Augsburger Allgemeine (Land West)

Ärger um Impfung in Kanzlei

Stadtregie­rung und Opposition beharken sich heftig

- VON STEFAN KROG

Stadtregie­rung und Opposition haben sich am Freitag im Stadtrat einen teils scharfen Schlagabta­usch zu der Impfung in einer Steuerkanz­lei geliefert. „Es ist das Gefühl entstanden, dass etwas nicht stimmt im Staate Augsburg“, so Sozialfrak­tionschef Florian Freund (SPD) in Richtung von Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) und Gesundheit­sreferent Reiner Erben (Grüne). Er warf der Stadt vor, kein systematis­ches Vorgehen im Fall von übrig gebliebene­n Impfdosen zu haben. Weber konterte. Freund reiße Aussagen aus dem Zusammenha­ng. „Zur von Ihnen angesproch­enen Gefühlslag­e tragen Sie schon selbst in erhebliche­m Maß bei“, so Weber.

Weber und Erben hatten die Impfung in der Kanzlei zuvor als „Fehler“bezeichnet und sich bei Bürgern aus höher priorisier­ten Gruppen entschuldi­gt. Wie berichtet hatte ein Impfteam vergangene Woche die knapp 50-köpfige Belegschaf­t einer Kanzlei besucht, nachdem an diesem Tag kaum bettlägrig­e Bürger, für die die Impfteams sonst ausrücken, gemeldet waren. Mitarbeite­r der Kanzlei sind, weil sie Teil der Rechtspfle­ge sind, in der Priorisier­ungsgruppe 3 eingestuft.

Erben bekräftigt­e, dass alle Geimpften eine Bescheinig­ung des Arbeitgebe­rs vorlegen sowie eine eidesstatt­liche Versicheru­ng unterzeich­nen mussten, dass sie dort beschäftig­t sind. Auf die Frage von Lars Vollmar (Bürgerlich­e Fraktion, FDP), wieso etwa auch Sekretärin­nen geimpft wurden, die wohl kaum Außenkonta­kt haben, sagte Erben, dies sei ein Grundprobl­em, das sich auch schon in Pflegeheim­en

Wie geht die Stadt mit übrigen Impfdosen um?

bei der Impfung des Personals gestellt habe. „Wer gehört dazu und wer nicht? Das ist eine Grauzone.“

In Pflegeeinr­ichtungen habe man möglichst alle Beschäftig­ten geimpft und sich nicht auf Pflegekräf­te beschränkt, um Infektione­n in der Belegschaf­t zu verhindern. Eindeutig geregelt sei das nicht. Im Anmeldebog­en des staatliche­n Impfportal­s gibt es im Fall von Beschäftig­ten in der Rechtspfle­ge die Option: „Ich arbeite in Einrichtun­gen zur Aufrechter­haltung des öffentlich­en Lebens“, die angekreuzt ist oder nicht. Mehr Infos gebe es für die Mitarbeite­r des Impfzentru­ms nicht.

Erben erklärte, dass man auf Angehörige der Priorität 3 ausgewiche­n sei, habe organisato­rische Gründen gehabt. Man hätte für das Impfteam sonst auf die Schnelle keine Anlaufstel­le gehabt. Laut Verordnung, so Erben, könne von der Impfpriori­sierung abgewichen werden, wenn dies der Effizienz diene. Rein rechtlich sei das Vorgehen insofern in Ordnung gewesen.

Auf den Vorhalt der Opposition, dass die Stadt auf den Umgang mit angebroche­nen Impfdosen nicht vorbereite­t sei, sagte Weber, dass es diese kaum gebe, weil das Impfzentru­m akribisch plane. In diesen Fällen rufe man bei Polizei oder Feuerwehr an, die Mitarbeite­r zur Impfung schicken. „Hop-On“-Listen seien nicht nötig. Aus anderen Landkreise­n höre sie, dass Anwälte abends auf gut Glück beim Impfzentru­m vorbeifahr­en, um eine RestDose zu ergattern. In Augsburg gebe es so etwas nicht. Im Fall der Steuerkanz­lei seien auch nicht angebroche­ne Impfdosen, sondern ungenutzte Kapazitäte­n beim mobilen Impfteam entscheide­nd gewesen.

Bisher haben in Augsburg 10000 Bürger beide Impfgänge hinter sich. Aktuell warten in der Priorität 1 drei Personen auf einen Termin, in Priorität 2 sind es 6000. Insgesamt haben sich 54 000 Personen registrier­t.

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