Augsburger Allgemeine (Land West)
„Es ist gut, dass es wieder losgeht“
Bayerns Feuerwehren konnten monatelang wegen Corona nicht für Notfälle trainieren. Das ist jetzt wieder möglich – mit Vorsicht
Sonthofen Als Feuerwehrmann Benjamin Leising den Raum betritt, warnt Kollege Daniel Messmang sein Publikum vor: „Nicht erschrecken, der sieht immer ganz wild aus.“Leising führt den virtuell zugeschalteten Schulungsteilnehmern als Model den weißen Kontaminationsanzug für Feuerwehrleute vor. „Normalerweise hätte jeder von ihnen mal was anprobieren können“, sagt Messmang. „Aber jetzt muss es eben so gehen.“
Wegen der Corona-Pandemie waren bei der Freiwilligen Feuerwehr in Sonthofen (Landkreis Oberallgäu) wie bei allen anderen Wehren im Freistaat über Monate hinweg Schulungen und Übungen vor Ort verboten. Um trotzdem erwachsene Quereinsteiger für eine ehrenamtliche Tätigkeit begeistern zu können, entschied sich die Feuerwehr in Sonthofen zusammen mit vier weiteren Wehren im Allgäu für einen virtuellen Lehrgang. Die Modenschau im Gerätehaus soll den Teilnehmern das Thema Schutzausrüstung näherbringen. Doch aktive Feuerwehrleute müssen auch regelmäßig trainieren. „Die StandardHandgriffe kann jeder“, sagt Daniel Messmang. Spezialkenntnisse seien ohne Übungen aber schnell nicht mehr so präsent: „Wann habe ich zum Beispiel zum letzten Mal einen Plasmaschneider in der Hand gehabt? Das muss man genauso trainieren wie die Kommunikation. Die Bevölkerung erwartet, dass wir diese Dinge aus dem Effeff können.“
Nach Angaben des Landesfeuerwehrverbands (LFV) waren Übungen im Freistaat coronabedingt bis zum 25. Februar verboten. Dabei sei regelmäßiges Üben „unerlässlich“, sagt der Vorsitzende des LFV Bayern, Johann Eitzenberger. Schließlich würden die rund 7500 überwiegend freiwilligen Feuerwehren im Schnitt alle zweieinhalb Minuten alarmiert. Doch beim Neustart von Übungen ist Vorsicht geboten. Sofern Schulungen wie in Sonthofen virtuell möglich sind, sei dies „einer Präsenzveranstaltung sicher vorzuziehen“, sagt LFV-Vorsitzender Eitzenberger. Trainieren sollen zudem nicht mehr als zehn Feuerwehrleute gleichzeitig. FFP2-Masken und die Einhaltung der Abstandsregeln sind dabei Pflicht.
Wann die bayerischen Feuerwehren wieder mit ihren Übungen beginnen, ist nun den jeweiligen Kommandanten überlassen. In Schwaben hätten einige Wehren schon wieder mit dem Training begonnen, sagt der Sprecher des Bezirksfeuerwehrverbands, Dominik Rietzler. Andere würden aber noch abwarten. „Die wichtigsten Aufgaben“könnten die Feuerwehren in Gruppenstärke wieder üben, betont Rietzler. „Es ist gut, dass es wieder losgeht. Jetzt wird’s wirklich wichtig.“Manche Einsatz-Szenarien seien aber weiter schwer zu üben, sagt Daniel Messmang. „Wir fahren ja normalerweise nicht nur mit einem Fahrzeug zu einem Einsatz, sondern in Zugstärke.“Auch die Zusammenarbeit mit anderen Wehren müsse regelmäßig trainiert werden. Solche Übungen mit mehr als 20 Feuerwehrleuten seien aber „aufgrund des derzeitigen Infektionsgeschehens nicht angezeigt“, sagt LFV-Vorsitzender Eitzenberger.
Nun ruhen die Hoffnungen der Ehrenamtlichen darauf, durch baldige Impfungen wieder in größeren Gruppen üben zu dürfen. „Natürlich hoffen wir darauf, dass mit einer gesteigerten Impfquote schneller zu einem normalen Übungs- und Ausbildungsbetrieb zurückgekehrt werden kann“, sagt Bezirksverbandssprecher Rietzler. „Trotzdem muss die Vorsicht an oberster Stelle stehen.“In Sonthofen habe es bereits einen Impftermin für Feuerwehrleute gegeben, sagt Daniel Messmang. „Das ist was richtig Positives.“Dennoch sollen dort die Übungen im April ebenfalls erst mal in kleinen Gruppen wieder starten. Dann könnten auch die erwachsenen Quereinsteiger bei ihren Schulungen wieder selbst Geräte in die Hand nehmen und Ausrüstungen anziehen, sagt Messmang. „Diese Praxis müssen wir in jedem Fall nachholen.“Das könne die virtuelle Ausrüstungs-Modenschau im Gerätehaus eben doch nicht ersetzen.