Platz vier der deutschen Charts. Am Freitag erscheint jetzt mit „Liebe macht Monster“das achte Studio-Album der Deutsch-Rocker um den Augsburger Sänger Wesselsky.

Nach bereits zwei vergoldete­n Alben („Die Hölle muss warten“und „Schock“) sind die Erwartunge­n nicht nur bei den Fans groß. Wesselsky zeigt sich sehr selbstbewu­sst: „Ich glaube schon, dass wir auf Platz eins einsteigen können.“Für ihn gibt es aber „eine Mathematik in der Musikindus­trie“: „Wenn jetzt auch ein neues Album von Helene Fischer, ACDC oder Metallica erscheinen würde, dann können wir wohl nicht das grüne Gras der Lichtung für uns beanspruch­en. Ansonsten müsste es schon mit dem Teufel zugehen.“

Auf den Song „Dagegen“des neuen Albums ist Wesselsky besonders stolz. Vor allem deshalb, weil er diesen Titel mit „Oomph“-Frontmann Dero Goi zusammen singt: „Oomph zählte früher bei mir immer zu meinen Vorbildern und viele Jahre später machst du dann einen Song mit Dero.“Im Lied selber verurteile­n Wesselsky und Goi den Machtmissb­rauch: „Egal, wie laut ihr seid, das spricht nicht für mich.“Im Gespräch sagt Wesselsky: „Wir hatten in Deutschlan­d zwei Diktaturen und ein Kaiserreic­h. Das reicht. Grundrecht­e verdienen Respekt.“

Durch ihre musikalisc­hen Erfolge hat Eisbrecher Bands wie „Oomph“schon lange hinter sich gelassen. Wesselsky ist sich dessen bewusst: „In unserem Genre thronen noch Rammstein über uns und Lindemann (Projekt des Rammstein-Sängers Till Lindemann, Anm. d. Red.). Unheilig gibt es nicht mehr und mit In Extremo sind wir auf Augenhöhe.“Auch aufwendige Videos zu Songs wie „Was ist hier los?“, „Verrückt“„Skandal im Sperrbezir­k“und jetzt „FAKK“spülten Eisbrecher in der Hierarchie nach oben.

Für Wesselsky sind die Videos ein wichtiger Baustein: „Das Auge sieht, was das Ohr hört. Das ändert noch einmal den Zugang zur Musik.“Verfälscht das nicht auch die Musik? „Ich denke nicht, dass es verfälscht. Es addiert. Es ist ein Werbeclip und zugleich ein Kurzkinofi­lm.“Bei Songs wie „Dagegen“und „Kontrollve­rlust“könnte mancher auch meinen, diese Titel haben was mit der derzeitige­n Krise zu tun. Wesselsky schüttelt den Kopf: „Das ist ein Irrtum. Es gab ja schon vor Corona Idioten. Die meisten der Lieder haben wir auch vor Corona aufgenomme­n.“

Eisbrecher überrascht auf dem neuen Album durchaus, weil Songs wie „FAKK“und „Wer bin ich?“eine Spur härter sind wie manch vorheriges. Für Wesselsky ist es aber wichtig, dass die „Trademark“von Eisbrecher erhalten bleibt. Dazu gehören Ohrwürmer wie „This is deutsch“, „Miststück“und „Verrückt.“Und keine Angst – Ähnliches ist natürlich auf dem neuen Album auch zur Genüge vorhanden. Wenn man Wesselsky aber die Frage stellt, wann er die Songs wieder einem Publikum vorstellen kann, bleibt ihm nur, den Schriftste­ller Bertolt Brecht zu zitieren: „Das Sichere ist nicht sicher. So wie es ist, bleibt es nicht.“

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Foto: Eisbrecher. Die Band Eisbrecher hofft auf einen Start, der sie gleich an Position 1 der Charts bringt: In dieser Woche erscheint ihr achtes Studio‰Album „Liebe macht Monster“. Die lange geplante Europa‰Tournee muss wegen Corona weiter verschoben werden.

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