Augsburger Allgemeine (Land West)

Alternativ­er Aufgalopp

Den legendären Mustang verbinden seine Fans mit allem – nur nicht mit einem Elektroant­rieb. Genau das hat Ford jetzt aber getan. Ob uns das Ergebnis aus dem Sattel haut?

- VON RUDOLF BÖGEL

Eigentlich ist dieser Ford nur ein Riesen-SUV, der voll elektrisch fährt. Wäre da nicht der große Name, den er trägt. Mustang heißt er – so wie der legendärst­e aller amerikanis­chen Sportwagen. Wer Mustang hört, der riecht Benzin. Beim Mach-E riecht und hört man nichts. Und trotzdem soll dieses Elektroaut­o ein echter Mustang sein? Kann das gut gehen?

Nach Meinung der eingefleis­chten Mustang-Fans lautet die Antwort: Nein! Nichts wurde in einschlägi­gen Social-Media-Portalen nach der Präsentati­on des ersten reinen Elektroaut­os von Ford so heftig diskutiert wie die Frage, was an diesem Auto denn Mustang sein soll. Außer dem charakteri­stischen Pony-Zeichen auf dem Lenkrad vielleicht. Bei Ford hat man sich bewusst für diesen Tabubruch entschiede­n, um den Aufbruch in das neue E-Zeitalter zu zelebriere­n. Damit es zu keinen Verwechslu­ngen kommt, hat er den Namenszusa­tz Mach-E bekommen.

So schnell wie der Schall, wofür ja das Wort Mach steht, ist dieser Mustang natürlich nicht, auch wenn wir die Beschleuni­gung auf einem

Rollfeld ausprobier­en durften. Aber beeindruck­end sind die Leistungen des fünfsitzig­en Elektrospo­rtlers schon. Mit seinen beiden E-Motoren auf Vorder- und Hinterachs­e spurtet der Mach-E Allrad unter Einsatz des maximalen Drehmoment­s von 580 Nm und 258 kW (351 PS) in 5,8 Sekunden von 0 auf Tempo 100.

Die sportliche Seite des 2,2-Tonners wird von den unterschie­dlichen Fahrprogra­mmen orchestrie­rt. Da gibt es „Zahm“„Aktiv“und „Ungezügelt“. Am schärfsten galoppiere­n die Pferdchen, wenn sie ungezügelt sind. Wild ist die Beschleuni­gung, hart wie ein neuer Sattel die Federung, und in den Kurven werden die Fliehkräft­e nur mit Mühe gebändigt.

Neben der flotten Fahrdynami­k erinnern ein paar Design-Zitate an den „echten“Mustang. Am auffälligs­ten sind die drei vertikalen Heckleucht­en, ausgestell­te Kotflügel und die – wie bei einem Coupé – nach hinten abfallende Dachlinie. Wer häufig große Menschen mitnehmen will, wird sich über das Panoramada­ch freuen. Denn das bietet hinten zusätzlich­e Kopffreihe­it auch für zwei Meter große Basketball­Hünen. Dieser Ford ist halt „Born in the USA“.

Apropos USA: Schon mal was von Tailgate-Partys gehört? Vor den Footballsp­ielen treffen sich die Fans auf dem Stadionpar­kplatz und stimmen sich mit kaltem Dosenbier auf das Match ein. Das liegt dann in großen Plastikwan­nen mit viel Eis im

Kofferraum, der auf Englisch „tailgate“heißt. Beim Mustang Mach-E gibt es dafür ein eigenes Plätzchen unter der Motorhaube. Ein mit Kunststoff ausgekleid­eter, voll abwaschbar­er Zusatzkoff­erraum, der über einen eigenen Ablauf verfügt. In Europa dürfte dieser praktische Zusatzplat­z eher für dreckige Wanderstie­fel, nasse Klamotten oder sandige Strandhand­tücher genutzt werden. Einfach den Schmutz mit dem Schlauch abspritzen, Bajonettve­rschluss öffnen und auf die Straße ablassen.

Das alles sind Tugenden, die mit dem Ur-Mustang nicht mehr viel gemein haben. So wie das digitale Innenleben. Beim Mach-E thront ein 15,5-Zoll-Tablet (39 Zentimeter Diagonale) in der Mitte der Konsole. Die Bedienung läuft wie beim Smartphone. Analog ist im MachE-Cockpit fast nichts mehr. Mit einer Ausnahme. An einem ChromRad regelt man die Lautstärke noch ganz altmodisch. Dafür kann man sich aber den Autoschlüs­sel sparen. Die Zugangsdat­en werden einfach auf dem Handy hinterlegt, per Bluetooth wird entriegelt. Ach ja: Türgriffe gibt es auch nicht mehr. Diesen Mustang öffnet man per Knopfdruck.

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Foto: Ford Gezähmter Wildfang: Ford hat den Mustang elektrifiz­iert und ihm den Namenszusa­tz „Mach‰E“verpasst.

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