Augsburger Allgemeine (Land West)

Pragmatisc­h statt perfekt

- VON REGINE KAHL kar@augsburger‰allgemeine.de

Ein wenig befremdlic­h wirkt es schon, wenn wir Bilder aus Amerika vom Impfen sehen. Menschen halten in einer Art Drive-in ihren Arm aus dem Auto und bekommen die Spritze verabreich­t. Bei uns werden vor dem Impfen erst die Unterlagen etwa zu Vorerkrank­ungen von einem Arzt eingehend geprüft. Das ist für den Patienten ein beruhigend­es Gefühl, aber es kostet natürlich auch alles Zeit. Denn so viel ist inzwischen wohl jedem klar: Es muss schneller gehen mit dem Impfen. Die Entscheidu­ng, zusätzlich­e Termine für die Senioren ab 80 im Wohnort anzubieten, geht genau in diese Richtung. Kurze Wege machen vieles leichter, schneller. Vielen Älteren erschien der Weg bis Gablingen oder Bobingen als große Hürde, vielleicht sogar Abschrecku­ng.

Die Idee des wohnortnah­en Impfens sollte auch nach dem Versorgen der am höchsten priorisier­ten Gruppe weiter umgesetzt werden. Zentrale Lösungen, möglichst perfekt organisier­t, werden spätestens ab April, wenn mehr Impfstoff kommt, durch pragmatisc­he Angebote ergänzt werden müssen.

Die wichtigste Rolle wird den Haus- und Betriebsär­zten zukommen. Sie müssen mit ins Boot. Die Ärzte kennen ihre Patienten gut, wissen, wer sich impfen lassen will, wer welche Krankheite­n hat oder wer nur ewig diskutiere­n möchte. Das Vertrauen in den eigenen Arzt ist bei vielen Menschen hoch. In diesen Praxen und in den Betrieben steckt große Schwungkra­ft für das Tempo bei den Impfungen. Dieser wertvolle Schatz aus bewährten Strukturen muss genutzt werden. Dann wenn der Impfstoff nach Ostern (hoffentlic­h) nicht mehr knapp ist, wird es darum gehen, möglichst vielen Menschen die erste Dosis mit dem maximal möglichen Abstand zur zweiten Dosis zu geben. Nur so gewinnen wir den Wettlauf mit der Zeit.

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