Augsburger Allgemeine (Land West)
Fraktionen uneins über Livestream
Politik Sollen die Gersthofer Ratssitzungen im Internet verfolgt werden können?
Gersthofen Die Debatte um Liveübertragungen aus den Gersthofer Stadtratssitzungen dauert an. CSU, Bewegung Zukunft und Pro Gersthofen hatten dies beantragt. SPD/ Grüne und W.I.R. wollten, dass die Stadträte zuvor anonym befragt werden, ob sie einverstanden sind, dass ihre Redebeiträge live im Netz miterlebt werden können. Darüber entspann sich eine lange Diskussion. Bürgermeister Michael Wörle befragte am Ende Frank Arloth (CSU) und Max Lenz (Bewegung Zukunft), ob eine Abstimmung zum Antrag durch diese noch gewünscht sei. Beide verneinten dies unter dem Aspekt, dass die Thematik in den Fraktionen nochmals diskutiert werden solle. Der Personalrat der Gersthofer Stadtverwaltung hatte die Zustimmung zu Übertragungen bereits verweigert.
Die anonyme Abfrage ist aktuell im Gang. CSU, Pro Gersthofen und Bewegung Zukunft betonen gegenüber unserer Redaktion: „Wir haben alle unterschrieben, dass wir einer Übertragung zustimmen.“Max Lenz führt aus: Ein gewählter Stadtrat hat sich für ein öffentliches Amt beworben und kann nicht anonym seine Zustimmung verweigern – selbes gilt für den Bürgermeister.“In der Verwaltung sei die Lage komplexer, doch sollten zumindest Fachbereichsleiter und Menschen in Führungspositionen, ihrer Verantwortung entsprechend, für eine bestmögliche Außenkommunikation einstehen. Anders dürfte es bei SPD/Grünen aussehen. Fraktionsvorsitzender Peter Schönfelder erklärt auf Anfrage: „Ich stimme dem nicht zu und habe meine Fraktionskollegen auch gebeten, zum Stadtratsbeschluss zu stehen und bei der Abfrage dagegen zu stimmen.“Die anonyme Abfrage sei wichtig, damit man sehen könne, wie der Stadtrat als Gesamtgremium dazu stehe.
„Für mich kommt es nicht infrage, weil dadurch die Qualität und die Spontaneität der Sitzungen leidet.“Das Argument der Befürworter der Livestreams, so könnten in Corona-Zeiten mit begrenzten Zuhörerplätzen im Sitzungssaal mehr Bürgerinnen und Bürger die Redebeiträge verfolgen, will Schönfelder nicht gelten lassen. „Es kommen zu den Sitzungen meist maximal dieselben zwei bis drei Bürger – das Interesse war auch vor Corona-Zeiten nicht größer.“Er sehe eher die Gefahr, dass Beiträge gespeichert werden und später im Wahlkampf 2026 plötzlich auftauchen und gegen die
Redner verwendet werden könnten. Ob genehmigte Sitzungsprotokolle und Beratungsunterlagen ins Netz gestellt werden, darüber könne durchaus diskutiert werden. „Aber wer interessiert sich schon für ein Protokoll einer Sitzung, welche vor vier Wochen stattgefunden hat?“
„Wir werden anonym abstimmen, wir haben das ja beantragt“, sagt 2. Bürgermeister Reinhold Dempf (FW). „Für mich ist das Verhalten derjenigen, die das öffentlich machen, absolut befremdlich.“Jeder solle die Möglichkeit haben, so abzustimmen, wie er zu diesem Thema stehe. „Die Übertragung einer Sitzung per Livestream würde grundsätzlich die Arbeit im Stadtrat verändern und wäre nicht gut für das Gremium“, so Dempf.
Abwarten, was die Abfrage ergibt, will die Fraktion W.I.R.. „Dann beugen wir uns der Mehrheit“, sagt Josef Koller. „Was rauskommt, ist eine Überraschungskiste.“Dass Sitzungsunterlagen und Protokolle auf der Gersthofer Website veröffentlicht werden sollen, das sei unbestritten, sagt Koller.
Bürgermeister Michael Wörle, der während der Sitzung kritisiert hatte, dass die Anträge nicht genau genug seien, präzisiert gegenüber unserer Redaktion: „Die Rechte jedes einzelnen Stadtrats – aber auch der Mitarbeiter der Verwaltung – sind gerade bei dem Thema Internet und Social Media besonders schützenswert.“Die Thematik Übertragung und uneingeschränkte Sichtbarkeit von Ratsmitgliedern und Mitarbeitern der Verwaltung im Internet greife in die Persönlichkeitsrechte ein. „Daher soll die Möglichkeit bestehen, hier komplett frei – auch ohne eine eventuell entsprechende Fraktionseinigkeit – abstimmen zu können.“Wie jeder Einzelne für sich selbst diesen Eingriff bewerte, müsse eine freie Entscheidung bleiben und sollte keine politische Bewandtnis haben. „Der Rahmen der anonymen Abstimmung eröffnet die Möglichkeit für ein unpolitisches Ergebnis.“Aus der Unterstützung dieses Antrags sei keine Zustimmung oder Ablehnung Wörles zum grundsätzlichen Antrag abzuleiten. Aber das Ergebnis der Umfrage kann für alle Grundlage für die anstehende Beschlussfassung sein.“Wörle hatte darauf hingewiesen, dass es schwierig sei, wenn nur eine knappe Mehrheit der Stadträte für den Livestream sei. Beiträge der Stadträte, die nicht zugestimmt hätten, aus der Übertragung rauszuschneiden, bedeute einen immensen Aufwand.