Augsburger Allgemeine (Land West)

Gemeinde sucht neuen Pfarrer

Glaube Vakanzen sind in der evangelisc­hen Kirche nicht ungewöhnli­ch. Wohl aber der Weg, mit dem St. Thomas in Kriegshabe­r einen Nachfolger für Dietrich Tiggemann finden will. Bislang hat sich niemand gemeldet

- VON ANDREA BAUMANN

Der Altar der evangelisc­hen Kirche St. Thomas ist mit Blumen und Kerzen geschmückt, die Bibel liegt aufgeschla­gen bereit. Doch der Platz davor ist leer. Auf dieses Bild mit den eingeblogg­ten Worten „Ihr neuer Arbeitspla­tz?!“stoßen Besucher sehr schnell, wenn sie auf der Webseite der Pfarrei unterwegs sind. Die Gemeinde in Kriegshabe­r sucht mit dieser außergewöh­nlichen Anzeige nach einem neuen Pfarrer oder einer neuen Pfarrerin.

Seit Dietrich Tiggemann im vergangene­n Herbst in den Ruhestand gegangen ist, steht St. Thomas ohne eigenen Pfarrer da. Bei den Protestant­en ist eine Vakanz nichts Ungewöhnli­ches. Dass es bis zur Wiederbese­tzung länger dauern kann, war auch Vertrauens­frau Karin Mante bewusst. Doch als sich nach der zweimalige­n Ausschreib­ung der Stelle im kirchliche­n Amtsblatt niemand gemeldet habe, habe sich der Kirchenvor­stand entschiede­n, selbst aktiv zu werden und auf der Homepage „einladend, herzlich und offen“für das Amt zu werben. Unter anderem heißt es dort, dass ein Pfarrer oder eine Pfarrerin gesucht werde, der oder die „Seelsorge und Verkündigu­ng als Herzensang­elegenheit ansieht, etablierte diakonisch­e Projekte mit uns weiterentw­ickelt und mit uns lebendige Gottesdien­ste in verschiede­nsten Formaten feiert“.

Bislang hat sich auch auf diese Anzeige noch niemand gemeldet. Ob Bewerber vielleicht davor zurückschr­ecken, es mit einer für ihre zahlreiche­n Projekte und neuen Ideen bekannten Gemeinde aufzunehme­n? Mante kann sich vorstellen, dass St. Thomas der Ruf einer anspruchsv­ollen Kirchengem­einde vorauseilt. Gleichzeit­ig könne der neue Mann, die neue Frau oder auch ein Paar auf sehr aktive haupt- und ehrenamtli­che Mitarbeite­r bauen. „Der Pfarrer muss bei uns nicht alles selber machen.“

Dass das Gemeindele­ben abgesehen von den coronabedi­ngten Einschränk­ungen nicht brachliegt, dafür sorgt neben den Haupt- und Ehrenamtli­chen auch Pfarrer Adam Weiner aus Stadtberge­n. Er betreut während der Vakanzzeit St. Thomas mit. „Wir sind sehr dankbar, dass wir ihn haben“, betont Mante. Gleichwohl merke sie, dass gerade der Bereich der Seelsorge nicht vollumfäng­lich aufgefange­n werden könne. „Ein eigener Pfarrer ist das

der Gemeinde. Wir brauchen ihn jeden Tag mehr.“

Eine Zeit ohne Pfarrer ist in der evangelisc­hen Kirche allerdings die Norm. „Wir setzen ganz bewusst eine Vakanz im Sinne einer Pause“, sagt der für St. Thomas zuständige Dekan Frank Kreiselmei­er. Zum einen sollen in dieser Zeit Angelegenh­eiten wie die Renovierun­g des Pfarrhause­s erledigt werden können. Zum anderen soll auch die Gemeinde Zeit bekommen zwischen zwei Pfarrern. Die in der Regel halbjährig­e Vakanz, die sich aber durchaus auf ein Jahr erstrecken könne, hängt laut Kreiselmei­er auch damit zusammen, dass das Wiederbese­tzungsverf­ahren erst dann eröffnet werde, wenn der bisherige Amtsinhabe­r geht. Der Dekan sieht das nicht negativ, sondern als Chance für eine Gemeinde, sich weiterzuen­twickeln. Letztlich entscheide die Gemeinde, wer ihr Pfarrer oder ihre Pfarrerin werde.

Dass Bewerbunge­n ausbleiben oder nur spärlich erfolgen, hänge auch mit dem Mangel an Nachwuchs in der evangelisc­hen Kirche zusammen. „Aktuell gehen viele Pfarrer in Ruhestand, gleichzeit­ig kommen weniger Berufsanfä­nger nach“, sagt Kreiselmei­er. Diese Diskrepanz führe dazu, dass sich Gemeinden wie etwa St. Thomas selbst auf die Hinterbein­e stellten und aktiv Werbung schalteten, was er persönlich gut finde. Prognosen, wann und wie viele Bewerbunge­n für die Stelle in Kriegshabe­r eingehen, vermag der Dekan nicht anzustelle­n. Es gebe allerdings immer noch die MöglichHer­zstück keit, sich für einen Berufsanfä­nger oder eine -anfängerin zu entscheide­n. Die Erlösergem­einde im Stadtteil Bärenkelle­r hat sich für diesen Weg entschiede­n. Dort fängt zum 1. April nach einer nur fünfmonati­gen Pause Andreas Stahl als Nachfolger von Bernd Fischer an.

In der katholisch­en Kirche hingegen scheinen pfarrerlos­e Zeiten eher die Ausnahme zu sein. So steht bereits seit einigen Wochen fest, dass Felix Siefritz ab 1. September die Nachfolge von Florian Geis in der Pfarreieng­emeinschaf­t St. Georg/St. Max/St. Simpert antritt. Auch die zum selben Zeitpunkt frei werdende Stelle von Franz Götz in Herz Jesu (Pfersee) wurde mit Martin Gall bekünftige­r reits besetzt. Laut Bistumsspr­echer Julian Schmidt ist es in der Regel möglich, einen nahtlosen Übergang zu garantiere­n. „Wenn es auf eine ausgeschri­ebene Stelle nicht genug Bewerbunge­n geben sollte, führt der Generalvik­ar stattdesse­n mit möglichen Kandidaten Einzelgesp­räche“, erläutert Schmidt das Verfahren. Anders als bei den Protestant­en gebe es in der katholisch­en Kirche für die jeweilige Gemeinde kein formales Mitsprache­recht. Es werde jedoch darauf geachtet, dass beide Seiten zueinander passen.

Generell befinden sich die Diözese und damit auch die Stadt Augsburg nach Angaben des Bistumsspr­echers in der günstigen Situation, dass „alle nach der Pastoralen Raumplanun­g 2025 vorgesehen­en Pfarrerste­llen im Stellenpla­n besetzt werden können. Nach jetzigem Stand wird dies auch auf absehbare Zeit so bleiben.“

 ?? Foto: Heiner Staib/Werner, stock.adobe.com ?? Der Altar von St. Thomas in Kriegshabe­r ist verwaist. Zumindest hat die Gemeinde derzeit keinen eigenen Pfarrer.
Foto: Heiner Staib/Werner, stock.adobe.com Der Altar von St. Thomas in Kriegshabe­r ist verwaist. Zumindest hat die Gemeinde derzeit keinen eigenen Pfarrer.
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