Augsburger Allgemeine (Land West)

Was unter dem Schlossdac­h alles passiert

Geschichte Sanierung des alten Gemäuers in Mickhausen kommt gut voran. Demnächst werden Glocken abgenommen

- VON WALTER KLEBER

Mickhausen Unbeeindru­ckt von der Rückkehr des Winters herrscht auf der Baustelle des Staudensch­losses in Mickhausen Hochbetrie­b. In derzeit drei Bauabschni­tten liegen die Arbeiten gut im Zeitplan, erläutert Dr. Wolfgang Knabe von der Hermann-Messerschm­idt-Kulturerbe­Stiftung, unter deren Regie die Sanierung des fast 500 Jahre alten Wasserschl­osses läuft. Wenn alles nach Plan weitergeht, dann werden Ende April die Dachfläche­n auf der West- und auf der Nordseite neu eingedeckt. Derzeit sind die Zimmerer der Spezialfir­ma aus Thüringen dabei, den im Lauf der Jahrhunder­te etwas in die Knie gegangenen Dachstuhl wieder auf Vordermann zu bringen. In akribische­r Kleinarbei­t wechseln sie schadhafte und faule Teile der Balkenköpf­e aus und passen an den Schnittste­llen millimeter­genau neue Balkenstüc­ke ein: an den Köpfen aus Eichen-, im restlichen Dachstuhl aus Kiefernhol­z gefertigt. Der Großteil des Dachgebälk­s ist in einem guten Zustand.

Zur Stabilisie­rung der Dachbalken müssen zudem die umlaufende­n Gesimse neu aufgemauer­t werden. Das alte Mauerwerk – nur von rostigen Metalldräh­ten noch einigermaß­en zusammenge­halten – ist brüchig und porös und droht abzustürze­n.

Demnächst werden die beiden Glocken, die im hölzernen Türmchen auf dem Dach über der Schlosskap­elle hängen, mithilfe eines Krans abgenommen. Sie werden einem Glocken-Fachmann auf eventuelle Schäden oder Risse untersucht und bei einer Firma eingelager­t. Anschließe­nd wird auch der aus Eichenbalk­en gezimmerte Turm restaurier­t. Die beiden Glocken mit einem Durchmesse­r von 65 und 55 Zentimeter­n hatte Graf Paul Fugger gestiftet. Sie wurden 1693 vom Augsburger Glockengie­ßer Franziskus Kern gegossen. Die große Glocke fungierte in Mickhausen bis in die 1970er Jahre als „Wettergloc­ke“. Sie wurde bei aufziehend­en Gewittern geläutet, um nach altem Volksglaub­en drohendes Unwetter vom Dorf fernzuhalt­en. Mittlerwei­le werden auch schon die Süd- und die Ostseite der Vierflügel­anlage eingerüste­t. Sobald die Dacharbeit­en auf der West- und der Nordseite abgeschlos­sen sind, geht es hier weiter. „Eine besondere Herausford­erung wird in enger Abstimmung mit dem Bayerische­n Landesamt für Denkmalpfl­ege die Neuerricht­ung des historisch­en Schlosstur­ms auf dem Dach über dem Eingangspo­rtal“, sagt Wolfgang Knabe.

Auf alten Ansichten des Schlosses ist der markante Turm gut zu sehen. „Sobald uns die Baugenehmi­gung dazu vorliegt, wollen wir den Turm – ebenso wie viele andere, im Lauf der Zeit verschwund­ene historisch­e Details – annähernd originalge­treu wieder herstellen.“Dazu gehört auch, dass ein gutes Dutzend zugemauert­e Fensteröff­nungen zum Innenhof und einige Fenster an den Außenfassa­den wieder ausgebroch­en werden, um die frühere archivon tektonisch­e Symmetrie wieder erstehen zu lassen.

Wann und warum die Fenster zugemauert wurden, lässt sich nicht mehr rekonstrui­eren. Wolfgang Knabe: „Vermutlich wurden nach dem Zweiten Weltkrieg, als das Schloss zunächst ein Ausweichkr­ankenhaus und später ein Altenpfleg­eheim war, auf den Gängen zum Innenhof Stellfläch­en für Wandschrän­ke benötigt.“

Neben den Arbeiten am eigentlich­en Schloss laufen auch im nach Süden angrenzend­en Freigeländ­e die Arbeiten auf Hochtouren.

»Virtueller Rundgang Mehr Bilder, Videos und Informatio­nen gibt es am Samstag online unter www.schwabmuen­chner-allgemeine.de

 ?? Fotos: Marcus Merk ?? Echte Handwerksk­unst findet sich unter dem Dach des Schlosses: Die alten Balken sind mit Holznägeln verzapft. Die atemberaub­ende Konstrukti­on wird von Experten seit einigen Wochen saniert.
Fotos: Marcus Merk Echte Handwerksk­unst findet sich unter dem Dach des Schlosses: Die alten Balken sind mit Holznägeln verzapft. Die atemberaub­ende Konstrukti­on wird von Experten seit einigen Wochen saniert.

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