Augsburger Allgemeine (Land West)
Endlich spricht der Angeklagte
Justiz Ein 24-Jähriger soll für den Tod eines Dreijährigen aus Dillingen verantwortlich sein. Am inzwischen neunten Verhandlungstag bricht er sein langes Schweigen
Dillingen/Augsburg Acht Verhandlungstage lang hatte der angeklagte 24-Jährige aus Dillingen geschwiegen. Jetzt sagte er vor dem Augsburger Landgericht aus, wie es aus seiner Sicht zum Tode des dreijährigen Sohnes seiner Lebensgefährtin habe kommen können. Sein Schweigen
bisher erklärte er dem Gericht damit, dass er seine Lebensgefährtin habe schützen wollen, die ihm von Schlägen am Morgen gegen die Kinder erzählt hatte. Ja, er sei bereit gewesen, für die heute 22-Jährige ins Gefängnis zu gehen.
Er habe sich beim Vorbeilaufen am Sofa mit dem Bein in einer Decke verfangen, sei gestolpert, habe noch versucht, sich abzufangen, sei aber mit dem Knie voraus auf den am Boden liegenden Buben gestürzt.
Nach einem längeren Notarzteinin der Wohnung und einer anschließenden mehrstündigen Operation in der Augsburger Kinderklinik war der Bub, der nicht mehr geatmet hatte, in der darauffolgenden Nacht gestorben. Todesursache soll Gewalteinwirkung gegen den Bauch des Buben gewesen sein.
Als er am Morgen des Sonntags, 20. Oktober 2019, geweckt worden sei, habe die Mutter der beiden Kinder, mit denen der Angeklagte in einer gemeinsamen Wohnung in Dillingen lebte, die Kinder bereits angezogen gehabt. Nach dem gemeinsamen Frühstück habe die Mutter ihm, dem Angeklagten, freudig vom bevorstehenden Pferdehandel berichtet. Darüber sei es zum Streit gekommen, weil die Sache die Familie zu teuer käme, habe er befürchtet.
Die Stimmung sei an jenem Morgen schlecht gewesen, die Kindsmutter habe gereizt, ja aggressiv reagiert, auch noch, als sie mit Bekannten zum Pferdekauf ins Allgäu fortgefahren sei. Der Angeklagte sagte, dass die Mutter ihre Kinder bereits am Morgen dieses Tages geschlagen habe, was sie selbst ihm gesagt habe. Ihn, ihren Lebensgefährten, habe sie gebeten, über diese Schläge mit niemandem zu sprechen, da sie um ihren Ruf als gute Mutter besorgt gewesen sei. Im Verlauf des Tages habe der Angeklagte mit den beiden kleinen Kindern in der Wohnung gespielt, ihnen Essen zubereitet, fern gesehen, mit ihnen Mittagsschlaf gehalten. Zweimal habe er an jenem Tag den Buben umziehen müssen, da er etwas erbrochen hatte. Am Nachmittag sei er nach dem Rauchen in die Wohnung zurückgekommen, um bei den spielenden Kindern zu sein. Dabei sei es zu dem besagten Stolpern und dem Sturz gekommen.
Nachdem er auf das am Boden liegende Kind gefallen sei, habe er den Buben aufgehoben und ihn getröstet. Auf die Frage nach einem „Aua“habe der Bub dem 24-Jährigen einen Kratzer an der Wange gezeigt, den ihm seine kleine Schwester zuvor beim Spielen beigebracht hatte.
Ansonsten sei an seinem Zustand zunächst nichts Auffälliges zu ersatz kennen gewesen. Nach einiger Zeit sei der Bub blass geworden und habe „komisch“geatmet, gar „geröchelt“. Als die Atmung ganz ausgesetzt habe, habe er die Kindsmutter angerufen, die noch mit dem Pferd zugange gewesen war.
Diese habe dann den Notarzt verständigt. Bis zum Eintreffen der Retter habe der 24-Jährige versucht, das Kind zu beatmen und eine Herzdruckmassage durchzuführen. Wichtig vor Gericht war zunächst die Frage, warum der Angeklagte sich erst jetzt und dann in dieser Weise äußere. Es werde mal Zeit, zu erzählen, was passiert sei, begründete der Mann im weißen Hemd und mit Mund-Nase-Maske. Er folge damit einer Aufforderung von Staatsanwalt Michael Nißl aus der vorangegangenen Verhandlung. Auch die Verteidigung hatte nach Worten von Rechtsanwalt Felix Dimpfl jetzt im Gefängnis an ihren Mandanten appelliert, zu berichten, was er an jenem Tag erlebt habe. Es bestehe kein Anlass, seine ehemalige Lebensgefährtin vor irgendetwas zu schützen.
Die Stimmung an jenem Morgen war schlecht