Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Frage der Woche Die Spülmaschi­ne umräumen?

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Schnell die Teetasse in die Spülmaschi­ne stellen, Klappe auf – kurzer Schock. Ein buntes Durcheinan­der: Gläser und Brotzeitbo­xen in der unteren Etage, ein Holzbrettc­hen dazwischen, scharfe Messer im Besteckkor­b. Vogelwilde­s Einräumen in der Spülmaschi­ne? Geht gar nicht. Ordnung in das Chaos bringen und ein paar Kommentare riskieren? Etwas peinlich und gefühlt sehr deutsch, aber ja. Aufräumen ist lästig genug. Zieht man dann auch noch verklebte Teller und Tassen mit Sprung aus der frischen Spülmaschi­ne, ist es mit der wenigen Aufräumlus­t schnell vorbei. Sie ist eine ausgeklüge­lte Erfindung, die (meistens) großartig funktionie­rt: Im unteren Korb ist Platz für Teller und große Töpfe, das Wasser ist hier am heißesten. In den oberen Korb kommen empfindlic­hes Geschirr und Kleinteile von Brotzeitbo­xen, die sich hier nicht verfärben. Ein Blick in die Bedienungs­anleitung,

wie die Sprüharme ausgericht­et sind, hilft bei stark beschmutzt­en Gegenständ­en. Sonst das Geschirr passend sortieren, nicht quetschen und es genießen, nicht mit der Hand abwaschen zu müssen – was will man mehr? In den meisten Fällen passt so viel mehr in die Spülmaschi­ne, was wiederum Wasser spart. Das Geschirr wird geschont und hält länger. Beim Ausräumen spart man sich die Zeit, die man im Geheimen umgeräumt hat, aber wie schön sind sortierte Teller, Tassen und Gläser, wie schön ist eine wirklich volle Spülmaschi­ne? Noch schöner ist nur eins: ein Lerneffekt bei anderen Spülmaschi­nen-Einräumern und Einräumeri­nnen. Wenigstens für die kleine Freude beim Ausräumen, wenn nicht schon für die Umwelt. Klappe auf – Ordnung, ein optimal genutzter Raum, blitzendes Geschirr und Besteck. Ein (etwas peinliches) Träumchen.

Man kann im Leben unglaublic­h viel falsch machen. Das beginnt mit dem Aufstehen – falsches Bein – und endet abends im Bett: falsche Schlafhalt­ung. Merke: Wer auf dem Bauch schläft, atmet flacher, Rückenlage wäre daher besser. Das nur am Rande. Von vielen Fehlern wüsste man überhaupt nicht, würde einen nicht der Partner liebevoll darauf hinweisen. Die Spülmaschi­ne zum Beispiel – eine einzige Fehlerfall­e. Man kann Töpfe so ungeschick­t platzieren, dass unendlich viel Stauraum verloren geht, locker noch ein Sieb und die Sauciere untergebra­cht werden könnten. Alle Teller in eine Richtung gestellt, weil es schön ordentlich aussieht? Um Himmels willen, viel schlauer ist es doch, sie Rücken an Rücken durch den Spülvorgan­g zu schicken, nur dann kommt auch das Wasser überall hin ... So weit dazu. Die eigentlich­e Frage ist ja aber die: Wenn A den offensicht­lichen Fehler erkennt, darf er dann die Arbeit von B einfach zunichtema­chen und den Spülmaschi­neninhalt neu ordnen? Das Messer, das fatalerwei­se mit dem Griff nach oben zeigt, umdrehen? Die Löffel umsortiere­n, sodass man sie später mit einem Griff schön herausnehm­en kann? Dazu ein definitive­s Nein! Wer einräumt, hat recht. Mag er auch gegen sämtliche Experten-Regeln verstoßen. Einfach deswegen, weil das Spülmaschi­ne-Einräumen zu den lebenszeit­raubenden Tätigkeite­n zählt. Man ist kein bisschen froh dabei. Nichts, bei dem man ein Liedchen summt. Noch nie auch von jemandem gehört, der Spülmaschi­ne-Einräumen zu seinen Hobbys zählt. Wenn aber jemand eine Aufgabe übernimmt, einfach, weil sie getan werden muss, dann sollte er auf keinen Fall als Spülmaschi­nen-Einräum-Depp hingestell­t werden, sondern darf schon ein bisschen Dank erwarten. Richtig wichtig!

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Foto: picture alliance
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