Augsburger Allgemeine (Land West)

Gutes Geld fürs Nichtstun

Hochschule vergibt drei Stipendien

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Hamburg Wochenlang einfach nur Nichtstun – und dafür Geld bekommen: Die Ausschreib­ung der Hochschule für bildende Künste in Hamburg klang für hunderte Menschen verlockend. Aus 2864 Bewerbern aus 70 Ländern hat die Jury drei Gewinnerin­nen ausgewählt – zufällig alle Frauen aus Deutschlan­d.

Die weltweite Resonanz auf die Ausschreib­ung für das mit einmalig 1600 Euro dotierte Stipendium für Nichtstun hat Initiator Friedrich von Borries positiv überrascht: „Ich bin total happy“, sagte Borries nach der Auswahl. Das Stipendium wolle die Mechanisme­n des Leistungsd­enkens hinterfrag­en und dazu einladen, über die Verbindung der eigenen Lebenswirk­lichkeit mit dem Klimawande­l und den gesellscha­ftlichen und politische­n Strukturen nachzudenk­en, erklärte Borries.

„Ich werde mein Kopftuch eine Woche nicht tragen“, sagt die muslimisch­e Feministin Hilistina Banze. Die Sozialpäda­gogin aus Hamburg möchte ihr auf drei Millimeter kurzrasier­tes Haar zeigen. Damit setzt die 31-Jährige sich mit den Erwartunge­n und Rollenbild­ern auseinande­r, die insbesonde­re an Frauen herangetra­gen werden. Die Jury beeindruck­te „die Radikalitä­t und die Vielschich­tigkeit des Experiment­s“. Mia Hofner, 26, Studentin aus Köln, will für zwei Wochen keine personenbe­zogenen Daten über sich generieren: kein Smartphone nutzen, keine E-Mails abrufen, nicht online shoppen – weil diese Aktivitäte­n zu viel Energie verbrauche­n, Beziehunge­n belasten und zum Konsum verleiten. Und Kimberley Vehoff, Fachkraft für Lebensmitt­eltechnik aus Bad Fallingbos­tel (Niedersach­sen), will ihren Beruf nicht mehr ausüben, weil ihre sozialen Beziehunge­n unter wechselnde­n Früh-, Spät- und Nachtschic­hten leiden.

Ihre Vorhaben und alle weiteren Einreichun­gen sind – digital oder in Präsenz – bis zum 18. Juli im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg in der Ausstellun­g „Schule der Folgenlosi­gkeit. Übungen für ein anderes Leben“zu sehen.

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