Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Senkrechtstarter von morgen
Mobilität Es wird nicht mehr lange dauern, dann werden CityAirbus, Lilium Jet und Volocopter den Luftraum erobern. Auch bei der Urban-Air-Mobility-Initiative in Ingolstadt geht es voran. Das bekannteste Flugtaxi dort hat gerade allerdings Pause
München Irgendwann, in einer nicht allzu fernen Zukunft, könnte es so normal sein, in ein Flugtaxi zu steigen, wie es heutzutage üblich ist, auf der Rückbank eines cremefarbenen Autos Platz zu nehmen. Einen Zielort nennen, und los geht die wilde Fahrt. Ob der Blick auf das Taxometer einen beim künftigen Lufttransport dann eher unruhig stimmen wird, hängt an Angebot und Nachfrage.
Damit es aber überhaupt so weit kommt, wird zurzeit die für den Flugtaxi-Verkehr notwendige Infrastruktur geplant. So meldet beispielsweise das bayerische Start-up Lilium, dass der Flughafen München und der Flughafen Nürnberg in den nächsten Jahren zu „Knotenpunkten eines Netzwerks regionaler Verbindungen“für den FlugtaxiBetrieb werden sollen. Passagiere könnten, so heißt es in der Ankündigung, „künftig vollelektrisch“und auf einem mit herkömmlichen Verkehrsmitteln „vergleichbaren“Preisniveau staufrei dem Flughafen entschweben. Man habe dafür bereits einen Teil der geplanten Produktion von Lilium Jets vorgesehen, heißt es. Vergleichbare NetzwerkProjekte des Luftfahrtunternehmens aus Weßling bei München gibt es schon in Nordrhein-Westfalen und Florida (USA). Lilium ist in einem sich weltweit dynamisch entwickelnden Flugtaxi-Markt also gut unterwegs. Der Lilium Jet, ein Senkrechtstarter für sechs Passagiere und einen Piloten, wird zurzeit von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) zertifiziert. Bis 2025 will Lilium dann in verschiedenen Städten und Regionen seinen „Airline-Service“aufgebaut und in Betrieb genommen haben.
Die 650 Mitarbeiter von Lilium, darunter 400 Ingenieure, arbeiten bereits seit 2019 an dem Jet. Der hat den weiteren Unternehmensangaben zufolge eine Reichweite von 250 Kilometern und schafft in der Spitze 280 Sachen. Und er soll so leise sein, dass Lilium ihn als „Flüsterjet“bezeichnet. Nächstes Jahr soll die erste Maschine endmontiert werden.
Lilium ist – mit weiteren Partnern – auch in der Region am Start. Ingolstadt hat sich in den vergangenen Jahren international auch durch Urban Air Mobility (UAM) einen Namen gemacht und versucht sich als Stadt damit Zukunftsfelder jenseits der Autoindustrie zu erschließen. Mit der UAM-Initiative soll die städtische Mobilität der Zukunft erprobt werden. Rund 70 Unternehmen und Partner gehören der Initiative an, die mit vielen Millionen Euro vom Bund und vom Freistaat gefördert wird. Eines der Projekte ist der sogenannte Vertiport – ein
Start- und Landeplatz für Flugtaxis – am Ingolstädter Hauptbahnhof. Es läuft unter dem Namen „INCity TakeOff“. Es geht darum herauszufinden, wie so ein Zukunftsort in eine Großstadt integriert werden kann.
Es ist aber nur eines von vielen Projekten, mit denen Ingolstadt sich weiter in der internationalen Szene bekannt machen will. Der Ingolstädter Bundestagsabgeordnete Reinhard Brandl (CSU), der die UAM mit angeschoben hat, sagt: „Es geht voran. Derzeit findet fast jede Woche ein Termin statt.“Es liefen gerade „intensive Gespräche“, damit sich die verschiedenen Partner der Initiative drei verschiedenen Projekt-Säulen zuordnen. Es geht um „Luftfahrzeuge“, sprich Flugtaxis oder etwa Transportdrohnen (zum Beispiel für Medikamente). Es geht um die „luftseitige Infrastruktur“und die „bodenseitige Infrastruktur“, also zum Beispiel die Halte- und Landepunkte für die Lilium Jets.
Oder auch für den CityAirbus, das Flugtaxi der Konkurrenz. Der wird bekanntlich in Donauwörth und Manching bei Ingolstadt entwickelt. Mit dem noch unbemannten Demonstrator, der dann später zu einem Prototyp ausgebaut wird, ist auf dem Testgelände bei Manching zuletzt viel geprobt worden. Laut Airbus Helicopters wurden mit dem Teil rund 100 Bodentests und Flüge absolviert. Höher als 30 Meter ging es dabei allerdings nicht, im Schnitt dauerte ein Flug knapp zehn Minuten. Größere Probleme habe es dabei keine gegeben, wie ein AirbusSprecher
Ab 2035 soll es richtig rund gehen
sagt. „Die üblichen Vorkommnisse wie eine harte Landung ganz am Anfang, aber nichts, was das Testprogramm ernsthaft beeinträchtigt hätte.“Derzeit hat der Demonstrator Pause und kann sich in seiner XXL-Garage ausruhen. Seine Ergebnisse werden ausgewertet. Im Sommer geht es weiter. Auch Airbus treibt sein Engagement im Flugtaxi-Bereich weiter voran.
Auch Volocopter, ein weiterer Konkurrent im Flugtaxigeschäft, hat zuletzt ein Papier herausgebracht, um zu zeigen, wie man „flächendeckende Flugtaxidienste in Städten“einführt. Volocopter erwartet, dass der „UAM-Markt im Jahr 2035 ein Umsatzpotenzial von 241 Milliarden Euro birgt.“Viele Taxifahrten sind das.