Augsburger Allgemeine (Land West)
Fußballprofis befinden sich im Arbeitskampf
Mal ehrlich, haben Sie in Ihrem Leben als Fußgänger bislang jeder roten Ampel die nötige Aufmerksamkeit geschenkt. Oder am Lenkrad stets die Geschwindigkeit eingehalten. Regelverstöße gönnt sich jeder mal. Einige sind groß, andere klein, einige lustig, andere eher ernst. Wer etwa die Arbeit niederlegt, sich an Werkstore kettet und provokante Plakate in die Höhe streckt, den plagen mitunter Existenzängste. Auch möglich: Der Angestellte stört sich an den Gegebenheiten, unter denen er sein Tagwerk verrichten soll. Demnächst wird eine stark benachteiligte Berufsgruppe in den Arbeitskampf einsteigen: die der Fußballprofis.
Zuletzt waren die Bedingungen für die Kicker derart katastrophal, dass Gewerkschaftler alarmiert sind. In den Stadien feuern keine Zuschauer an, stattdessen mussten Kicker selbst die Motivation aufbringen, das Runde ins Eckige zu schicken. Geübt wird hinter blickdichten Zäunen, obwohl Stars nichts lieber machen, als ungewaschene Trikots zu signieren oder Selfie-Orgien mitzumachen. Die größte psychische Belastung ergab sich aus dem fehlenden Freizeitangebot. Wie bitteschön soll ein Profi Leistung bringen, wenn weder Tagestrips nach London, Rom oder Barcelona noch güldene Fleischstücke dem Stressabbau dienen? Sklaven auf Galeeren lebten selbstbestimmter.
Diese Grausamkeiten werden die Millionäre niemals klaglos über sich ergehen lassen, die Protestaktionen gegen aktuelle Arbeitsbedingungen mehren sich. Beispiele: Trotz Verbots ließen sich Balltreter den Schädel rasieren oder Farbe in die Haut stechen. In den sozialen Medien dokumentierten sie ihren Ungehorsam, schließlich soll die Öffentlichkeit von den Missständen in dieser Branche erfahren.
Jüngster Rebell ist Kingsley Coman. Wollte ihm sein Arbeitgeber doch vorschreiben, mit seiner AudiLuxus-Limousine zum Training zu erscheinen. Nur weil der Autobauer Anteilseigner der FC Bayern München AG ist. Als wäre einem Champions-League-Siegtorschütze das zuzumuten. Coman setzte also ein kraftvolles Zeichen und fuhr mit seinem 550 PS starken Mercedes vor. Sein Arbeitgeber indes zeigte sich unnachgiebig. Erst verweigerte ein Mitarbeiter die Einfahrt in die Tiefgarage, nun soll der Profi obendrein 50 000 Euro Strafe bezahlen.
Coman bleibt nur ein Ausweg: Er kettet sich an ein Werkstor.