Augsburger Allgemeine (Land West)
Gemeinde sucht neuen Pfarrer
Glaube Vakanzen sind in der evangelischen Kirche nicht ungewöhnlich. Wohl aber der Weg, mit dem St. Thomas in Kriegshaber einen Nachfolger für Dietrich Tiggemann finden will. Bislang hat sich niemand gemeldet
Der Altar der evangelischen Kirche St. Thomas ist mit Blumen und Kerzen geschmückt, die Bibel liegt aufgeschlagen bereit. Doch der Platz davor ist leer. Auf dieses Bild mit den eingebloggten Worten „Ihr neuer Arbeitsplatz?!“stoßen Besucher sehr schnell, wenn sie auf der Webseite der Pfarrei unterwegs sind. Die Gemeinde in Kriegshaber sucht mit dieser außergewöhnlichen Anzeige nach einem neuen Pfarrer oder einer neuen Pfarrerin.
Seit Dietrich Tiggemann im vergangenen Herbst in den Ruhestand gegangen ist, steht St. Thomas ohne eigenen Pfarrer da. Bei den Protestanten ist eine Vakanz nichts Ungewöhnliches. Dass es bis zur Wiederbesetzung länger dauern kann, war auch Vertrauensfrau Karin Mante bewusst. Doch als sich nach der zweimaligen Ausschreibung der Stelle im kirchlichen Amtsblatt niemand gemeldet habe, habe sich der Kirchenvorstand entschieden, selbst aktiv zu werden und auf der Homepage „einladend, herzlich und offen“für das Amt zu werben. Unter anderem heißt es dort, dass ein Pfarrer oder eine Pfarrerin gesucht werde, der oder die „Seelsorge und Verkündigung als Herzensangelegenheit ansieht, etablierte diakonische Projekte mit uns weiterentwickelt und mit uns lebendige Gottesdienste in verschiedensten Formaten feiert“.
Bislang hat sich auch auf diese Anzeige noch niemand gemeldet. Ob Bewerber vielleicht davor zurückschrecken, es mit einer für ihre zahlreichen Projekte und neuen Ideen bekannten Gemeinde aufzunehmen? Mante kann sich vorstellen, dass St. Thomas der Ruf einer anspruchsvollen Kirchengemeinde vorauseilt. Gleichzeitig könne der neue Mann, die neue Frau oder auch ein Paar auf sehr aktive haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter bauen. „Der Pfarrer muss bei uns nicht alles selber machen.“
Dass das Gemeindeleben abgesehen von den coronabedingten Einschränkungen nicht brachliegt, dafür sorgt neben den Haupt- und Ehrenamtlichen auch Pfarrer Adam Weiner aus Stadtbergen. Er betreut während der Vakanzzeit St. Thomas mit. „Wir sind sehr dankbar, dass wir ihn haben“, betont Mante. Gleichwohl merke sie, dass gerade der Bereich der Seelsorge nicht vollumfänglich aufgefangen werden könne. „Ein eigener Pfarrer ist das
der Gemeinde. Wir brauchen ihn jeden Tag mehr.“
Eine Zeit ohne Pfarrer ist in der evangelischen Kirche allerdings die Norm. „Wir setzen ganz bewusst eine Vakanz im Sinne einer Pause“, sagt der für St. Thomas zuständige Dekan Frank Kreiselmeier. Zum einen sollen in dieser Zeit Angelegenheiten wie die Renovierung des Pfarrhauses erledigt werden können. Zum anderen soll auch die Gemeinde Zeit bekommen zwischen zwei Pfarrern. Die in der Regel halbjährige Vakanz, die sich aber durchaus auf ein Jahr erstrecken könne, hängt laut Kreiselmeier auch damit zusammen, dass das Wiederbesetzungsverfahren erst dann eröffnet werde, wenn der bisherige Amtsinhaber geht. Der Dekan sieht das nicht negativ, sondern als Chance für eine Gemeinde, sich weiterzuentwickeln. Letztlich entscheide die Gemeinde, wer ihr Pfarrer oder ihre Pfarrerin werde.
Dass Bewerbungen ausbleiben oder nur spärlich erfolgen, hänge auch mit dem Mangel an Nachwuchs in der evangelischen Kirche zusammen. „Aktuell gehen viele Pfarrer in Ruhestand, gleichzeitig kommen weniger Berufsanfänger nach“, sagt Kreiselmeier. Diese Diskrepanz führe dazu, dass sich Gemeinden wie etwa St. Thomas selbst auf die Hinterbeine stellten und aktiv Werbung schalteten, was er persönlich gut finde. Prognosen, wann und wie viele Bewerbungen für die Stelle in Kriegshaber eingehen, vermag der Dekan nicht anzustellen. Es gebe allerdings immer noch die MöglichHerzstück keit, sich für einen Berufsanfänger oder eine -anfängerin zu entscheiden. Die Erlösergemeinde im Stadtteil Bärenkeller hat sich für diesen Weg entschieden. Dort fängt zum 1. April nach einer nur fünfmonatigen Pause Andreas Stahl als Nachfolger von Bernd Fischer an.
In der katholischen Kirche hingegen scheinen pfarrerlose Zeiten eher die Ausnahme zu sein. So steht bereits seit einigen Wochen fest, dass Felix Siefritz ab 1. September die Nachfolge von Florian Geis in der Pfarreiengemeinschaft St. Georg/St. Max/St. Simpert antritt. Auch die zum selben Zeitpunkt frei werdende Stelle von Franz Götz in Herz Jesu (Pfersee) wurde mit Martin Gall bekünftiger reits besetzt. Laut Bistumssprecher Julian Schmidt ist es in der Regel möglich, einen nahtlosen Übergang zu garantieren. „Wenn es auf eine ausgeschriebene Stelle nicht genug Bewerbungen geben sollte, führt der Generalvikar stattdessen mit möglichen Kandidaten Einzelgespräche“, erläutert Schmidt das Verfahren. Anders als bei den Protestanten gebe es in der katholischen Kirche für die jeweilige Gemeinde kein formales Mitspracherecht. Es werde jedoch darauf geachtet, dass beide Seiten zueinander passen.
Generell befinden sich die Diözese und damit auch die Stadt Augsburg nach Angaben des Bistumssprechers in der günstigen Situation, dass „alle nach der Pastoralen Raumplanung 2025 vorgesehenen Pfarrerstellen im Stellenplan besetzt werden können. Nach jetzigem Stand wird dies auch auf absehbare Zeit so bleiben.“