Augsburger Allgemeine (Land West)
Musik aus der Stadthalle erklingt im Wohnzimmer
In Gersthofen wird aktuell ein Konzert der Augsburger Philharmoniker in einer ganz neuen Dimension aufgezeichnet
Es ist ein ungewohntes Bild in Zeiten der Pandemie: Ein großes Orchester sitzt in der Gersthofer Stadthalle und probt. Möglich ist das nur, weil ein strenges Hygienekonzept eingehalten wird. Alle 75 Musiker werden täglich auf Corona getestet. Mindestens anderthalb Meter Abstand liegen zwischen ihnen. Und: Zuschauer müssen draußen bleiben. Leer ausgehen müssen sie aber nicht. Mit sogenannten Virtual-Reality (VR)-Brillen kann man sich das Konzert der Augsburger Philharmoniker später gemütlich von zu Hause aus ansehen.
Durch diese Technik kann man sich während der Vorführung im virtuellen Raum umsehen und das Geschehen im Rundumblick verfolgen.
Aufgezeichnet wird das Konzert der Musiker vom Augsburger Staatstheater mit einer Menge Equipment. Vier 360-Grad-Kameras filmten das Geschehen rundherum, erklärt Orchestermanagerin Katrin Kirsch. Die Kameras stehen mitten im Orchester. So kann der Zuschauer später die Perspektive des Dirigenten einnehmen, das Geschehen aus Sicht der Bläser verfolgen oder zwischen Harfe und Kontrabass lauschen. „Die Instrumentalgruppen, die jeweils gerade das musikalische Geschehen bestimmen, sind zum Greifen nah“, sagt Katrin Kirsch. Mittels Knopfdruck kann der Zuschauer sich an vier verschiedene Positionen im Orchester zoomen und von dort per Rundumblick eine Perspektive einnehmen, wie sie sonst den Mitwirkenden vorbehalten ist.
„Man ist mittendrin“, sagt
Kirsch. Für sie und die Musiker ist es das erste Mal seit rund einem Jahr, dass wieder in voller Stärke gespielt werden kann. In Augsburg gebe es dazu derzeit keinen passenden Raum. Deshalb habe man sich für die Stadthalle in Gersthofen zur Aufzeichnung entschieden. Der Vorteil hier: „Der Raum ist sehr harmonisch“, meint Kirsch. Optisch mache er einiges her, und auch der die Akustik sei optimal. Noch ein Pluspunkt: Durch den Hubboden in der Gersthofer Stadthalle lassen sich die Instrumentengruppen auf verschiedenen Höhen im Saal verschieben. So hat der Zuschauer später alles im Blick. Im Gegensatz zum realen Konzert ist damit die klangliche Distanz zwischen Publikum und Orchester aufgelöst.
Weil in Zeiten des Lockdowns Vorführungen mit Zuschauern undenkbar sind, musste man am
Staatstheater kreativ werden. Augsburg machte Furore als erstes Bühnenhaus mit VR-Brillen-Lieferservice. Über die Webseite des Staatstheaters kann man sich die VR-Brillen nach Hause bestellen und verschiedene Theater- oder Ballettaufführungen ansehen. Verschickt werden die Brillen deutschlandweit. Im Stadtgebiet Augsburg sind sie außerdem über den Lieferdienst Boxbote erhältlich. Schulen können sich die Brillen vergünstigt für eine ganze Klasse bestellen und ihre Eindrücke anschließend im Workshop mit einer Theaterpädagogin des Staatstheaters diskutieren. Nach jeder Nutzung wird die Technik desinfiziert.
Wer ein Stück des Staatstheaters ansehen möchte, muss sich vorher entscheiden, welche Aufführung er ansehen möchte. Aktuell kann man sich beim Staatstheater zwischen fünf Schauspiel- und zwei Ballettaufführungen entscheiden. Später soll das Konzert der Philharmoniker dazukommen. Dazu müssten zunächst viele Stunden an Aufzeichnung ausgewertet und auf eine halbe Stunde Aufführungszeit zurechtgeschnitten werden, erklärt die Orchestermanagerin. In der Gersthofer Stadthalle aufgezeichnet wird das Stück „Bilder einer Ausstellung“des russischen Komponisten Modest Mussorgskis in der Orchesterfassung.
Karten Vorstellungen sind zu buchen unter www.staatstheateraugsburg.de
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Ein Video von der Aufzeichnung des Kon zerts in der Stadthalle Gersthofen finden Sie unter www.augsburgerallgemei ne.de/augsburgland/