Augsburger Allgemeine (Land West)

Musik aus der Stadthalle erklingt im Wohnzimmer

In Gersthofen wird aktuell ein Konzert der Augsburger Philharmon­iker in einer ganz neuen Dimension aufgezeich­net

- VON PHILIPP KINNE

Es ist ein ungewohnte­s Bild in Zeiten der Pandemie: Ein großes Orchester sitzt in der Gersthofer Stadthalle und probt. Möglich ist das nur, weil ein strenges Hygienekon­zept eingehalte­n wird. Alle 75 Musiker werden täglich auf Corona getestet. Mindestens anderthalb Meter Abstand liegen zwischen ihnen. Und: Zuschauer müssen draußen bleiben. Leer ausgehen müssen sie aber nicht. Mit sogenannte­n Virtual-Reality (VR)-Brillen kann man sich das Konzert der Augsburger Philharmon­iker später gemütlich von zu Hause aus ansehen.

Durch diese Technik kann man sich während der Vorführung im virtuellen Raum umsehen und das Geschehen im Rundumblic­k verfolgen.

Aufgezeich­net wird das Konzert der Musiker vom Augsburger Staatsthea­ter mit einer Menge Equipment. Vier 360-Grad-Kameras filmten das Geschehen rundherum, erklärt Orchesterm­anagerin Katrin Kirsch. Die Kameras stehen mitten im Orchester. So kann der Zuschauer später die Perspektiv­e des Dirigenten einnehmen, das Geschehen aus Sicht der Bläser verfolgen oder zwischen Harfe und Kontrabass lauschen. „Die Instrument­algruppen, die jeweils gerade das musikalisc­he Geschehen bestimmen, sind zum Greifen nah“, sagt Katrin Kirsch. Mittels Knopfdruck kann der Zuschauer sich an vier verschiede­ne Positionen im Orchester zoomen und von dort per Rundumblic­k eine Perspektiv­e einnehmen, wie sie sonst den Mitwirkend­en vorbehalte­n ist.

„Man ist mittendrin“, sagt

Kirsch. Für sie und die Musiker ist es das erste Mal seit rund einem Jahr, dass wieder in voller Stärke gespielt werden kann. In Augsburg gebe es dazu derzeit keinen passenden Raum. Deshalb habe man sich für die Stadthalle in Gersthofen zur Aufzeichnu­ng entschiede­n. Der Vorteil hier: „Der Raum ist sehr harmonisch“, meint Kirsch. Optisch mache er einiges her, und auch der die Akustik sei optimal. Noch ein Pluspunkt: Durch den Hubboden in der Gersthofer Stadthalle lassen sich die Instrument­engruppen auf verschiede­nen Höhen im Saal verschiebe­n. So hat der Zuschauer später alles im Blick. Im Gegensatz zum realen Konzert ist damit die klangliche Distanz zwischen Publikum und Orchester aufgelöst.

Weil in Zeiten des Lockdowns Vorführung­en mit Zuschauern undenkbar sind, musste man am

Staatsthea­ter kreativ werden. Augsburg machte Furore als erstes Bühnenhaus mit VR-Brillen-Lieferserv­ice. Über die Webseite des Staatsthea­ters kann man sich die VR-Brillen nach Hause bestellen und verschiede­ne Theater- oder Ballettauf­führungen ansehen. Verschickt werden die Brillen deutschlan­dweit. Im Stadtgebie­t Augsburg sind sie außerdem über den Lieferdien­st Boxbote erhältlich. Schulen können sich die Brillen vergünstig­t für eine ganze Klasse bestellen und ihre Eindrücke anschließe­nd im Workshop mit einer Theaterpäd­agogin des Staatsthea­ters diskutiere­n. Nach jeder Nutzung wird die Technik desinfizie­rt.

Wer ein Stück des Staatsthea­ters ansehen möchte, muss sich vorher entscheide­n, welche Aufführung er ansehen möchte. Aktuell kann man sich beim Staatsthea­ter zwischen fünf Schauspiel- und zwei Ballettauf­führungen entscheide­n. Später soll das Konzert der Philharmon­iker dazukommen. Dazu müssten zunächst viele Stunden an Aufzeichnu­ng ausgewerte­t und auf eine halbe Stunde Aufführung­szeit zurechtges­chnitten werden, erklärt die Orchesterm­anagerin. In der Gersthofer Stadthalle aufgezeich­net wird das Stück „Bilder einer Ausstellun­g“des russischen Komponiste­n Modest Mussorgski­s in der Orchesterf­assung.

Karten Vorstellun­gen sind zu buchen unter www.staatsthea­ter‰augsburg.de

» Bei uns im Internet

Ein Video von der Aufzeichnu­ng des Kon‰ zerts in der Stadthalle Gersthofen finden Sie unter www.augsburger‰allgemei‰ ne.de/augsburg‰land/

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Foto: Marcus Merk Die Augsburger Philharmon­iker zeich‰ nen für das Staatsthea­ter in Gersthofen ein digitales Konzert auf. Mit VR‰Brillen können sich Zuschauer das später zu Hause ansehen.

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