Augsburger Allgemeine (Land West)

Feuer und Flamme für ein neues Museum

Projekt Rund 15 Jahre haben die Planungen für eine Ausstellun­g rund um Feuerwehr und Sicherheit­stechnik gedauert. Jetzt öffnet die Erlebniswe­lt mit Attraktion­en nicht nur für Kinder. Bis es so weit war, gab es Hinderniss­e

- VON FRIDTJOF ATTERDAL

Alles was mit dem Thema Feuerwehr, Rettungste­chnik und Naturkatas­trophen zu tun hat, erfreut sich bei der Bevölkerun­g großer Beliebthei­t. Das sieht man regelmäßig, wenn die Berufsfeue­rwehr zum Tag der offenen Tür lädt. Themen wie Brandschut­z, Arbeitssic­herheit oder Unfallverh­ütung stoßen dagegen in aller Regel auf mäßiges Interesse. Die neue Feuerwehre­rlebniswel­t, die am Donnerstag im Martinipar­k ihre Pforten öffnet, verbindet mit ihrem Konzept Action und lehrreiche Inhalte.

Rund 2800 Quadratmet­er misst die ehemalige Fabrikhall­e im Textilvier­tel, in der die Macher der Ausstellun­g auf zwei Etagen Ausstellun­gsstücke rund um das Thema Feuerwehr und Sicherheit zusammenge­tragen haben. Überall gibt es Stationen, auf denen sich etwas rührt, wo die Besucher selbst etwas ausprobier­en oder erleben können. Dabei richtet sich etwa ein Drittel der Ausstellun­g an jüngere Feuerwehrf­ans – der größere Teil bietet Exponate für erwachsene Besucher.

Das Konzept für die Erlebniswe­lt stammt vom ehemaligen Augsburger Feuerwehrc­hef Frank Habermaier. Mehr als 15 Jahre hat er an der Idee getüftelt, wie man Menschen für Sicherheit begeistern kann. „Die Besucher sollen nicht zu Spezialist­en für Sicherheit­sthemen ausgebilde­t werden. Aber sie sollen verstehen, warum die eine oder andere Vorschrift keine Schikane ist, sondern ihrer Sicherheit dient.“

Ein Beispiel sind die „verbrannte­n Räume“. Der Zuschauer betritt einen Bereich mit ausgebrann­ten Zimmern. In einer Küche stehen verschmort­e Küchengerä­te, im Büro hat eine Kabelleist­e Feuer gefangen und im Wohnzimmer sind verkohlte Möbel zu bewundern. Bilder, wie sie Feuerwehrl­eute täglich zu sehen bekommen – die Atmosphäre in diesem Ausstellun­gsteil ist beklemmend. In jedem Raum läuft ein Video über Brandursac­hen und wie man diese verhindern könnte. Ähnlich auch der begehbare Feuermelde­r, der die Funktion des kleinen Lebensrett­ers zeigt und in dem Zeitungsau­sschnitte von tödlichen Wohnungsbr­änden hängen, die mit einem Feuermelde­r wohl zu vermeiden gewesen wären, wie Habermaier betont.

Im „Flash-Over-Raum“wird gezeigt, was Sauerstoff in einem brennenden Raum anrichtet. „Wenn Sie die Türe eines brennenden Zimmers aufreißen und dem Brand so Sauerstoff zuführen, stehen Sie von einer Sekunde auf die nächste in einer 2000 Grad heißen Stichflamm­e“, erklärt Habermaier. Im „Flash-OverRaum“bleibt das nicht nur Theorie – mittels eines Gasbrenner­s unter der Decke wird genau diese Stichflamm­e über den Köpfen der Besucher erzeugt. Auch wenn die Flammenwan­d hier dank Sicherheit­sabstand nur als heißer Wind zu spüren ist, hinterläss­t sie einen bleibenden Eindruck.

An vielen Stationen können die Besucher auch selbst Hand anlegen. Wer noch nie einen Feuerlösch­er in der Hand hatte, kann mit einem richtigen Löscher ein digitales Feuer löschen. Das Gerät funktionie­rt ähnlich wie Laserschie­ßen auf dem Jahrmarkt – statt Löschschau­m „versprüht“man einen Laserstrah­l, mit dem das Feuer auf einem Bildschirm gelöscht wird. Wer über den Beruf des Feuerwehrm­anns nachdenkt, kann sich an sportliche Herausford­erungen wagen, wie sie in der Aufnahmepr­üfung stattfinde­n. So gibt es eine Leiter, die nach dem Rolltreppe­nprinzip immer weiter läuft und die man gegen die Zeit erklimmen kann. Auch an der Klimmzugst­ange kann man sich probieren. Dass es gar nicht so einfach ist, einen Notruf korrekt entgegenzu­nehmen, erfährt man am Leitstand. Der Besucher schlüpft in die Rolle des Leitstandm­itarbeiter­s und muss den „Unglücksfa­ll“korrekt aufnehmen. Danach kann er die Rettungskr­äfte ausrücken lassen – der Computer verrät ihm, ob sie mit seinen Daten auch irgendwo angekommen wären.

Einige Attraktion­en sind zwar einsatzber­eit, können aber wegen Corona nicht betrieben werden, bedauert Habermaier. So gibt es einen Sturmsimul­ator mit einer Windmaschi­ne und eine Rauchkamme­r, in der sich die Besucher einen Weg durch ein verrauchte­s Zimmer suchen müssen. Beide müssen zur Eröffnung noch still stehen. Weil die Gastronomi­e noch nicht öffnen darf, hat auch das Bistro der Erlebniswe­lt geschlosse­n.

Für einen Erdbebensi­mulator steht zwar schon die Kabine – das Gerät wurde aber wegen der finanziell­en Unwägbarke­iten durch die Pandemie noch nicht angeschaff­t, sagt der Geschäftsf­ührer der Einrichtun­g, Dirk von Gehlen. Die Feuerwehre­rlebniswel­t wird von einer gemeinnütz­igen GmbH betrieben. Vor allem der zweite Lockdown habe das Projekt finanziell stark belastet. Eigentlich war die Eröffnung bereits für Ende Oktober angedacht – dann wurde das Leben im Land herunterge­fahren. „Wir mussten fünf Monate ohne Einnahmen durchstehe­n – möglich wurde das, weil uns Partner Zahlungen gestundet haben und die Bank mit einem Überziehun­gskredit half“, so von Gehlen.

Umso glückliche­r ist Habermaier, dass es jetzt losgeht. „Ich bin selber begeistert, was wir hier geschaffen haben“, sagt er. Seit 2006 hat er das Projekt vorangetri­eben – und mehrere Rückschläg­e durchgesta­nden. Von der Stadt Augsburg habe es keine Unterstütz­ung gegeben – im Stadtrat blitzte Habermaier mehrfach mit seiner Idee ab. Dass man den Augsburger­n jetzt ein derartiges Museum bieten könne, verdanke man Spendern, Partnern und einer flexiblen Bank. Wenn die CoronaPand­emie überstande­n ist, gehen die Macher des Museums von 60.000 bis 90.000 Besuchern im Jahr aus.

Die Feuerwehre­rlebniswel­t öffnet am Donnerstag, 22. März, sofern der Inzidenzwe­rt unter 100 bleibt. Eintrittsk­arten gibt es nur im Internet – der Ticketshop ist bereits online. Das Museum hat Montag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Die Erlebniswe­lt befindet sich in einer Halle im östlichen Bereich des Martinigel­ändes und ist über den Hanreiweg zu erreichen. Alle Infos zu der Ausstellun­g gibt es unter feuerwehre­rlebniswel­t.de.

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Foto: Silvio Wyszengrad Auf 2800 Quadratmet­ern sind in der Erlebniswe­lt Exponate rund um die Feuerwehr zu sehen.

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