Augsburger Allgemeine (Land West)

So haben Geisterspi­ele die Bundesliga verändert

Fußball Vor genau einem Jahr fand das erste Spiel ohne Fans wegen der Corona-Pandemie statt. Seitdem sind die Zuschauer nur kurzzeitig wieder zugelassen gewesen. Warum das für die Klubs ein großes Problem ist

- VON MARCO SCHEINHOF

Augsburg Die Pressekonf­erenz war angesetzt. Wie immer vor Spielen in der Fußball-Bundesliga. Heiko Herrlich hätte erstmals darüber reden sollen, wie er den FC Augsburg auf eine Partie vorbereite­t hat. Gegen den VfL Wolfsburg hätte sein neues Team spielen sollen – nur es wurde nichts daraus. Am 13. März 2020 entschied die Deutsche Fußball Liga, dass wegen der CoronaPand­emie der folgende Spieltag abgesagt wird. Es wurde nichts mit Herrlichs Debüt. Zumindest vorübergeh­end. Es folgte eine Pause bis zum 16. Mai, ehe es in leeren Stadien weiterging. Ein erstes Geisterspi­el aber hatte schon vor dem 13. März stattgefun­den, es war die Nachholpar­tie zwischen Borussia Mönchengla­dbach und dem 1. FC Köln vor genau einem Jahr. Das Spiel war zuvor wegen eines Orkantiefs vom 9. Februar auf den 11.

März verlegt worden. Seitdem ist so mancher Sturm durch die Bundesliga gezogen.

Die Stadien sind weiterhin weitgehend leer, nur zu Beginn der aktuellen Saison war mit einer Teilbelegu­ng ein wenig Hoffnung auf normalere Zeiten aufgekomme­n. So waren am 3. Oktober 11500 Zuschauer beim Dortmunder Spiel gegen Freiburg. Allerdings herrschte diese Zuversicht nur für wenige Partien, seitdem herrscht wieder eine trostlose Atmosphäre. „Die Zuschauer fehlen einfach“, sagt nicht nur Heiko Herrlich.

Der Fußball veränderte sich zuletzt gewaltig. Die fehlenden Einnahmen verschärft­en die finanziell­e Lage bei vielen Klubs. Immerhin aber war es gelungen, den Spielbetri­eb nach einer zweimonati­gen Pause wieder aufzunehme­n. Das brachte dem Profifußba­ll zwar Kritik, durch die Einnahmen dank der Fernsehgel­der aber war die Zukunft vorerst gesichert. Richtig Spaß aber kam nicht mehr auf. Vor allem bei den Fans, die sich auch vor den TVBildschi­rmen zunächst in größerer Zahl abwendeten. Mittlerwei­le sind die TV-Quoten wieder stabil, wenngleich die große Begeisteru­ng verschwund­en scheint. „Unser Sport ist kühl geworden“, schrieb Andreas Luthe, der Torwart von Union Berlin, kürzlich im Kicker. In den Stadien ist es leise. Keine Anfeuerung­en

mehr, die Rufe von Spielern und Trainern sind nun häufig zu verstehen. Und damit herrscht Gewissheit, dass sich der Profifußba­ll zumindest bei den Rufen gar nicht so sehr von den Amateurkic­kern unterschei­det.

Der Blick ist ganz auf das Sportliche gerichtet, das Drumherum gibt es nicht mehr. Der Fan hat zunehmend das Gefühl, im Unterhaltu­ngsbetrieb Bundesliga nicht unbedingt gebraucht zu werden. Es geht auch ohne ihn weiter. Wobei natürlich jeder derzeit an einem Bundesliga­spiel Beteiligte betont, dass Fußball ohne Fans wie Pommes ohne Ketchup ist. Geht schon, mit ist aber mehr Genuss und Freude dabei.

Vor einem Jahr schien die Partie in Mönchengla­dbach eine Ausnahme. Wird schon alles wieder, war die Hoffnung. Doch mittlerwei­le sind leere Stadien der Normalzust­and. Eine Gewöhnung daran aber will nur wenigen gelingen.

 ?? Foto: dpa ?? Am 11. März fand die Partie zwischen Mönchengla­dbach und Köln ohne Zuschauer statt – es war das erste Geisterspi­el wegen Corona.
Foto: dpa Am 11. März fand die Partie zwischen Mönchengla­dbach und Köln ohne Zuschauer statt – es war das erste Geisterspi­el wegen Corona.

Newspapers in German

Newspapers from Germany