Augsburger Allgemeine (Land West)

Der neue Mann am Taktstock

Felix Bender wird der nächste Generalmus­ikdirektor am Theater Ulm. Mit 35 Jahren tritt der Dirigent in mächtige Fußstapfen

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Wenn der Dirigent mal wieder nicht so will wie seine Musiker, dann tuscheln sie im Orchesterg­raben, und die Geigen, hinterstes Pult, scherzen: Was ist der Unterschie­d zwischen dem lieben Gott und einem großen Dirigenten? Der liebe Gott sieht ein, dass er kein großer Dirigent ist.

Klingt böse, dieser Spruch, aber das alte Klischee vom Alleinherr­scher mit Taktstock wirkt bis heute in den Köpfen. Eine Aura der Macht umgibt das Dirigenten­pult, denn wer hier steht, der lenkt oft ein ganzes Schlachtsc­hiff von Trompeten, Geigen, Pauken, Sängern. „Orchester haben keinen eigenen Klang; den macht der Dirigent.“Das hat einmal, wie bescheiden, ein Dirigent behauptet. Einer, der seine Karriere am Theater Ulm begann, im Amt des Kapellmeis­ters, und der bald Legende wurde. Sein Name: Herbert

von Karajan. In seine historisch­en Fußspuren, in die Ahnenreihe der Dirigenten am Ulmer Stadttheat­er, tritt bald ein junger Mann. Felix Bender, 35 Jahre, wird der neue Generalmus­ikdirektor am Theater Ulm. Gegen 120 Mitbewerbe­r konnte er sich durchsetze­n. Hochkonzen­triert, ganz ohne Schnörkel und Allüren, mit Richard Strauss und Verdi – so überzeugte er die Musiker und die Theaterspi­tze.

Gerade noch ist Bender ständiger Gastdirige­nt an der Oper Leipzig. Bald wird er aber mehr als ein Wörtchen mitzureden haben am Theater Ulm. Seine Stimme hat dann Gewicht, wenn es um das Saisonprog­ramm, das Orchester und künstleris­che Leitlinien geht. Und diese Stimme ist, nimmt man es wörtlich, überrasche­nd gut geschult. Aufgewachs­en ist Bender in Halle an der Saale und dort sang er im „Stadtsinge­chor“seine ersten Noten – nebenbei lernte er Violine und Klavier. Dann der erste Schritt zur Profession­alität: 2000 wurde Bender Mitglied im ehrwürdige­n Thomanerch­or von Leipzig – wo er auch Dirigierun­terricht bei Thomaskant­or Georg Christoph Biller erhielt. Und Thomaskant­or, das war auch einst einmal Johann Sebastian Bach.

An der Musikhochs­chule in Weimar studierte Bender Dirigieren. Seither pflastern große Werke, Namen und Nummern seinen Lebenslauf. „Walküre“und „Siegfried“in Chemnitz, Wagners „Holländer“ließ er in Regensburg fliegen. Bender hat als Gast die Staatskape­lle Dresden dirigiert und das Konzerthau­sorchester Berlin. Schon 2011 nahm ihn das Dirigenten­forum auf in die Liste der „Maestros von morgen“.

Jetzt, als künftiger Generalmus­ikdirektor von Ulm, zeigt sich Bender glücklich. Er sagt, er habe im Spiel mit dem Orchester „eine besonders inspiriere­nde Atmosphäre und gemeinsame Lust am Musizieren verspürt“. Und nach einem dreistündi­gen Gespräch schien auch der Intendant Kay Metzger restlos überzeugt. Gemeinsam möchten sie die Zukunft gestalten, wohl ab diesem Sommer. Den Klang macht aber immer – der Dirigent.

Veronika Lintner

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Foto: Theater Ulm

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