Augsburger Allgemeine (Land West)
Schnupfenalarm!
Kita-Kinder und Schüler mit Erkältungssymptomen dürfen in Bayern ab Montag nur noch mit einem negativen Corona-Test in die Einrichtungen. Ist das praktikabel?
München Hat das eigene Kind erste Erkältungssymptome oder macht sich nur der Heuschnupfen bemerkbar? Erziehungsberechtigte müssen sich ab Montag diese Frage stellen, bevor sie ihr Kind in den Kindergarten, die Schule oder Heilpädagogische Tagesstätte bringen. Denn für den Besuch dieser Einrichtungen muss ab dem 15. März schon bei leichten Erkältungssymptomen ein negativer Corona-Test vorgewiesen werden. Dies teilten das bayerische Sozialministerium am Donnerstag und das Kultusministerium am Freitag mit. Die Vorgaben gelten auch für alle Angestellten. Der Test müsse im Testzentrum, in Apotheken oder bei Ärzten durchgeführt werden.
Die Ministerien begründen die neuen Regeln mit der wachsenden Sorge vor der sich ausbreitenden Coronavirus-Mutation. Familienministerin Carolina Trautner (CSU) wirbt um Verständnis für den neuen Rahmenhygieneplan. Er setze Empfehlungen von Haus- und Kinderärzten um. „Durch die zunehmende Ausbreitung der Virus-Mutation und der damit verbundenen steigenden Inzidenzen haben wir aber eine neue Situation, die uns Sorge bereitet“, sagt die Ministerin. Der Anteil der Fälle mit Mutationen an der Sieben-Tage-Inzidenz lag in Augsburg zuletzt bei bis zu 33,6 Prozent. Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit nennt für den gesamten Freistaat einen Anteil von 39 Prozent.
Aufgrund eines kratzigen Halses muss kein Kind einen negativen Corona-Test vorweisen. Vom Testnachweis sind ebenfalls jene Fälle ausgeschlossen, die aufgrund einer Allergie mit Schnupfen oder Husten zu kämpfen haben. Anders sieht es bei leichten, neu aufgetretenen Erkältungssymptomen mit oder ohne Fieber aus. Hier dürfen die Einrichtungen nur besucht werden, wenn ein negatives Testergebnis vorgelegt wird. Wichtig: Nur bei einer bestätigten Corona-Erkrankung muss vor der Rückkehr in die Kita ebenfalls ein negatives Ergebnis eines PCR- oder Antigen-Tests vorliegen. Laientests reichen in keinem Fall aus. Wie bisher dürfen auch nach der neuen Regel kranke Kinder oder Betreuer, etwa mit Fieber und Durchfall, Kindertagesbetreuungen nicht besuchen.
Thomas Potthast, Kinderarzt in Kempten, befürchtet, dass Eltern mit ihren Kindern „massenhaft“vor den Türen der Kinderarztpraxen stehen werden. Grundsätzlich stünden auch die Testzentren hierfür zur Verfügung. Doch diese böten oftmals keine Tests für Kleinkinder an, so Potthast. Dennoch hält er die neue Regelung für sinnvoll, da es bei Kindern keine spezifischen Merkmale einer Corona-Erkrankung gebe. „Jeder offensichtliche Infekt sollte deshalb getestet werden“, sagt der Mediziner. Dank der Schnelltests könne man effektiver vorgehen. Trotz der Extra-Arbeit für Praxen spricht sich der Arzt gegen Selbsttests aus. Er vermutet, dass viele durch Eltern durchgeführte Tests ungültig sein könnten, da Kinder schwieriger zu testen seien.
Henrike Paede, stellvertretende Vorsitzende des Bayerischen Elternverbands, hält das Testen vor allem bei Kindern mit Symptomen für sinnvoll. Für die Eltern sei es hingegen ein „wahnsinniger Kraftakt, wegen einer Rotznase den Tag umzustrukturieren“. Paede kritisiert zudem die Auswahl an Testmethoden: „Den Rachenabstrich mögen viele Kinder nicht und je jünger sie sind, desto mehr Protest wird es geben.“Speichel- oder GurgelTests oder Abstriche aus der vorderen Nase könnten hier ihrer Meinung nach Abhilfe schaffen. Eine Anfrage unserer Redaktion an das Gesundheitsministerium, wo und in welchem Umfang Speichel- und Gurgeltests für Kinder erhältlich sind, blieb zunächst unbeantwortet.
Gerd Schnellinger von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) befürchtet, dass die Arbeit wieder an den Erzieherinnen hängen bleibt. Die GEW fordert deshalb flächendeckende Testmöglichkeiten in den Einrichtungen, durchgeführt von Fachpersonal.
Maria Magdalena Hellfritsch, Geschäftsführerin des Verbandes für katholische Kindertageseinrichtungen in Bayern, sieht es ähnlich: „Nun muss das Personal wieder entscheiden, ob ein Kind mit Symptomen wie zum Beispiel Schnupfen und Husten kommen kann oder nicht. Das gehört in den Verantwortungsbereich von Medizinern.“
Die Landtagsabgeordnete Doris Rauscher war dagegen erleichtert, als sie von der neuen Regelung erfuhr: „Das ist eine enorme Entlastung für die Kitas.“Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und ausgebildete Erzieherin habe stellvertretend bereits Dankesbekundungen von Erziehern erhalten, die sich eine offizielle SchnupfenRegelung gewünscht hatten.
Auch Claudia Lautenbacher, Leiterin des evangelischen Kindergartens in Bobingen, begrüßt die neue Regelung, „weil dadurch die Erzieherinnen, die Kinder und die Familien besser geschützt werden“. Das Personal müsse aber nun weiterhin Schnupfennasentypen unterscheiden und sei auf ein verantwortungsbewusstes Verhalten der Eltern angewiesen. „Blitztests für Kinder wären schön, die man hier in der Kita durchführen könnte“, sagt sie.