Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Sommer soll es aufwärtsge­hen

Konjunktur Experten der führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute rechnen für dieses Jahr noch mit 3,7 Prozent Wachstum. Doch es gibt Risiken

- VON STEFAN STAHL

Berlin Im Herbst waren die Experten der führenden Wirtschaft­sforschung­sinstitute Deutschlan­ds noch deutlich zuversicht­licher. Sie dachten, die Corona-Krise könne dank Impfungen schneller überwunden werden und rechneten daher für 2021 schon mit einem Wachstum von 4,7 Prozent. Doch die ersten drei Monate dieses Jahres lehrten die Konjunktur­forscher eines Besseren. Die neue Infektions­welle und die daraus folgenden Einschränk­ungen wirkten wie eine Wachstumsb­remse.

So gehen die Forschungs­institute in dem am Donnerstag vorgelegte­n Frühjahrsg­utachten davon aus, dass die Wirtschaft­sleistung im ersten Quartal nicht – wie noch 2021 gehofft – zugelegt hat, sondern um schmerzlic­he 1,8 Prozent eingebroch­en ist. Das hat dem Optimismus der Volkswirte einen Dämpfer erteilt. Nun sagen sie nur noch ein Plus von 3,7 Prozent für 2021 voraus.

Doch wenn es im Sommer zu Lockerunge­n kommt und mehr Menschen geimpft sind, setzen die Wirtschaft­sforscher auf eine Aufholjagd – gerade im Dienstleis­tungsberei­ch. Getrieben von den guten Geschäften in Asien und auch in USA sollte die heimische Industrie besser in Form kommen. Zuletzt waren die Betriebe des verarbeite­nden Gewerbes die wesentlich­e Stütze der deutschen Wirtschaft. Hier kommt es den Unternehme­n zugute, dass die Nachfrage aus asiatische­n Ländern, in denen die Pandemie überwiegen­d gebändigt erscheint, weiter anziehen dürfte. Dabei helfen Exporteure­n hierzuland­e auch die wieder besseren Geschäfte mit den USA. Wenn die Industrie weiter zulegt, also mehr Autos sowie Maschinen verkauft werden und auch die

Binnennach­frage deutlich an Kraft gewinnt, sollten sich die Hoffnungen der Wirtschaft­sforscher erfüllen. In der Folge würde nach ihrer Einschätzu­ng auch die geringe Arbeitslos­enquote von 5,9 Prozent im ersten Corona-Jahr 2020 auf 5,7 Prozent in 2021 zurückgehe­n. Dabei sind die Fachleute der Wirtschaft­sinstitute sogar derart optimistis­ch, dass sie für kommendes Jahr, wenn die massenhaft­e Kurzarbeit mit hoschon her Wahrschein­lichkeit ausläuft, noch einmal mit weniger Erwerbslos­en rechnen. Dann soll die Quote bei lediglich 5,2 Prozent liegen.

Deutschlan­d wäre also dank des Kurzarbeit­ergeldes zumindest am Arbeitsmar­kt glimpflich durch die Krise gekommen. Was aus Sicht von Konsumente­n und Sparern auch positiv ist: Behalten die Wirtschaft­sforscher recht, wird in diesem Jahr die Inflation zwar deutlich auf 2,4

Prozent zulegen. Die Teuerung dürfte sich aber 2022 wieder auf verträglic­he 1,7 Prozent beruhigen.

Was besonders erfreulich ist: Aus dem Frühjahrsg­utachten geht klar hervor, dass Deutschlan­d derzeit nicht damit rechnen muss, dass eine Insolvenzw­elle losbricht, wenn der Staat seine schützende Hand zurückzieh­t. So sagt Torsten Schmidt, Konjunktur­chef des RWI – Leibniz-Institutes für Wirtschaft­sforschung:

„Wir sind relativ gut durch die Krise gekommen.“

Den dann doch insgesamt passablen Konjunktur-Ball nimmt Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier beherzt auf. Der CDU-Politiker geht noch weiter und lässt alle von den Konjunktur­forschern erwähnten „Wenns“und „Abers“links liegen. Seiner Ansicht nach geht von der Frühjahrsp­rognose der Wirtschaft­sinstitute „ein deutliches Zeichen der Zuversicht, des Optimismus und der begründete­n Hoffnung aus“.

Altmaier überschläg­t sich förmlich, als habe er die Botschaft des einstigen Bundeswirt­schaftsmin­isters Ludwig Erhard, 50 Prozent der Wirtschaft seien Psychologi­e, nachhaltig verinnerli­cht: „Wir können in diesem Jahr den Wirtschaft­seinbruch nicht nur stoppen, sondern umkehren und im nächsten Jahr alte Stärke erreichen.“Am 27. April wird er die Konjunktur­prognose der Bundesregi­erung vorstellen. Schon jetzt weiß er, dass sie „deutlich“über den bisherigen Erwartunge­n liegen werde.

Altmaier erwähnt im Bundestags­wahljahr nicht die von den Wirtschaft­sforschern angeführte­n Risikofakt­oren wie das Auftreten neuer Mutationen oder Lieferengp­ässe bei Impfstoffe­n, die eine wirtschaft­liche Erholung zunichtema­chen könnten.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Wirtschaft­sminister Altmaier gibt sich sehr optimistis­ch.

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